Papst Frnaziskus und Patriarch Bartholomaios knien in der Grabeskirche

Reuters/Andrew Medichini

Papst Franziskus in Israel

Von der Pilgerreise des Papstes ins „Heilige Land“ übernahm der ORF live sowohl die Messe von der Geburt des Herrn aus Bethlehem als auch die ökumenischen Begegnungen in Jerusalem. Es kommentierten Christoph Riedl-Daser, Jesuit Andreas R. Batlogg, Mathilde Schwabeneder, Ben Segenreich, Heinz Nußbaumer, Johannes Karner und Gregor Waltl. Hier die Ansprachen zum Nachlesen.

Es war die zweite Auslandsreise von Papst Franziskus nach dem Weltjugendtag in Brasilien. Als Pilger bereiste er den Nahen Osten.
Einer der Hauptanlässe des Besuchs von 24.-26.5. war der 50. Jahrestag der Begegnung zwischen Paul VI. und Patriarch Athenagoras in Israel.

Plakat auf der Geburtskirche in Bethlehem kündigt Papst-Besuch an

Reuters/Mussa Qawasma

Geburtskirche Jesu Christi

Am Sonntag Vormittag feierte Franziskus auf dem Krippenplatz in Bethlehem die Messe der Geburt des Herrn. Danach reiste er nach Jerusalem, um unter anderem den griechisch-orthodoxen Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel Bartholomaios I. zu treffen. Zum Gedenken an die Begegnung 1964 zwischen dem damaligen Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche und dem damaligen Patriarchen folgte eine Ökumenische Feier in der Basilika zum Heiligen Grab, die auch Auferstehungskirche genannt wird. Franziskus und Bartholomaios I. erneuerten damit das Versprechen, dass die seit dem Jahr 1054 getrennten Kirchen die ökumenische Einheit suchen.

Im ORF-Papststudio Christoph Riedl-Daser, zunächst gemeinsam mit dem Jesuiten und Journalisten Andreas R. Batlogg, dem Herausgeber von ‚Stimmen der Zeit’ und wissenschaftlichen Leiter des Karl-Rahner-Archivs, dann zur Übertragung aus Jerusalem mit dem Publizisten und Orthodoxie-Experten Heinz Nußbaumer. Aus Bethlehem schaltete sich Mathilde Schwabeneder zu, aus Jerusalem Ben Segenreich.

Gottesdienst auf dem Krippenplatz

Gottesdienst mit Audiodeskription

Auf einer eigenen Tonspur sendete der ORF zusätzlich den traditionellen Audiokommentar für sehbehinderte Menschen. Für sie begleiteten Johannes Karner und Gregor Waltl die Pilgerreise des Papstes.

Du schenkst große Freude
1. Lesung: Jesaja 9

Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht. Über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf. Du erregst lauten Jubel und schenkst große Freude.

Man freut sich in deiner Nähe, wie man sich freut bei der Ernte, wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird. Denn wie am Tag von Midian zerbrichst du das drückende Joch, das Tragholz auf unserer Schulter und den Stock des Treibers.

Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter. Man nennt ihn wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens. Seine Herrschaft ist groß, und der Friede hat kein Ende. Auf dem Thron Davids herrscht er über sein Reich, er festigt und stützt es durch Recht und Gerechtigkeit, jetzt und für alle Zeiten. Der leidenschaftliche Eifer des Herrn der Heere wird das vollbringen.

Danach streben, das Gute zu tun
2. Lesung: Titus 2

Brüder und Schwestern, die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben, während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten, auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus.

Er hat sich für uns hingegeben, um uns von aller Schuld zu erlösen und sich ein reines Volk zu schaffen, das ihm als sein besonderes Eigentum gehört und voll Eifer danach strebt, das Gute zu tun.

MUSIK

arabisch Mit dir gehen wir voran

lateinisch Engel singen Jubellieder

arabisch Herr, erbarme dich!

arabisch Ehre sei Gott in der Höhe

arabisch Ich verkünde euch
eine große Freude

arabisch Halleluja!

arabisch Heilig, heilig, heilig

arabisch Lamm Gottes

lateinisch, arabisch, französisch, italienisch und englisch
Nun freut euch, ihr Christen

Byzantinischer Tropus auf Arabisch
Wie lieblich sind deine Wohnungen

lateinisch Königin des Himmels

Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll
Evangelium: Lukas 2

In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum ersten Mal, damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazareth in Galiläa hinauf nach Judäa in diese Stadt Davids, die Bethlehem heißt, denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete.

Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.

In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: „Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll. Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren, er ist der Messias, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt.“ Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: „Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.“

Sucht das Kind!
Predigt von Papst Franziskus

„Das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt.“ - Was für eine große Gnade, die Eucharistie an dem Ort zu feiern, wo Jesus geboren ist! Ich danke Gott und ich danke euch, die ihr mich auf dieser Pilgerreise empfangen habt: dem Präsidenten Mahmoud Abbas und den anderen Vertretern des öffentlichen Lebens, dem Patriarchen Fouad Twal, den anderen Bischöfen und den geistlichen Oberen des Heiligen Landes, den Priestern, den gottgeweihten Personen und allen, die sich dafür einsetzen, den Glauben, die Hoffnung und die Liebe in diesen Gebieten lebendig zu erhalten, den Vertretern der Gläubigen aus Gaza, aus Galiläa und den Migranten aus Asien und Afrika. Danke für euren Empfang!

Das in Bethlehem geborene Jesuskind ist das Zeichen, das Gott denen gegeben hat, die das Heil erwarteten, und es bleibt für immer das Zeichen der Zärtlichkeit Gottes und seiner Gegenwart in der Welt. Der Engel sagt den Hirten: „Das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden.“ Auch heute sind die Kinder ein Zeichen. Ein Zeichen der Hoffnung, ein Zeichen des Lebens, aber auch ein diagnostisches Zeichen, um den Gesundheitszustand einer Familie, einer Gesellschaft, der ganzen Welt zu erkennen.

Wenn die Kinder angenommen, geliebt, behütet und beschützt werden, ist die Familie gesund, wird die Gesellschaft besser und ist die Welt menschlicher. Denken wir an das Werk, das das Institut Effetà Paolo VI für taubstumme palästinensische Kinder entfaltet: Ein konkretes Zeichen der Güte Gottes, der Tatsache, dass die Gesellschaft besser wird. Gott wiederholt auch für uns Männer und Frauen des 21. Jahrhunderts „Das soll euch als Zeichen dienen“ Sucht das Kind!

Das Kind von Bethlehem ist zart wie alle Neugeborenen. Es kann nicht sprechen und doch ist es das Wort, das Fleisch geworden und gekommen, um das Herz, das Leben der Menschen zu verändern. Jenes Kind ist wie alle Kinder schwach und bedarf der Hilfe und des Schutzes.

Auch heute haben es die Kinder nötig, angenommen und geschützt zu werden, vom Mutterschoß an. Leider gibt es in dieser unserer Welt, die die raffiniertesten Technologien entwickelt hat, noch viele Kinder, die unter unmenschlichen Bedingungen an den Peripherien der großen Städte oder in ländlichen Gebieten am Rande der Gesellschaft leben. Viele Kinder werden noch heute ausgebeutet, misshandelt, versklavt, sind Opfer von Gewalt und gesetzeswidrigem Handel. Zu viele Kinder sind heute aus der Heimat vertrieben und auf der Flucht, manchmal in den Meeren untergegangen, besonders in den Fluten des Mittelmeers.

Für all das schämen wir uns heute vor Gott – vor Gott, der ein Kind geworden ist. Und wir fragen uns: Wer sind WIR vor dem Kind Jesus? Wer sind WIR vor den Kindern von heute? Sind wir wie Maria und Josef, die Jesus aufnehmen und sich mit mütterlicher und väterlicher Liebe um ihn kümmern? Oder sind wir wie Herodes, der ihn beseitigen will? Sind wir wie die Hirten, die eilends gehen, die niederknien, um ihn anzubeten, und ihre bescheidenen Gaben darbringen? Oder sind wir gleichgültig? Sind wir etwa Phrasendrescher oder Frömmler, Menschen, die die Bilder der armen Kinder zu Gewinnzwecken ausnutzen? Sind wir fähig, bei ihnen zu sein, Zeit zu „verlieren“ mit ihnen? Verstehen wir es, ihnen zuzuhören, sie zu behüten, für sie und mit ihnen zu beten? Oder vernachlässigen wir sie, um uns mit unseren Geschäften zu befassen?

