Amtseinführung Chalupka

ORF

Amtseinführung Michael Chalupka - Bischof der Evangelischen Kirche A.B. Österreich

Als neuer Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich ist Michael Chalupka höchster Repräsentant für die rund 280.000 Gläubigen in 191 österreichischen Pfarrgemeinden.

„Lob des Schöpfers - Bewahrung der Schöpfung“ - unter diesem Motto stand die Amtseinführung des neuen Bischofs.

Vorbericht zur Amtseinführung

Amtseinführung von Bischof Michael Chalupka

Predigt

Liebe Schwestern und Brüder,
liebe Geschöpfe unseres wunderbaren Gottes,
liebe schöne Mitmenschen, die ihr heute gekommen seid!
Die Welt ist schön, und Gott ist schön, Licht ist sein Kleid, der Himmel sein Zelt.
Wir haben den Psalm 104 singend und sprechend gebetet. Haben die Herrlichkeit des Herrn gepriesen und die Schönheit der Erde besungen. Was für eine wunderbare Beschreibung der Welt! Die Brunnen quellen in den Tälern, die Wildesel löschen ihren Durst, die Vögel sie singen in den Zweigen, das Land ist voller Früchte. Das Gras wächst für das Vieh, die Erde bringt das Brot hervor. Wein und Brot stärken das Herz.
34 Verse lang schwelgen wir, wenn wir im Gottesdienst den Psalm beten, im Lob, in der Freude, in der Begeisterung über Gottes Schöpfung. Doch nach 34 Versen bricht sich die harte Realität der gottlosen Welt Bahn: „Die Sünder sollen ein Ende nehmen auf Erden und die Gottlosen nicht mehr sein.“ Oder wie es in der Übersetzung von Arnold Stadler heißt: „Die Unmenschen sollen von der Erde verschwinden! Es wäre doch so schön ohne sie.“
Da fallen uns in diesen Tagen des rechtsextremen Terrors von Halle und des Vernichtungskrieges in Syrien wohl viele ein, ohne die es doch so schön sein könnte auf Erden. Das Böse, die Sünde, die Gewalt – sie brechen sich immer herein über Gottes guter Schöpfung.
Das war auch dem Dichter des Psalms nicht unbekannt. Er ist kein Träumer, keine Realitätsverweigerer. Aber er gewichtet sein Lied. 34 Verse sind der Schönheit und dem Lob des Schöpfers gewidmet. Und nur ein Vers den Unmenschen, den Sündern, die ein Ende nehmen sollen.
Schauen wir auf unsere heutige Welt und wie sie beschrieben wird, dann verschieben sich die Gewichte. „Die Emissionen nehmen weltweit zu,“ schreibt UN- Generalsekretär Antonio Gutierez. „Die Temperaturen steigen. Die Folgen für Ozeane, Wälder, Wetter, Artenvielfalt, Nahrungsmittel, Wasser und letztlich Menschenleben sind bereits jetzt gravierend – und dürften sich noch verschlimmern“,
Die Fakten sind glasklar, die Wissenschaft legt sie seit Jahrzehnten auf den Tisch.
„Ich will das Ihr handelt, als ob euer Haus brennt“, schleudert uns die Enkelin einer Diakonin und Urenkelin eines schwedischen Diakoniedirektors, Greta Thunberg, entgegen.
Ein ganz anderes Bild als im Lobpreis der Schöpfung wird hier von der Welt gezeichnet. Doch die Schlussfolgerung könnte die gleiche sein: „Die Unmenschen sollen von der Erde verschwinden! Es wäre doch so schön ohne sie.“
Oder auf Wienerisch. Wenn nur die Ungustln nicht wären, des wär schön, sie sollen sich schleichen.“
Doch aufgepasst! Wer allzu laut diesen Vers über die Sünder anstimmt, lebt gefährlich, zumal in unseren Breiten. Wir sind es, die den großen ökologischen Fußabdruck produzieren. Wir sind es, die 70mal so viel CO2 pro Person verbrauchen
