Pfarre Spittal an der Drau

Stockhammer

‚Freuet euch, der Herr ist nahe‘

Aus der Pfarrkirche Mariä Verkündigung in Spittal an der Drau wird der Katholische Gottesdienst von ORF2 und ZDF übertragen. Mit der Gemeinde feiert Pfarrer Ernst Windbichler.

Es gibt viele Erfahrungen von Freude, wir können sie nicht festhalten, so Pfarrer Ernst Windbichler - wer die Freude teilt, vermehrt sie. Die Freude über die Nähe aber ist ein unverdientes Geschenk, das bleibt.
Kurz vor Weihnachten, am 3. Adventsonntag, dem Sonntag ‚Gaudete‘ - ‚Freut Euch‘, bekommt diese Freude über die Nähe Gottes zu den Menschen besonderen Schwung, und die Hoffnung, dass sie über Weihnachten hinaus bleibt.

Musik:

Eingangslied: GL 231; O Heiland, reiß die Himmel auf

Chorgesang: Kyrie, Sanctus/Benedictus, Agnus aus der ‚Missa pro pueris et puellis‘ von Christian Matthias Heiß.

Antwortpsalm: GL 913,2 mit Psalmversen aus dem Grazer Psalter (Wolfgang Reisinger)

Halleluja GL 174,3

Predigt

Liebe Mitfeiernde!
Wenn ich jetzt hier eine Vase nehme und sie auf den Boden werfe, dass sie in 1000 Scherben zerspringt und nach der Messe kommt unsere Mesnerin mit Schaufel und Besen und kehrt alles zusammen, was glaubt ihr, worüber die Leute reden werden?

Er hat die Vase zertrümmert, werden sie sagen. Dabei war das doch viel einfacher, als eine Stunde lang die Scherben zusammenzukehren. Darüber wird niemand ein Wort verlieren. So ist das in der Welt. Das Schlimme, Schreckliche, das Laute und Gewaltige, das zählt. Die stille Sensation des Guten übersieht man so leicht.

Dass ein Feuer ein Haus vernichtet, dass eine Lawine eine ganze Ortschaft verwüstet, wir es vor Kurzem bei uns geschehen ist, solche Dinge stehen jeden Tag in der Zeitung. Aber dass dann die Leute hergehen und das Haus wieder aufbauen, dass die Lawinenschutzverbauung große Mauern aufrichtet, um in Zukunft die Lawinen aufzuhalten oder abzulenken, das steht natürlich nicht in der Zeitung.

Dass ein Ehepaar sich zerstreitet und mit großem Krach auseinander geht, das wissen alle, aber wenn sie sich wieder versöhnen und einen neuen Anfang versuchen, davon redet niemand. Ganz zu schweigen von den großen Friedensbemühungen auf dem Feld der Politik und der internationalen Zusammenarbeit.

Die stille Sensation des Guten zählt so wenig und doch bin ich überzeugt, dass immer und überall und jeden Tag viel mehr Gutes geschieht, als Böses, wir merken es nur nicht.

Jesus will uns heute dazu ermutigen. Sein Freund Johannes sitzt im Gefängnis. Er hat die Menschen bedroht und beschimpft, er hat gerufen: nicht mehr lange, und Gott wird euch strafen. Wenn ihr euch nicht bekehrt, dann wird Schlimmes geschehen. Ich bin nur der Bote, der euch das ausrichtet, aber nach mir wird einer kommen, der wird endlich reinen Tisch machen, der wird alle Übeltäter vernichten. Wartet nur.

Dann ist Jesus gekommen. Johannes wird verhaftet, weil er auch den König und die Königin beleidigt hat. Am schlimmsten kann man die Menschen nämlich immer dann beleidigen, wenn man ihnen die Wahrheit sagt.

Da sitzt er nun in seiner dunklen Zelle, und horcht hinaus, ob jetzt das alles schon beginnt, was er vorhergesagt hat. Aber nichts geschieht. Er wartet auf den großen Krach, aber alles bleibt ruhig. Und er fragt: Jesus, bist du wirklich der, auf den wir gewartet haben?

Jesus aber lässt ihm ausrichten, und das gilt auch für uns alle: Hab keine Angst, das Reich Gottes kommt ganz gewiss. Alles hat schon angefangen. Schau doch nur genau hin, merkst du es denn nicht: da ist ein Stummer, der kann plötzlich reden, das ist ein Gelähmter, der springt durch die Gegend, ja sogar Tote leben wieder und ausgerechnet die Armen und Kleinen hören die Frohe Botschaft. Ihr wartet am Hauptportal, an der großen Vordertür, und dabei ist Gott längst schon durch die Hintertür in diese Welt hereingeschlüpft. Ganz klein fängt es an. Nichts steht in der Zeitung, nichts hört man in den Nachrichten. Gott will uns nicht erschrecken und zwingen, er will uns locken durch seine Nähe, durch seine Menschenfreundlichkeit.

Jesus will diesen Sauhaufen der Welt nicht zerschlagen wie eine alte Vase, sondern er kehrt zusammen, ja ,mehr noch: er klebt zusammen, er heilt die Wunden, mit himmlischer Geduld macht er einen neuen Anfang mit dieser verlorenen Menschheit.

Ich wünschte mir, dass viele Menschen oder gar alle sich ganz echt und einfach freuen könnten über diesen Gott der kleinen Anfänge und der großen Vollendungen.

In einem schönen Text mit der Überschrift „Ent-täuschte Erwartungen“ heißt es:
Wir erwarteten einen Übermenschen, du gabst uns ein kleines Kind.
Wir erwarteten einen Herrscher, du gabst uns einen Bruder.
Wir erwarteten einen Rächer, du gabst uns einen Verfolgten.
Wir waren Beute des Hasses, und siehe da: die Liebe.
Wir waren in den Krallen der Angst, und da nun: die Freude.
Wir waren im Rachen der Macht, und da: das Licht!
Unsere Weisen sind zu ihm gegangen, mit Schätzen beladen,
aber sie wurden die Beschenkten, die Beglückten.

Mögen wir die Sensation des Guten immer sehen hinter den Schlagzeilen des Bösen, die wohl deshalb Schlagzeilen heißen, weil sie uns fast erschlagen. Mögen wir nicht den Mut verlieren und darauf vertrauen, dass auch das Gute, das Stille, das Bescheidene ansteckend ist und eine geheime Anziehungskraft besitzt, weil der gute Gott selber dabei seine Hand im Spiel hat. Die Freude über seine Geduld, seine unaufdringliche Nähe soll uns erfüllen, jetzt, in dieser vorweihnachtlichen Zeit, und unser ganzes Leben lang.

Zur Gabenbereitung: GL 485; O Jesu Christe, wahres Licht

Zur Kommunion: Macht hoch die Tür von Hugo Distler

Danklied: GL 218

Postludium: Choralfantasie „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ (Hans-Peter Braun)

Musikalische Gestaltung: spittal vokal

Organistin: Katharina Kacetl
Musikalische Leitung: Gernot Kacetl

Bildregie: Thomas Bogensberger

gottesdienst@orf.at