„Das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden...“ Vielleicht weint jenes Kind. Weint, weil es Hunger hat, weil es friert, weil es in jemandes Armen liegen möchte. Auch heute weinen die Kinder, sie weinen viel, und ihr Weinen stellt uns Fragen. In einer Welt, die täglich tonnenweise Nahrungsmittel und Medikamente wegwirft, gibt es Kinder, die vor Hunger oder aufgrund von Krankheiten, die leicht zu heilen wären, vergeblich weinen. In einer Zeit, die den Schutz der Minderjährigen proklamiert, werden Waffen gehandelt, die in den Händen von Kinder-Soldaten landen. Werden Produkte gehandelt, die von kleinen Sklavenarbeiterinnen und Sklavenarbeitern verpackt sind. Ihr Weinen ist unterdrückt: Sie müssen kämpfen, sie müssen arbeiten, sie dürfen nicht weinen. Doch um sie weinen die Mütter - Rahel von heute. Sie beweinen ihre Kinder und wollen sich nicht trösten lassen.

„Das soll euch als Zeichen dienen. Ihr werdet ein Kind finden...“ Das in Bethlehem geborene Jesuskind, JEDES Kind, das in jedem Teil der Welt geboren wird und heranwächst, ist ein diagnostisches Zeichen, das uns erlaubt, den Gesundheitszustand unserer Familie, unserer Gemeinschaft, unserer Nation zu überprüfen. Aus dieser klaren und aufrichtigen Diagnose kann ein neuer Lebensstil hervorgehen, in dem die Beziehungen nicht mehr durch Konflikt, Unterdrückung und Konsumismus bestimmt sind, sondern Beziehungen der Brüderlichkeit, der Vergebung und der Versöhnung, des Teilens und der Liebe sind.

Maria, Mutter Jesu, die du ihn aufgenommen hast, lehre uns aufnehmen,
die du ihn angebetet hast, lehre uns anbeten, die du ihm nachgefolgt bist, lehre uns nachfolgen!

Mehr Angst vor Frieden als vor Krieg
Rede des Lateinischen Patriarchen von Jerusalem Fouad Twal

Heiliger Vater, danke für diese schöne Eucharistiefeier, die so nahe bei der Geburtsgrotte zelebriert worden ist. Ich sehe eine völlige Harmonie zwischen Eurer Person, Eurer Art, die Kirche zu leiten, zur Welt zu sprechen, und der Botschaft von Bethlehem. Wir wünschen uns, dass dieser Besuch hier in den Herzen der Menschen die Botschaft von Weihnachten, den Frieden und die Wärme der Grotte von Bethlehem neu beleben kann.

Es gibt jetzt so viele Kinder, die die Großen dieser Welt dazu gezwungen haben, heimatlos umherzuirren, und die oft allein gelassen sind. Kinder ohne Zuhause, ohne Eltern, gezwungen, die staubigen Wege von Flüchtlingslager zu Flüchtlingslager durchzumachen, weil sie kein Dach über dem Kopf mehr haben, das sie schützen könnte. Es gibt so viele Kinder, Freunde des Jesuskindes, die dieselben Worte hören, die zu Maria und Josef gesagt wurden: dass für sie in der Herberge kein Platz mehr ist.

Es ist kein Platz mehr für sie, auch nicht in der Familienpolitik, die über ihr Schicksal bestimmt. Unsere Jugendlichen haben in den Fußstapfen des göttlichen Kindes Auswanderung, Hunger, Kälte und oft auch die Zerstörung des eigenen Zuhauses erlebt.

Menschen, die nach einem Stück Brot hungern, Menschen, die nach mehr Gerechtigkeit und Frieden hungern, Menschen, die nach einem Haus, einem Zuhause, einem Heim hungern, das sie aufnimmt. Noch ist kein Ende der modernen Herodesgestalten absehbar, die mehr Angst vor dem Frieden haben als vor dem Krieg.

