Der Papst winkt bei der Generalaudienz aus dem Papamobil

APA/EPA/Claudio Peri

Live: Papst-Gottesdienst aus Tirana

Der ORF übernahm live, als Papst Franziskus für einen Tag nach Albanien reiste. In dem mehrheitlich muslimischen Land sind 17 Prozent der Bevölkerung Christen - die eine Hälfte davon katholisch, die andere orthodox.

Franziskus ging es mit seiner kurzen Reise darum, die Kirche Albaniens im Glauben zu stärken und Ermutigung und Liebe für ein Land zu bezeugen, das in Folge der Ideologien der Vergangenheit lange litt, wie er sagte. Besonders junge Menschen leben in einer durch hohe Arbeitslosigkeit und Korruption geprägten Gesellschaft unter schwierigen Bedingungen und sehen sich vielfach zum Verlassen des Landes veranlasst.

Festmesse, Teil 1

Aus dem dichten Tages-Programm des Papstes übertrug ORF III den Gottesdienst am Mutter-Teresa-Platz in der Hauptstadt Tirana. Die 2003 selig gesprochene Ordensfrau stammte aus einer albanisch-katholischen Familie.

Festmesse, Teil 2

Für den ORF kommentierten der Religionsjournalist Martin Gross sowie der Franziskaner Gottfried Wegleitner.

Festmesse, Teil 3

Für den ORF kommentierten der Religionsjournalist Martin Gross sowie der Franziskaner Gottfried Wegleitner.

Was der Herr gesagt hat, wollen wir tun

1. Lesung: Exodus 19

Mose stieg zu Gott hinauf. Da rief ihm der Herr vom Berg her zu: „Das sollst du dem Haus Jakob sagen und den Israeliten verkünden: Ihr habt gesehen, wie ich euch auf Adlerflügeln getragen und hierher zu mir gebracht habe. Jetzt aber, wenn ihr auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, werdet ihr unter allen Völkern mein besonderes Eigentum sein. Mir gehört die ganze Erde, ihr aber sollt mir als ein Reich von Priestern und als ein heiliges Volk gehören.“

Mose ging und rief die Ältesten des Volkes zusammen. Er legte ihnen alles vor, was der Herr ihm aufgetragen hatte. Das ganze Volk antwortete einstimmig und erklärte: „Alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun.“ Mose überbrachte dem Herrn die Antwort des Volkes.

Sehen werden die, denen nichts verkündet wurde

2. Lesung: Römer 15

Meine Brüder, ich bin fest davon überzeugt, dass ihr viel Gutes tut, dass ihr reiche Erkenntnis besitzt und selbst imstande seid, einander zurechtzuweisen. Um euch aber einiges in Erinnerung zu rufen, habe ich euch einen teilweise sehr deutlichen Brief geschrieben. Ich tat es kraft der Gnade, die mir von Gott gegeben ist, damit ich als Diener Christi Jesu für die Heiden wirke und das Evangelium Gottes wie ein Priester verwalte. Denn die Heiden sollen eine Opfergabe werden, die Gott gefällt, geheiligt im Heiligen Geist.

In Christus Jesus kann ich mich also vor Gott rühmen. Denn ich wage nur von dem zu reden, was Christus, um die Heiden zum Gehorsam zu führen, durch mich in Wort und Tat bewirkt hat, in der Kraft von Zeichen und Wundern, in der Kraft des Geistes Gottes. So habe ich von Jerusalem aus in weitem Umkreis bis nach Illyrien überallhin das Evangelium Christi gebracht. Dabei habe ich darauf geachtet, das Evangelium nicht dort zu verkündigen, wo der Name Christi schon bekannt gemacht war, um nicht auf einem fremden Fundament zu bauen, denn es heißt in der Schrift: Sehen werden die, denen nichts über ihn verkündet wurde, und die werden verstehen, die nichts gehört haben.

Das Reich Gottes ist euch nahe

Evangelium: Lukas 10

Danach suchte der Herr zweiundsiebzig andere aus und sandte sie zu zweit voraus in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst gehen wollte. Er sagte zu ihnen: "Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden. Geht! Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Schuhe! Grüßt niemand unterwegs! Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als erstes: ‚Friede diesem Haus!‘ Und wenn dort ein Mann des Friedens wohnt, wird der Friede, den ihr ihm wünscht, auf ihm ruhen, andernfalls wird er zu euch zurückkehren.

Bleibt in diesem Haus, esst und trinkt, was man euch anbietet, denn wer arbeitet, hat ein Recht auf seinen Lohn. Zieht nicht von einem Haus in ein anderes! Wenn ihr in eine Stadt kommt und man euch aufnimmt, so esst, was man euch vorsetzt. Heilt die Kranken, die dort sind, und sagt den Leuten: ‚Das Reich Gottes ist euch nahe.‘

Die Zweiundsiebzig kehrten zurück und berichteten voll Freude: Herr, sogar die Dämonen gehorchen uns, wenn wir deinen Namen aussprechen. Da sagte er zu ihnen: „Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen. Seht, ich habe euch die Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und die ganze Macht des Feindes zu überwinden. Nichts wird euch schaden können. Doch freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind!“

Habt Dank für euer Beispiel an Treue

Predigt

Das Evangelium sagt uns heute, dass Jesus außer den zwölf Aposteln noch weitere zweiundsiebzig Jünger beruft und sie in die Dörfer und Städte sendet, um das Reich Gottes zu verkünden. Er ist gekommen, um die Liebe Gottes in die Welt zu tragen, und durch Gemeinschaft und Brüderlichkeit will er sie verbreiten. Deshalb bildet er sofort eine Jünger-Gemeinde, eine missionarische Gemeinschaft, und bereitet sie auf die Mission, auf das Hinausgehen vor. Die Missionsmethode ist klar und einfach: Die Jünger gehen in die Häuser, und ihre Verkündigung beginnt mit einem bedeutungsvollen Gruß: „Friede diesem Haus!“. Es ist nicht nur ein Gruß, es ist auch ein Geschenk: der Friede. Indem ich heute in eure Mitte komme, liebe Brüder und Schwestern aus Albanien, auf diesen Platz, der einer demütigen und großen Tochter dieses Landes, der seligen Mutter Teresa von Kalkutta, geweiht ist, möchte ich euch diesen Gruß wiederholen: Friede euren Häusern, Friede in euren Herzen, Friede in eurer Nation!