wie eine Einwohnerin des unter Hitze und Dürre leidenden Niger. Wer in den Ruf des Psalmisten einstimmt, dass die Sünder nicht mehr sein und die Ungustln sich schleichen sollen, findet sich allzu leicht auf ihrer Seite wieder. Selbst wer kein Flugzeug besteigt, kein Fleisch isst und Energie spart, wo sie kann, verbraucht hierzulande wohl immer noch ein zigfaches an CO2 verglichen mit den obgenannten Bewohnerinnen Nigers.
Liebe Umweltschützerinnen und Sünder zugleich, liebe C02 Emitentinnen und Klimakollektenzahler,
der Psalmist weiß es, wir wissen es, und Gott weiß es auch. Die Sünde ist nicht aus der Welt zu schaffen. Und genau im Wissen darum hat Gott mit dem Menschen einen Bund geschlossen!
Nach der Sintflut sagt Gott zu den Menschen nicht, so
jetzt seit brav und ohne Sünde, sonst kommt die nächste
Flut. Sondern er schließt mit den Menschen einen Bund,
obwohl er weiß, dass „das Dichten und Trachten des
menschlichen Herzens böse von Jugend auf“ist, wie es
heißt. Trotzdem soll solange die Erde steht nicht aufhören
Saat und Ernte , Sommer und Winter.“ Gott verspricht, ein
Gott des Lebens zu sein, der den Kreislauf des Lebens
achtet und bewahrt. Gott segnet die Menschen, obwohl er weiß, dass aus ihrem Geschlecht wieder Böses in die Welt kommen wird. Und: Gott erneuert die Zusage, dass die Menschen die Erde bebauen und bewahren dürfen.
Was heißt das jetzt? Sollen wir die Hände in den Schoß legen? Können wir weiterleben wie bisher und schöne Psalmlieder singen als Kirche und als einzelne? Denn der liebe Gott wird uns schon retten?
Indem Gott sich auf einen Bund mit den Menschen einlässt, überträgt er uns Verantwortung. Diese Verantwortung ist jedem und jeder einzelnen von uns übertragen, und sie ist uns als Kirche übertragen.Dieser Bund ist kein Privileg, das uns über die Schöpfung stellt. Wir sind vielmehr Teil der Schöpfung. Der Schöpfergott hat eine Welt geschaffen, in der wir verbunden sind mit ihm und mit allem, was er geschaffen hat – mit Pflanzen und Bäumen, mit den Vögeln und Tieren im Wasser wie zu Lande.
Im Bunde Gottes zu leben, heißt also nicht, die Hände in den Schoß legen zu dürfen und den lieben Gott einen guten Mann oder eine gute Frau sein zu lassen, die es für uns schon richten wird.
Den Menschen Verantwortung zu übertragen, ist riskant. Der Preis der Freiheit ist ihr Missbrauch. ( Der Preis der Freiheit ist die Sünde. )
Doch Gott lässt uns in dieser Verantwortung nicht allein. Gott verlässt uns nicht. Denn die Verantwortung für Gottes gute Schöpfung alleine zu schultern, würde uns überfordern.
Auf allem liegt der Segen Gottes. Der gute Zuspruch Gottes liegt auf seiner Schöpfung. Alles Geschaffene steht unter dem Segen. Wir stehen in einer Gemeinschaft der Gesegneten. In einer solchen Gemeinschaft sorgt man füreinander und beutet einander nicht aus. Die Herrschaft, die Gott den Menschen über seine Mitgeschöpfe gibt, nimmt ihnen nichts vom Segen, der auf ihnen liegt. Diesen Segen gilt es zu respektieren.
In Zeiten der Angst vor dem zukünftigen Unheil und in Zeiten der Leugnung der Fakten können wir als Kirche Zuversicht und Verantwortung in die öffentliche Debatte einbringen. Die Bewahrung der Schöpfung ist eine Verantwortung, die uns allen gemeinsam und jedem und jeder einzelnen gegeben ist.