Zusammen mit Ihnen beten wir für sie. Heiliger Vater, vor ihnen ist Ihr Ruf angekommen – Ihr Ruf als Mann Gottes, als ein wahres Oberhaupt, das zu führen und zu leiten versteht, und gleichzeitig als ein wahrer Bruder für alle. Wir als Nachfahren der ersten Hirten nehmen die Einladung der Engel an und kommen mit Ihnen nach Bethlehem, um das Kind anzubeten und seine Eltern zu beglückwünschen.

Heiliger Vater, im Namen der Versammlung der katholischen Ordinarien, im Namen des palästinensischen Volkes und im Namen der vielen lieben Pilger, die sich in Bethlehem zuhause fühlen, sagen wir Ihnen Dank für Ihre Anwesenheit unter uns. Gemeinsam mit allen Kindern aus den verschiedenen Zentren in Bethlehem, mit gesunden Kindern und behinderten Kindern sichern wir Ihnen unser Gebet und unsere Verbundenheit zu. Vielen Dank, Heiliger Vater!

Mehr als alle anderen Gott gesehen
Einleitende Worte des Papstes zur Marienverehrung „Regina Coeli“

Liebe Brüder und Schwestern, wenn wir diese Feier nun langsam beenden, wenden wir unsere Gedanken Maria zu, die genau hier in Bethlehem ihren Sohn Jesus zur Welt gebracht hat. Die heilige Jungfrau ist diejenige, die mehr als alle anderen Gott im menschlichen Antlitz Jesu gesehen hat. Mit der Unterstützung des heiligen Josef hat sie ihn in Windeln gewickelt und in die Krippe gelegt.

Ihr vertrauen wir dieses Land an und alle, die darin wohnen, damit sie in Gerechtigkeit, Frieden und Brüderlichkeit leben können. Wir vertrauen ihr auch die Pilger an, die hierher kommen, um aus den Quellen des christlichen Glaubens zu schöpfen – von ihnen sind viele auch bei dieser heiligen Messe zugegen. Maria, wache über die Familien, über die Jugendlichen, über die alten Menschen! Wache über die, die den Glauben und die Hoffnung verloren haben, tröste die Kranken, die Gefangenen und alle Leidenden, steh den Hirten und der ganzen Gemeinschaft der Gläubigen bei, damit sie Salz und Licht in diesem gesegneten Land sind, unterstütze die Bildungseinrichtungen, besonders die Bethlehem University.

Wenn ich hier in Bethlehem die heilige Familie betrachte, geht mein Denken spontan nach Nazareth, wohin ich hoffentlich, wenn es Gott gefällt, bei einer anderen Gelegenheit reisen kann. Von hier aus umarme ich die gläubigen Christen, die in Galiläa leben, und ermutige dazu, das Internationale Zentrum für die Familie in Nazareth zu verwirklichen. Der heiligen Jungfrau vertrauen wir das Geschick der Menschheit an, damit sich in der Welt neue und verheißungsvolle Horizonte der Brüderlichkeit, der Solidarität und des Friedens öffnen.

Wortgottesdienst in der Grabeskirche

Er musste von den Toten auferstehen
Evangelium: Johannes 20

Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom diesem Grab weggenommen war. Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem Jünger, den Jesus liebte, und sagte zu ihnen: „Man hat den Herrn aus dem Grab weggenommen, und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat.“

Innenraum der Grabeskirche von oben. Tausende Lichter rund um Kapelle mit Grab Christi.

Reuters/Amir Cohen

Basilika zum Heiligen Grab

Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus und kamen zum Grab. Sie liefen beide zusammen dorthin, aber weil der andere Jünger schneller war als Petrus, kam er als Erster ans Grab. Er beugte sich vor und sah die Leinenbinden liegen, ging aber nicht hinein. Da kam auch Simon Petrus, der ihm gefolgt war, und ging in das Grab hinein. Er sah die Leinenbinden liegen und das Schweißtuch, das auf dem Kopf Jesu gelegen war, es lag aber nicht bei den Leinenbinden, sondern zusammengebunden daneben an einer besonderen Stelle. Da ging auch der andere Jünger, der zuerst an das Grab gekommen war, hinein. Er sah und glaubte. Denn sie wussten noch nicht aus der Schrift, dass er von den Toten auferstehen musste.

Auferstanden, wie er gesagt hat
Evangelium: Matthäus 28

Nach dem Sabbat kamen in der Morgendämmerung des ersten Tages der Woche Maria aus Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen. Plötzlich entstand ein gewaltiges Erdbeben, denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat an das Grab, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf.

