Die beiden britischen Historikerinnen Joan Taylor und Helen Bond in Israel

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„Jesus und seine Jüngerinnen“ und „Mit Rucksack leichter werden“

Die traditionelle Geschichte über die Entstehung des Christentums ist von Männern dominiert. Nur Männer galten als Apostel, dachte man lange. Frauen hätten eine unbedeutende Rolle als Jungfrauen oder bekehrte Prostituierte gespielt.

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Di., 18.06.2019
22:35 Uhr, ORF 2

Doch nun versuchen die Bibelexpertinnen und Historikerinnen Helen Bond und Joan Taylor Belege zu finden, dass Frauen die Anfänge des Christentums in entscheidender Weise mitbestimmt haben.

Um 22:35 Uhr geht es in „mit Rucksack leichter werden“ um eine beinahe heilige Pflicht, wenn sich alle drei Jahre Judenburgerinnen und Judenburger auf den Weg machen. 74 Kilometer über Berg und Tal. Sogar in der Nacht wird gegangen.

Getreu dem Gelöbnis ihrer Vorfahren, das ins Mittelalter zurückreicht. Damals haben die Judenburger versprochen, alle drei Jahre zu Maria zu pilgern, und „diese gottselige Handlung nie zu unterlassen“. Als Dank für Schutz vor Feuer und feindlichen Übergriffen.

Die beiden britischen Historikerinnen Joan Taylor und Helen Bond in Israel

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Jesus und seine Jüngerinnen

Im engsten Kreis um Jesus spielten offensichtlich einige Frauen eine bedeutende Rolle. Neben den biblischen Hinweisen zeigen neue archäologische Entdeckungen in Höhlen und Katakomben in Israel und Italien, dass ohne die Frauen die Jesusbewegung kaum Chancen gehabt hätte, sich so weit zu verbreiten, wie sie es tatsächlich getan hat.

Die beiden Bibelwissenschafterinnen Helen Bond und Joan Taylor suchen in den kanonischen Evangelien nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes nach Hinweisen. In Israel begeben sie sich auf Spurensuche nach Maria Magdalena, ihrem Namen und ihrer wahren Rolle. Sie kommen zur Überzeugung, dass Magdalena eine unabhängige, starke Frau war, und nicht mit der Prostituierten in den Evangelien gleichgesetzt werden darf, wie es in den meisten traditionellen Darstellungen und auch in Filmen bis heute oft geschieht. Denn Marias Beiname „Magdalena“ könne sich nicht nur auf einen Ort, sondern auch auf ihre Persönlichkeit beziehen.

In Tiberias am See Genezareth wollen Bond und Taylor mehr über „Johanna, die Frau des Chuzas“ (Lk 8,3), herausfinden – die Frau eines hohen Beamten von Herodes Antipas, die sich der Jesusbewegung anschloss. In der Bibel wird sie an zwei Stellen des Lukas-Evangeliums genannt: Als finanzielle Sponsorin der Jesusbewegung und als Zeugin der Auferstehung Jesu.

Im Markus-Evangelium finden Bond und Taylor eine Passage, die sie darauf schließen lässt, dass es Jesus nicht nur die zwölf Apostel aussandte; Jesus habe mit diesen gemeinsam auch Frauen ausgesandt. Und ein Fresko aus dem sechsten Jahrhundert, das in den San-Gennaro-Katakomben Neapels erst vor einigen Jahren freigelegt wurde, deuten die beiden Bibelwissenschafterinnen auf eine hohe Amtsträgerin der christlichen Gemeinde in dieser Stadt.

Doch warum verschwanden die Frauen weitgehend aus der Geschichtsschreibung? Die beiden Wissenschafterinnen begeben sich auf eine Reise, um dies herauszufinden. Waren die Jüngerinnen Jesu wirklich entscheidend für seine Bewegung? Beim Predigen, Heilen, Taufen und sogar bei der Finanzierung? Die Recherchen von Joan Taylor und Helen Bond versuchen den Blick zu schärfen und die bisher männerdominierte Geschichte des Christentums in einem neuen Licht zu sehen.

Regie: Anna Cox
Deutschsprachige ORF-Bearbeitung: Margarita Pribyl
ORF-Redaktion: Christoph Guggenberger

Peter Bärnthaler mit Pilgern vor Judenburger Kirche.

ORF/Cinevision/Berit Manninger

Mit Rucksack leichter werden

Fast ist es eine heilige Pflicht, wenn sich alle drei Jahre Judenburgerinnen und Judenburger auf den Weg machen. 74 Kilometer über Berg und Tal. Sogar in der Nacht wird gegangen. Getreu dem Gelöbnis ihrer Vorfahren, das ins Mittelalter zurückreicht. Damals haben die Judenburger versprochen, alle drei Jahre zu Maria zu pilgern, und „diese gottselige Handlung nie zu unterlassen“. Als Dank für Schutz vor Feuer und feindlichen Übergriffen.

„Gerade in der heutigen Zeit ist es besonders wichtig, zu seinem ,Ja-Wort‘ zu stehen, auch wenn es vor mehr als 500 Jahren gegeben wurde“, ist Leopold Städtler überzeugt. Seit 1962 ist er regelmäßig mit dabei, wenn zu Fuß nach Maria Waitschach in Kärnten gepilgert wird, und er ist mit Abstand der Älteste.

Unter den Pilgern und Pilgerinnen sind nicht nur brave Kirchgängerinnen und Rosenkranzbeter. Eine Fußwallfahrt wie diese, das gemeinsame Pilgern an sich, hat eine besondere Anziehungskraft. Sie schenkt Zeit und oft auch Erkenntnis. Bin ich auf dem richtigen Weg, oder muss es in Zukunft anders weitergehen? Und je länger man geht und je höher man raufkommt, umso leichter wird man, sagen die Wallfahrer. Obwohl der Rucksack gleich schwer geblieben ist – und so mancher im Herzen ganz viel mitträgt.

Auf dem gemeinsamen Weg nach Maria Waitschach kommen die Pilger, ein paar hundert sind es wieder, im kleinen Dorf St. Wolfgang vorbei. Mehr Gäste als Einwohner. Das bedeutet für viele eine idyllische, allerdings kurze Nacht im Heustadl.

Sich austauschen, ungezwungen Gemeinschaft erleben, und sich ein wenig Gedanken machen, wofür man Danke und Bitte sagen will. Das ist es, warum die meisten nach Maria Waitschach gehen. Und sich den Segen holen und Spenden bringen – im Jahr 1583 waren es 2 Gulden für eine Kerze. Heute, fast ein halbes Jahrtausend später, sind es ein paar Tausend Euro für die Kirchenrenovierung.

Wieder Christ sein, statt Egoist sein. Eine Wallfahrt kann dazu beitragen, sagt Pfarrer Städtler, der es auch diesmal wieder gut geschafft hat. Auf einmal wird begonnen zu teilen, ganz gleich, ob die Jause oder die Sorgen. Und es wird mitgetragen – den mitunter schweren Rucksack des anderen – auch den, der unsichtbar ist. Auch bei der nächsten Judenburger Wallfahrt.

Buch und Regie: Helmut Manninger
Redaktion: Barbara Krenn