Als Evangelische Kirche sind wir gewiss: Persönliche Verhaltensänderung und politische Maßnahmen gegeneinander auszuspielen, bringt uns nicht weiter. Es braucht politische Maßnahmen, um die Überhitzung unserer Erde zu stoppen. Damit die Politik die nötigen Maßnahmen setzt, braucht es aber auch Signale der Bürger und Bürgerinnen an sie: Wir wollen Klimagerechtigkeit, und wir sind bereit, dafür etwas zu tun und unsere Lebensweise zu ändern. Es ist eine gute evangelischen Tradition, in Freiheit Verantwortung zu übernehmen.
Wir müssen nicht darauf warten, bis uns politische Regelungen dazu zwingen, sondern können Verantwortung übernehmen für den eigenen ökologischen Fußabdruck, für die persönlichen CO2-Emissionen – aber auch für die CO2 Verbrauch unserer Pfarrgemeinden, kirchlichen Gebäude und Organisationen. Wir wollen hier Vorreiter sein und nicht Nachzügler.
Die Kirchen haben schon vor 30 Jahren den konziliaren Prozess „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ initiiert. Sie machen deutlich: Die Frage des Umgangs mit der Schöpfung ist immer auch eine Frage der Gerechtigkeit. Wir sind miteinander verbunden, weltweit. Wie wir hier leben, beeinflusst das Leben der Einwohnerinnen von Kiriabti, auf der anderen Seite der Erdkugel. Während wir hier unseren Glauben bekennen, wird auch dort in den Kirchen das Glaubensbekenntnis gesprochen. Gott ist mit uns verbunden, und wir sind untereinander tragen auch Verantwortung füreinander.
Liebe Gesegnete, liebe Bundesgenossinnen Gottes, liebe Schwestern und Brüder Jesu,
es war mein Wunsch, meine Amtszeit als Bischof der Evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich in Gemeinden zu beginnen, die sich exemplarisch für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung einsetzen.
Diese Beispiele, in denen Christinnen und Christen Verantwortung übernehmen für weltweite Klimagerechtigkeit und Initiativen, starten vor Ort. Sie tragen das Ihre bei, sie sind wichtig und wegweisend. Für alle diese Initiativen möchte ich danken.
Wir tun das nicht, wie es uns manchmal Kritiker vorwerfen, weil sich auch die Kirche einer Klimahysterie anschließen würden– oder weil wir als Kirche so überheblich wären zu glauben, durch unser moralisches Handeln die Welt retten zu können.
Wenn wir uns für Klimagerechtigkeit einsetzen, tun wir das aus unserem Glauben heraus. Im Wissen um unsere menschliche Begrenztheit und Sündhaftigkeit. Getragen vom Segen, den Gott auf uns Menschen und seine ganze Schöpfung gelegt hat.
Die Klimakrise ist der aktuelle Ernstfall für das, was Gott grundsätzlich von seiner Kirche und für diese Welt will. Das ist unser Beitrag als evangelische Kirche innerhalb der Bewegung für Klimagerechtigkeit. Oder wie es der Hirtenbrief der schwedischen Bischöfinnen und Bischöfe ausdrückt.
„Wir brauchen Hoffnung, um Kraft zum Handeln zu finden. Hoffnung beginnt mit einem Loblied auf die Schönheit der Schöpfung und die Liebe des Schöpfers. Im Reich Gottes ist alles Geschenk, bevor es zur Verantwortung wird.
Wir leben immer zwischen Sünde und Erlösung. Umkehr ist möglich. Das Böse verschwindet nicht einfach. Doch der Glaube setzt die Sehnsucht nach dem Guten frei. Amen.