MUSIK

lateinisch Das Lamm hat
die Schafe erlöst

lateinisch Die Morgenröte färbt purpurn den Himmel

lateinisch Die Fahnen des Königs ziehen voran

Seine Gestalt leuchtete wie ein Blitz, und sein Gewand war weiß wie Schnee. Die Wächter begannen vor Angst zu zittern und fielen wie tot zu Boden. Der Engel aber sagte zu den Frauen: „Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier, er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht euch die Stelle an, wo er lag! Dann geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen, er ist von den Toten auferstanden, er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen. Ich habe es euch gesagt.“ Sogleich verließen sie das Grab und eilten voll Furcht und großer Freude zu seinen Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden.

Plötzlich kam ihnen Jesus entgegen und sagte: „Seid gegrüßt!“ Sie gingen auf ihn zu, warfen sich vor ihm nieder und umfassten seine Füße. Da sagte Jesus zu ihnen: „Fürchtet euch nicht! Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen!“

Die Furcht vor dem Andersartigen besiegen
Ansprache von Patriarch Bartholomaios I.

„Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier, denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht euch die Stelle an, wo er lag!“ Eure Heiligkeit und geliebter Bruder in Christus, Papst Franziskus, Eure Seligkeit Patriarch der Heiligen Stadt Jerusalem, geliebtester Bruder und Konzelebrant im Herrn, Eminenzen, Exzellenzen und ehrwürdigste Vertreter der christlichen Kirchen und Bekenntnisse, geschätzte Brüder und Schwestern! Mit Ehrfurcht, innerer Rührung und Achtung stehen wir heute hier vor der Stelle, wo der Herr lag, dem lebenspendenden Grab, aus dem das Leben hervorgegangen ist.

Verherrlicht ist der barmherzige Gott, der uns, seine unwürdigen Diener, des höchsten Segens würdig gemacht hat, als Pilger den Ort aufzusuchen, wo sich das Geheimnis der Rettung der Welt offenbart hat. Wie Ehrfurcht gebietend dieser Ort ist! Hier ist nichts weniger als das Haus Gottes und das Tor des Himmels. Wir sind hierhergekommen wie die Frau, die am ersten Tag der Woche Myrrhe bringt, um nach dem Grab zu sehen, und auch wir hören wie die Frauen der Aufforderung des Engels zu: Fürchtet euch nicht! Nehmt euren Herzen jede Angst, zögert nicht, verzweifelt nicht! Dieses Grab strahlt die Botschaft des Mutes, der Hoffnung und des Lebens aus.

Die erste und größte Botschaft, die von diesem leeren Grab ausgeht, ist, dass der Tod, dieser unser letzter Feind, die Quelle jeder Angst und jeden Leides, entmachtet wurde. Er schreibt nicht mehr das letzte Wort in unserem Leben. Er wurde durch die Liebe, durch den besiegt, der es willentlich auf sich genommen hat, den Tod aus Liebe zu den anderen zu erleiden. Jeder Tod aus Liebe, aus Liebe zu jemand anderem, wird in Leben verwandelt, in echtes, wahres Leben. Christus ist von den Toten auferstanden. Durch seinen Tod hat er den Tod besiegt, den Toten das Leben gegeben.

Man soll sich nicht vor dem Tod fürchten, man soll sich auch nicht vor dem Bösen fürchten, welche Form auch immer es in unserem Leben annehmen mag. Das Kreuz Christi hat alle Pfeile des Bösen, des Hasses, der Gewalt, der Ungerechtigkeit, des Schmerzes, der Erniedrigung auf sich gelenkt. Aller Schmerz, der von den Armen, den Wehrlosen, den Unterdrückten, den Menschen, die ausgebeutet und an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden und leiden in dieser Welt, erlitten wird. Es soll auf jeden Fall klar sein, dass jeder, der wie im Falle Christi, in diesem Leben gekreuzigt wird, nach dem Kreuz die Auferstehung erleben wird. Der Hass, die Gewalt und die Ungerechtigkeit haben keine Zukunft. Sie gehört der Gerechtigkeit, der Liebe und dem Leben. Deshalb sollte man mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln auf dieses Ziel hin arbeiten, mit den Mitteln der Liebe, des Glaubens und der Geduld.