In der Sendung der zweiundsiebzig Jünger spiegelt sich die missionarische Erfahrung der christlichen Gemeinschaft aller Zeiten wider: Der Herr, der auferstanden ist und lebt, sendet nicht nur die Zwölf aus, sondern die gesamte Kirche, er sendet jeden Getauften, das Evangelium allen Völkern zu verkünden. Nicht immer ist im Laufe der Jahrhunderte die von den Boten Jesu überbrachte Verkündigung des Friedens angenommen worden, manchmal schlossen sich die Türen. In einer nicht allzu weit entfernten Vergangenheit war auch die Tür eures Landes verschlossen, zugesperrt mit dem Riegel der Verbote und Vorschriften eines Systems, das Gott leugnete und die Religionsfreiheit verwehrte. Diejenigen, die Angst vor der Wahrheit und vor der Freiheit hatten, taten alles, um Gott aus dem Herzen des Menschen zu verbannen und Christus und die Kirche aus der Geschichte eures Landes auszuschließen, obwohl es eines der ersten gewesen war, die das Licht des Evangeliums empfangen hatten. In der zweiten Lesung haben wir ja den Hinweis auf Illyrien gehört, das zur Zeit des Apostels Paulus auch das Territorium des jetzigen Albaniens umfasste.

Wenn wir an jene Jahrzehnte entsetzlicher Leiden und härtester Verfolgungen gegen Katholiken, Orthodoxe und Muslime zurückdenken, können wir sagen, dass Albanien ein Land der Märtyrer gewesen ist: Viele Bischöfe, Priester, Ordensleute und gläubige Laien haben ihre Treue mit dem Leben bezahlt. Es hat nicht an Beweisen großen Mutes und klarer Konsequenz beim Bekennen des Glaubens gefehlt. Wie viele Christen haben sich den Drohungen nicht gebeugt, sondern haben den eingeschlagenen Weg ohne Zögern fortgesetzt! Im Geiste versetzte ich mich an jene Friedhofsmauer von Scutari – ein Ort, der zum Symbol des Martyriums der Katholiken geworden ist –, wo die Erschießungen vorgenommen wurden, und innerlich erschüttert lege ich die Blumen des Gebetes und des dankbaren und unvergänglichen Gedenkens nieder. Der Herr stand euch zur Seite, liebe Brüder und Schwestern, um euch zu unterstützen; er hat euch geführt und getröstet, und schließlich hat er euch auf Adlerflügeln emporgehoben, wie er es einst mit dem alten Volk Israel getan hatte.

Möge der Adler, der auf der Fahne eures Landes dargestellt ist, euch an den Sinn der Hoffnung erinnern, daran, euer Vertrauen immer auf Gott zu setzen, der nicht enttäuscht, sondern uns immer zur Seite steht, besonders in den schwierigen Momenten. Heute haben sich die Türen Albaniens wieder aufgetan, und es reift eine Zeit heran, in der alle Glieder des Gottesvolkes eine wichtige missionarische Rolle spielen: Jeder Getaufte hat in der Kirche und in der Gesellschaft einen Platz und eine Aufgabe, die er erfüllen muss. Jeder fühle sich berufen, sich großherzig in der Verkündigung des Evangeliums und im Zeugnis der Liebe zu engagieren und die Bande der Solidarität zu stärken, um gerechtere und brüderlichere Lebensbedingungen für alle zu fördern. Heute bin ich gekommen, um euch zu ermutigen, die Hoffnung in und um euch zu mehren, die jungen Generationen mit einzubeziehen und euch beharrlich vom Wort Gottes zu nähren, indem ihr Christus eure Herzen öffnet: Sein Evangelium weist euch den Weg! Euer Glaube sei froh und strahlend; er zeige, dass die Begegnung mit Christus dem Leben der Menschen – eines jeden Menschen – Sinn gibt.

Ich ermutige euch, im Geist der Gemeinschaft zwischen Bischöfen, Priestern, gottgeweihten Personen und gläubigen Laien dem pastoralen Tun Schwung zu verleihen und die Suche nach neuen Formen der Präsenz der Kirche innerhalb der Gesellschaft fortzusetzen. Ganz besonders wende ich mich an die Jugendlichen: Habt keine Angst, auf Christi Einladung, ihm zu folgen, großherzig zu antworten! In der Berufung zum Priestertum oder zum Ordensleben werdet ihr den Reichtum und die Freude finden, die darin liegen, euch selbst zu verschenken, um Gott und euren Mitmenschen zu dienen. So viele Männer und Frauen warten auf das Licht des Evangeliums und die Gnade der Sakramente.

Kirche, die du in diesem Land Albanien lebst, hab Dank für dein Beispiel an Treue zum Evangelium! Viele deiner Söhne und Töchter haben für Christus gelitten, sogar bis zu Opfer des eigenen Lebens. Möge ihr Zeugnis deinen Schritten heute und morgen Halt geben auf dem Weg der Liebe, der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens.

Kommentar

Martin Gross
P. Gottfried Wegleitner

Gesamtprogramm der apostolischen Reise

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Thomas Bogensberger