Musikalische Gestaltung:

Albert Schweitzer Chor, Leitung: Landeskantor Matthias Krampe

Blechbläserensemble der Johann Sebastian Bach Musikschule (JSBM), Leitung: Jakob Gollien

„Band and Vocals“ der Popakademie der Johann-Sebastian-Bach-Musikschule (JSBM), Leitung: Ingrid Diem

Vereinigte Posaunenchöre österreichischer evangelischer Pfarrgemeinden, Leitung: Florian Brunmayr

Diözesankantorin Yasuko Yamamoto, Orgel

Gernot Heinrich, Tenor

Diözesankantorin Sybille von Both, Continuoorgel

Martin Horvath, Violone

Musikalische Gesamtleitung:
Landeskantor Matthias Krampe und Hanns Stekel (JSBM)

Mitwirkende

Liturgie:

Eingangsliturgie: Mag.a Ingrid Bachler, Oberkirchenrätin A. B.

Lesung: Mag. Thomas Hennefeld, Landessuperintendent der Evangelischen Kirche H. B.

Amtseinführung:

Dr. Dr.h.c. Michael Bünker, Bischof i. R.

Dr. Peter Krömer, Präsident der Synode A. B.

AssistentInnen:

Dr. Gerold Lehner, Superintendent der Superintendenz Oberösterreich

Mag.a Helene Lechner, Pfarrerin in Wien-Liesing

Prof.in Dr.in Beate Hofmann, Bischöfin der Evangelischen Kirche
von Kurhessen-Waldeck

Persönlicher Segen:

Dr. Peter Krömer, Präsident der Synode A. B.

Dr. Manfred Scheuer, Bischof der Röm.-kath. Diözese Linz

Dr.in Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie Österreich

Pastor Stefan Schröckenfuchs, Superintendent der Evangelisch-methodistischen Kirche

Dr.in Christa Grabenhofer, Superintendentialkuratorin Burgenland

Elisabeth Zahradnicek, Gemeindevertreterin der Pfarrgemeinde
Wien-Liesing

Barbara Bauer, Direktorin der Evangelischen Volksschule Wien-Gumpendorf mit den Kindern Leonhard Nebenführ und Timon Suppan

Dr. Dr. h.c. Michael Bünker, Bischof i. R.

Evangelische Bischöfe der Nachbarländer:

Mag. Marián Čop, Bischof der Evangelischen Kirche A. B. in der
Tschechischen Republik

Prof. Dr. Tamás Fabiny, Bischof der Evangelisch-Lutherischen
Kirche in Ungarn

Mag. Reinhart Guib, Bischof der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien

Mag. Leon Novak, Bischof der Evangelischen Kirche A. B. in Slowenien

Mgr. Tomáš Tyrlík, Bischof der Schlesischen Evangelischen Kirche A. B.

Mag. Urmas Viilma, Erzbischof der Estnischen Evangelisch- Lutherischen Kirche

Fürbitten:

Prof. Mag. Karl Schiefermair, Oberkirchenrat A. B.

Dr.in Margit Leuthold, Pfarrerin in Wien-Liesing

Maximilian Victor, Mitglied der Evangelischen Jugend

Gerti Rohrmoser, Direktorin der Evangelischen Frauenarbeit

Pfarrerin Dr.in h.c. Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt Deutschland

Kojo Taylor, Lektor der Gemeinde Wien-Simmering

Mag.a Christine Wogowitsch, Mitglied der Synode A. B.

Abendmahl:

Superintendenten und SuperintendentialkuratorInnen der Super- intendenzen A. B.

VertreterInnen des Oberkirchenrats A. B., der Militärseelsorge, der Evangelischen Kirche H. B., der Evangelisch-methodisti- schen Kirche, der Werke und Einrichtungen der Evangelischen Kirche A. B. u. a.

Abkündigungen:
Ing. Günter Köber, Oberkirchenrat A. B.

Regie: Thomas Bogensberger
Redaktion: Thomas Bogensberger