Dennoch gibt es noch eine Botschaft, die von diesem ehrwürdigen Grab, vor dem wir uns in diesem Augenblick befinden, ausgeht. Es ist die Botschaft, dass die Geschichte nicht geplant werden kann, dass das letzte Wort in der Geschichte nicht der Mensch hat, sondern Gott. Die Wächter der weltlichen Macht haben dieses Grab vergeblich bewacht. Vergeblich haben sie mit einem großen Stein den Eingang versperrt, damit niemand ihn wegrollen konnte. Vergeblich sind die langfristigen Strategien unserer weltlichen Mächte, und genau betrachtet, ist alles hinfällig angesichts des Urteils und des Willens Gottes. Jede Mühe, durch die heutige Menschheit selbständig die eigene Zukunft ohne Gott zu gestalten, ist eine sinnentleerte Anmaßung.

Dieses heilige Grab fordert uns schließlich dazu auf, eine weitere Furcht zu besiegen, die vielleicht die verbreitetste ist in unserem modernen Zeitalter. Die Furcht vor dem Anderen, vor dem Verschiedenartigen, die Furcht vor denjenigen, die sich zu einem anderen Glauben bekennen, zu einer anderen Religion oder zu einem anderen Bekenntnis. In vielen unserer zeitgenössischen Gesellschaften sind Diskriminierungen auf Grund der Rasse oder aus anderen Gründen weiterhin verbreitet. Noch schlimmer ist, dass sie oft sogar das religiöse Leben der Menschen prägen. Der religiöse Fanatismus bedroht inzwischen den Frieden in vielen Gebieten der Welt, wo die Gabe des Lebens selbst auf dem Altar des religiösen Hasses geopfert wird.

In Anbetracht einer solchen Situation kommt aus dem lebenspendenden Grab eine klare und dringliche Botschaft: Seinen Nächsten zu lieben, seinen Nächsten mit all seinen Unterschieden, diejenigen, die anderen Glaubensrichtungen oder Bekenntnissen angehören. Sie zu lieben, wie Brüder und Schwestern. Hass führt zum Tod, während die Liebe die Furcht vertreibt und zum Leben führt.

Eure Heiligkeit, liebe Brüder und Schwestern, vor 50 Jahren haben zwei große Führer der Kirche, Papst Paul VI. und der Ökumenische Patriarch Athenagoras, die Furcht vertrieben. Sie haben aus sich selbst die Furcht vertrieben, die 1000 Jahre lang herrschte, eine Furcht, die beide alten Kirchen, die abendländische und die morgenländische, auf Distanz gehalten hatte, wobei manchmal sogar die einen gegen die anderen aufgetreten sind. Seitdem sie an diesen heiligen Ort gekommen sind, haben sie die Furcht in Liebe verwandelt. Und so sind wir heute hier mit Seiner Heiligkeit Papst Franziskus, als deren Nachfolger, indem wir in ihre Fußstapfen treten und ihre heldenhafte Initiative ehren. Wir haben uns liebevoll umarmt, um den Weg zur vollen Communio in Liebe und Wahrheit weiter zu beschreiten, damit die Welt glaubt, denn kein anderer Weg führt zum Leben außer der Weg der Liebe, der Versöhnung, des wahren Friedens und der Wahrheitstreue.

Das ist der Weg, den alle Christen zu gehen aufgerufen sind in ihren gegenseitigen Beziehungen, welcher Kirche oder welchem Bekenntnis auch immer sie angehören, und dadurch ein Beispiel für die ganze Welt zu werden. Der Weg kann lang und mühevoll sein, das kann einigen wie eine Sackgasse erscheinen. Doch es ist der einzige Weg, der zur Erfüllung des Willens Gottes führt, dass alle eins seien. Dieser göttliche Wille hat den Weg eröffnet, der durch den Meister unseres Glaubens beschritten wird, unseren Herrn Jesus Christus, der an dieser heiligen Stätte gekreuzigt wurde und von den Toten auferstanden ist. Denn sein ist Macht und Herrlichkeit in Einheit mit dem Vater und dem Heiligen Geist in Ewigkeit. Amen. Meine Freunde, wir wollen einander lieben, denn die Liebe hat ihren Ursprung in Gott.

