schwarze Helferin erklärend an einer Bildtafel im Hof vor halbwüchsigen schwarzen Schülern

Brot für die Welt

„Brot für die Welt“

Am ersten Adventsonntag übertrug der ORF live aus der Wiener Martin Luther-Kirche den Gottesdienst des evangelischen Hilfswerks „Brot für die Welt“. Gemeinde und Organisation feierten mit dem Direktor der Diakonie in Österreich Michael Chalupka, der Direktorin von „Brot für die Welt“ Cornelia Füllkrug-Weitzel sowie mit Bischof Michael Bünker.

Satt ist nicht genug. Unter diesem Motto ruft das evangelische Hilfswerk in diesem Jahr zum 56. Mal dazu auf, ab Adventbeginn etwas für Menschen in extremen Armutsgebieten zu tun. Ein Projektfilm aus Ruanda führte der adventlich versammelten Gemeinde vor, wie in dem afrikanischen Land tagtäglich versucht wird, die exorbitante Mangelernährung einzudämmen. Darüber hinaus präsentierten Konfirmandinnen und Konfirmanden eine Brückenbau-Aktion. Die musikalische Gestaltung der Feier lag in Händen der Luthergemeinde, vor allem ihrer Kinder.

Dass ihr zu essen genug haben sollt

Lesung: Joel 2

Fürchte dich nicht, liebes Land, sondern sei fröhlich und getrost, denn der Ewige kann auch große Dinge tun. Fürchtet euch nicht, ihr Tiere auf dem Feld, denn die Auen in der Wüste sollen grünen und die Bäume ihre Früchte bringen und die Feigenbäume und Weinstöcke sollen wohl tragen.

MUSIK

Macht hoch die Tür!

Wir sagen euch an
den lieben Advent

Gloria Patri

Nyagasabi, Nyiribambe

Munezero munezero

Oh Heiland, reiß die Himmel auf

Herbert Zagler: Opus 209/1

Wie soll ich dich empfangen?

Tochter Zion

Kinderensemble Lutherschule & J.-S.-Bach-Musikschule

ÖKUMENOBRASS Wien

Orgel und musikalische Gesamtleitung: Thomas Reuther

Und ihr, Kinder Zions, freut euch und seid fröhlich in dem Ewigen, eurem Gott, der euch Lehrer zur Gerechtigkeit gibt und euch herabsendet Frühregen und Spätregen wie zuvor, dass die Tenne voll Korn werden und die Keltern Überfluss von Most und Öl haben sollen.

Und ich will euch die Jahre erstatten, welche die Heuschrecken, Käfer, Geschmeiß und Raupen, mein großes Heer, so ich unter euch schickte, gefressen haben, dass ihr zu essen genug haben sollt und den Namen des Ewigen, eures Gottes, preisen, der Wunder unter euch getan hat. Und mein Volk soll nicht mehr zu Schanden werden.

Und ihr sollt erfahren, dass ich mitten unter Israel sei und dass ich, der Ewige, euer Gott sei und keiner mehr, und mein Volk soll nicht mehr zu Schanden werden.

Hosianna!

Evangelium: Matthäus 21

Als sie nun in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage an den Ölberg, sandte Jesus zwei Jünger voraus und sprach zu ihnen: „Geht hin in das Dorf, das vor euch liegt, und gleich werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Füllen bei ihr. Bindet sie los und führt sie zu mir! Und wenn euch jemand etwas sagen wird, so sprecht: ‚Der Herr bedarf ihrer.‘ Sogleich wird er sie euch überlassen.“ Das geschah aber, damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht: „Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttiers.“

Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und brachten die Eselin und das Füllen und legten ihre Kleider darauf, und er setzte sich darauf. Aber eine sehr große Menge breitete ihre Kleider auf den Weg; andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Die Menge aber, die ihm voranging und nachfolgte, schrie: „Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!“