Gemeinsam auferweckt werden und als neue Menschen leben
Ansprache von Papst Franziskus

Eure Heiligkeit, geliebte Brüder Bischöfe, liebe Brüder und Schwestern! In dieser Basilika, auf die jeder Christ mit tiefer Verehrung schaut, erreicht die Pilgerfahrt, die ich gemeinsam mit meinem geliebten Bruder in Christus, Seiner Heiligkeit Bartholomaios, unternehme, ihren Höhepunkt. Wir führen sie durch auf den Spuren unserer verehrten Vorgänger Papst Pauls VI. und Patriarch Athenagoras, die vor 50 Jahren mutig und vom Heiligen Geist geführt in der Heiligen Stadt Jerusalem die historische Begegnung zwischen dem Bischof von Rom und dem Patriarchen von Konstantinopel verwirklichten. Von Herzen begrüße ich Sie alle, die Sie hier zugegen sind. Meinen herzlichen Dank für die Ermöglichung dieses Momentes sage ich im Besonderen Seiner Seligkeit Theophilos, der uns mit freundlichen Worten willkommen geheißen hat, sowie Seiner Seligkeit Nourhan Manoogian und dem hochwürdigen Pater Pierbattista Pizzaballa.

Es ist eine außerordentliche Gnade, hier im Gebet vereint zu sein. Das leere Grab, jene in einem Garten gelegene neue Grabstelle, wo Josef von Arimathäa den Leichnam Jesu ehrfürchtig beigesetzt hatte, ist der Ort, von dem die Botschaft der Auferstehung ausgeht: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier, denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht euch die Stelle an, wo er lag! Dann geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen, er ist von den Toten auferstanden!

Diese Botschaft, die von dem Zeugnis derer bestätigt wurde, denen der auferstandene Herr erschien, ist das Herz der christlichen Botschaft, sie wurde treu von Generation zu Generation weitergegeben, wie der Apostel Paulus von Anfang an bezeugt: „Vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift, und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift.“ Sie ist die Grundlage des Glaubens, der uns eint und dank dem wir gemeinsam bekennen, dass Jesus Christus, der eingeborene Sohn des Vaters und unser einziger Herr, gelitten hat unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben wurde, hinabgestiegen ist in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden ist von den Toten.

Jeder von uns, jeder in Christus Getaufte ist geistig auferstanden aus diesem Grab. Denn alle sind wir in der Taufe dem Erstgeborenen der ganzen Schöpfung wirklich eingegliedert und gemeinsam mit ihm begraben worden, um mit ihm auferweckt zu werden und als neue Menschen leben zu können.

Nehmen wir die besondere Gnade dieses Augenblicks an! Verweilen wir in ehrfürchtiger Sammlung am leeren Grab, um die Größe unserer christlichen Berufung wiederzuentdecken! Wir sind Männer und Frauen der Auferstehung, nicht des Todes. Lernen wir von diesem Ort, unser Leben, die Sorgen unserer Kirchen und der ganzen Welt im Licht des Ostermorgens zu leben!

Jede Verwundung, jedes Leiden, jeder Schmerz sind vom Guten Hirten auf seine eigenen Schultern geladen worden. Er hat sich selbst hingegeben, und mit seinem Opfer hat er uns den Übergang ins ewige Leben eröffnet. Seine offenen Wunden sind das Tor, durch das sich der Strom seiner Barmherzigkeit über die Welt ergießt. Lassen wir uns die Grundlage unserer Hoffnung nicht nehmen! Und das ist genau das: Christos anesti! Enthalten wir der Welt die frohe Botschaft der Auferstehung nicht vor! Und seien wir nicht taub gegenüber dem mächtigen Aufruf zur Einheit, der gerade von diesem Ort aus in den Worten dessen ertönt, der als Auferstandener uns alle „meine Brüder“ nennt!

Sicher, wir können die Spaltungen, die unter uns Jüngern Jesu noch bestehen, nicht leugnen: Dieser heilige Ort lässt ihr Drama noch leidvoller empfinden. Und doch erkennen wir f50 Jahre nach der Umarmung jener beiden ehrwürdigen Väter mit Dankbarkeit und neuem Staunen, wie es durch den Antrieb des Heiligen Geistes möglich war, wirklich bedeutende Schritte auf die Einheit hin zu vollziehen. Wir sind uns bewusst, dass noch eine weitere Wegstrecke zurückzulegen bleibt, um jene Fülle der Gemeinschaft zu erreichen, die ihren Ausdruck auch in der Teilnahme am selben eucharistischen Mahl finden kann, die wir so brennend ersehnen, doch die Unstimmigkeiten dürfen uns nicht erschrecken und unser Vorangehen nicht lähmen. Wir müssen glauben, dass ebenso, wie der Stein vom Grab weggewälzt worden ist, auch alle Hindernisse ausgeräumt werden können, die der vollen Gemeinschaft zwischen uns noch im Weg stehen. Es wird eine Auferstehungsgnade sein, die wir schon heute vorauskosten können.

Jedes Mal, wenn wir einander um Vergebung bitten für die gegen andere Christen begangenen Sünden, und jedes Mal, wenn wir den Mut haben, diese Vergebung zu gewähren und zu empfangen, machen wir eine Erfahrung der Auferstehung! Jedes Mal, wenn wir nach der Überwindung alter Vorurteile den Mut haben, neue brüderliche Beziehungen zu fördern, bekennen wir, dass Christus wahrhaft auferstanden ist. Jedes Mal, wenn wir die Zukunft der Kirche von ihrer Berufung zur Einheit her bedenken, erstrahlt das Licht des Ostermorgens. Diesbezüglich möchte ich den bereits von meinen Vorgängern ausgedrückten Wunsch erneuern, einen Dialog mit allen Brüdern in Christus zu führen, um für den besonderen Dienst des Bischofs von Rom eine Form der Ausübung zu finden, die sich seiner Sendung entsprechend einer neuen Situation öffnet und im heutigen Kontext ein von allen anerkannter Dienst der Liebe und der Gemeinschaft sein kann.

Während wir als Pilger an diesen heiligen Orten verweilen, wendet sich unser betendes Gedenken der gesamten Region des Nahen Ostens zu, die leider so oft von Gewalt und Konflikten gezeichnet ist. Wir vergessen in unseren Gebeten auch nicht die vielen anderen Menschen, die in verschiedenen Teilen des Planeten an Krieg, Armut und Hunger leiden, sowie die vielen Christen, die wegen ihres Glaubens an den auferstandenen Herrn verfolgt werden. Wenn Christen verschiedener Konfessionen gemeinsam zu leiden haben, die einen an der Seite der anderen, und einander in brüderlicher Liebe Hilfe leisten, verwirklicht sich eine Ökumene des Leidens, verwirklicht sich die Ökumene des Blutes, die besondere Wirksamkeit besitzt. Nicht nur für das Umfeld, in dem sie stattfindet, sondern dank der Gemeinschaft der Heiligen auch für die gesamte Kirche. Diejenigen, die aus religiösem Hass Christen töten, fragen nicht, ob die Christen orthodox oder katholisch sind - das christliche Blut ist dasselbe.

Heiligkeit, geliebter Bruder, all ihr lieben Brüder, schieben wir die Zaudereien, die wir von der Vergangenheit geerbt haben, beiseite und öffnen wir unser Herz dem Wirken des Heiligen Geistes, dem Geist der Liebe, um gemeinsam mit raschen Schritten dem segensreichen Tag unserer wiedergefundenen vollen Gemeinschaft entgegenzugehen! Auf diesem Weg fühlen wir uns von dem Gebet unterstützt, das Jesus selbst in dieser Stadt am Vorabend seines Leidens und Sterbens und seiner Auferstehung für seine Jünger an den Vater gerichtet hat und das wir nicht müde werden, uns in Demut zu Eigen zu machen: Alle sollen eins sein, damit die Welt glaubt.

Wenn die Spaltung uns zu Pesimisten macht, uns den Mut nimmt, uns zum Schweigen verdammt, dann müssen wir alle unter dem Schutzmantel der Heiligen Muttergottes gehen. Wenn in der christlichen Seele spirituelle Unruhe aufkommt - nur unter dem Schutzmantel der Muttergottes werden wir den Frieden finden. Möge sie uns auf diesem Weg helfen.

Die Route der Pilgerfahrt

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