Nahrungsmittel als Treibstoff im Tank

Predigt von Bischof Michael Bünker

Mit dem Weg Jesu beginnt Gott die Zusagen zu erfüllen, die er seinem Volk Israel und allen Völkern gegeben hat. Dies ist ein Grund zur Freude. So zeigt es die Erzählung vom Einzug Jesu in Jerusalem. Kennen Sie Blümchen, Florentina, Herman, Heidi und Emily? Das sind von fünf Eseln und Eselinnen, die in einem Stall in der Südsteiermark stehen und drauf warten, dass jemand mit ihnen eine Wanderung unternimmt. Eselwanderungen sind etwas Besonderes. Ruhig und langsam sind die Tiere unterwegs und wer sich ihrem Tempo anpasst, findet Entspannung und Entschleunigung. Auf der Website des Vereins, der diese Wanderungen anbietet, heißt es ziemlich vollmundig: Mit einem Esel ist alles anders! Das wird wohl zutreffen für unsere Zeit der stetig zunehmenden Beschleunigung, wo alles schnell gehen muss und immer weniger Zeit bleibt.

Schon wieder Advent! Nur noch vier Wochen bis Weihnachten! Dieser Stress! Würde es mehr Ruhe und Gelassenheit bringen, wenn wir im Eselstempo auf Weihnachten zugingen? Womöglich stimmt es ja: Mit einem Esel ist alles anders. Aber ob das auch für Jerusalem gegolten hat, damals, zur Zeit Jesu? Waren da nicht viele auf Eseln oder mit Eseln unterwegs? In Abeché, einer Stadt im Osten des Tschad, habe ich mit eigenen Augen die täglichen Eselkarawanen gesehen, die früh am Morgen aus allen Himmelsrichtungen hoch beladen mit Holz und anderen Gütern für das tägliche Leben in die Stadt gezogen sind. Es waren bestimmt hunderte. Ganz gewiss hatten diese Esel keine liebevollen Namen wie Emily, Heidi oder Blümchen. Der Esel bringt, was Menschen täglich brauchen. Dort würde wohl niemand auf die Idee kommen zu sagen: Mit einem Esel ist alles anders. So wird man vielleicht auch in Jerusalem gemeint haben: Da ist ja nichts zu sehen als ein Mann auf einem Esel!

Anspruchsvoll wie ein König und zugleich anspruchslos wie ein Armer – so zieht Jesus auf dem Esel in Jerusalem ein. Anspruchsvoll wie ein König – das heißt, wie der Reformator Martin Luther in der Auslegung unserer Geschichte meint, mit Frieden, mit Einigkeit und mit Nahrung. Denn für Frieden, Einigkeit und Nahrung zu sorgen, ist die Aufgabe des Königs. Heute hungern 840 Millionen Menschen. Eine weitere Milliarde Männer, Frauen und vor allem Kinder leiden an Mangelernährung. Was sie essen, reicht zwar, damit sie nicht hungrig ins Bett gehen müssen. Aber für ein gesundes, aktives Leben ist es zu wenig. Satt ist nicht genug.

Kohlehydrate, Fette, Zucker nehmen zu und verdrängen Obst und Gemüse, eine ausgewogene Ernährung. 1,4 Milliarden Menschen leiden an Übergewicht, die WHO spricht von einer globalen Fettsuchtepidemie. Dabei ist genug für alle da, genug, damit sich jeder Mensch nicht nur ausreichend, sondern auch gesund ernähren kann. Doch Nahrungsmittel landen als Treibstoff im Tank. Große Anbauflächen dienen allein der Tierfuttererzeugung für die Fleischproduktion. Die Spekulation von Banken mit Nahrungsmitteln steht immer noch im Verdacht, an den Preissteigerungen – und damit am Hunger – mit schuld zu sein.

Das Recht auf gesunde, vielfältige und bezahlbare Nahrung ist ein Menschenrecht. Aber was tun? Wie dieses Recht durchsetzen? Jesus auf dem Rücken des Esels zeigt: Es sind oft nicht die Programme, die von oben verordnet werden. Es sind die kleinen Leute, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Die Kleinbauern, vor allem die Frauen, die Haus und Hof zusammenhalten. Sie zu stärken, ist ein zentrales Anliegen. Aber auch die Änderung unserer eigenen Ernährungsgewohnheiten. Nicht einfach mehr oder weniger, sondern anders, besser, ökologischer essen. Die Hoffnung wächst von unten.

Wenn ein König auf einem Esel kommt, dann ist doch alles anders. Esel taugen nun einmal nicht zum Krieg. Gott sei Dank. Sanftmütig, nicht auf hohem Ross zieht Jesus ein. Anspruchsvoll wie ein König und zugleich anspruchslos wie einer der Ärmsten. Zu sehen ist vielleicht nichts als ein Mann auf einem Esel. Doch die Hoffnungen sprechen eine andere Sprache: Was Gott von alters her zusagt – jetzt wird es Realität. Hosianna in der Höhe!

Gott kommt im Hosianna der Geringen, der Ausgegrenzten, der Sanftmütigen und Barmherzigen, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit. Sie – ausgerechnet sie! - hat Jesus selig genannt. Ihnen gilt die Zuwendung Gottes. Die Gewalt gegenüber der Schöpfung, die Ungerechtigkeit unter den Menschen können überwunden werden. Deshalb ist es auch nicht egal, was wir essen. Es sagt etwas aus über unser Verhältnis zu Gott, zur Schöpfung und zum Nächsten. Die reichen Gaben der Schöpfung in ihrer großen Vielfalt gerecht zu teilen, das erst macht Leib und Seele satt.

Wenn es Hoffnung gibt, dann kommt sie nicht von denen, die oben oder vorne stehen. Die Hoffnung wächst von unten. Mit einem Esel ist alles anders. Nach alter Tradition lassen wir die schwangere Maria auf einem Esel von Nazareth nach Bethlehem ziehen und stellen den Esel – Blümchen, Emily oder Herman – dann auch noch zur Krippe. Advent für die ganze Welt, wo dieser König einzieht. Wohl der Stadt, wohl dem Land, wohl allen Herzen insgemein, da dieser König ziehet ein.

Mehr als ein Stück Brot

Die Evangelische Kirche in Österreich setzte bereits im Jahr 1960 mit der Einführung der Aktion „Brot für Hungernde“ ein Zeichen zur weltweiten Ernährungssicherung und konnte damit viel bewegen. 2011 war es Zeit für weitere Schritte, sich in Entwicklungsfragen zu engagieren und Hilfsprojekte in aller Welt zu fördern. Dazu schlossen sich Evangelische Kirche, Evangelische Frauenarbeit und Diakonie Austria unter dem Motto „Brot für die Welt“ zusammen.

Eingebunden in das internationale kirchliche Netzwerk „ACT Alliance“ setzt sich „Brot für die Welt“ von Österreich aus für Menschen ein, die in Armut und vor allem Hunger leben. Die Helferinnen und Helfer bemühen sich darum, soziale und wirtschaftliche Rahmenbedingungen dahingehend zu ändern, dass Menschen in einem gewaltfreien Umfeld für sich selbst sorgen und ein Leben in Recht und Würde führen können.

Es ist Hilfe zur Selbsthilfe - nicht die Organisation bestimmt, was zu tun ist, sondern die Menschen, um deren Leben und Zukunft es geht. So werden vor allem Projekte gefördert, die nachhaltig die lokale Versorgung mit Lebensmitteln sicherstellen, mehr Selbstbestimmung durch Bildung und Integration ermöglichen und sich auch für die Rechte von Frauen einsetzen.

Näheres über die Hilfsprojekte

www.brot-fuer-die-welt.at

Kontakt

gottesdienst@orf.at

Redaktion und Bildregie

Thomas Bogensberger