Eine Schülerin mit Kopftuch sitzt in einer Schule bei einer Unterrichtsstunde zum Thema Islam vor einer Tafel

APA/dpa/Frank Rumpenhorst

Kampf ums Kopftuch: Kommt bald Verbot für Schülerinnen bis 14?

Kampf ums Kopftuch: Kommt bald Verbot für Schülerinnen bis 14? | 75 Jahre Auschwitz-Befreiung: Zeitzeuge Benno Kern erinnert sich | „Ein verborgenes Leben“: Neuer Kinofilm über Franz Jägerstätter | Ein Kirchenrebell ist tot: Nachruf auf den Theologen Adolf Holl

Sendungsprofil Orientierung

ORF

26.1.2020, 12.30 Uhr, ORF 2
28.1.2020, 9.30 Uhr, ORF III
1.2.2020, 11.30 Uhr, ARD ALPHA

Kampf ums Kopftuch: Kommt bald Verbot für Schülerinnen bis 14?

„Das Kopftuch ist eine starke Markierung. Und wenn man ein Kopftuch hat, ist man in seiner Identität (….) in erster Linie religiös markiert. Ich finde, es ist für die Kinder zu früh und es ist unfair, dass man so eine starke Eintätowierung bekommt“, sagt der Soziologe Kenan Güngör. Er unterstützt das Vorhaben der neuen Regierung, das bereits bestehende Kopftuchverbot für muslimische Mädchen an Volksschulen auf „bis zum vollendeten 14. Lebensjahr“ zu erweitern.

Unter vielen Musliminnen und Muslimen löst das Unverständnis aus. Sie sprechen von Diskriminierung und Unterdrückung. Eine Klage der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) gegen das bestehende „Kopftuch-Gesetz“ wurde kürzlich eingebracht. Befürworter des Verbots sehen durch eben dieses Verbot, und wohl auch durch eine Erweiterung des Verbots, eine „Verminderung von Diskriminierung und bessere Chancen für die Integration“.

„Es gibt Kinder, die gezwungen werden, das Kopftuch zu tragen und sie leiden wahnsinnig darunter“, sagt Kenan Güngör. „Ich weiß nicht die genaue Zahl von Mädchen, die gezwungen werden, aber es gibt Mädchen, die das freiwillig tun und sie haben das Recht, das Kopftuch weiter zu tragen“, meint die 14- jährige Schülerin Alyamamah, die sich von der „demokratischen Republik Österreich“ enttäuscht zeigt.

Bericht: Zoran Dobrić, Länge: 7 Minuten

75 Jahre Auschwitz-Befreiung: Zeitzeuge Benno Kern erinnert sich

„Das kann man sich nicht vorstellen!”, so ringt der 92-jährige Benno Kern, Shoa-Überlebender und ehemaliger Auschwitz-Häftling um Worte, wenn er nach seinen Erinnerungen an die Zeit im Konzentrationslager gefragt wird.

Ob er von der Flucht aus Wien, den Erlebnissen im Viehwaggon während der Deportation nach Auschwitz oder der so genannten „Selektion“ an der berüchtigten Rampe erzählt – immer wieder entkommt dem gläubigen Juden dieses: „Das kann man sich nicht vorstellen!”. Doch dann berichtet er von seinen Erfahrungen im Vernichtungslager: die tägliche Folter, das Auspeitschen, das Aufhängen an den Händen auf dem Rücken, die Ohnmacht der Häftlinge angesichts der Wehrlosigkeit.

Als das Konzentrationslager Auschwitz im Jänner 1945 durch die „Rote Armee“ befreit wird, ist Benno Kern zusammen mit seinem Vater Salomon bereits auf einem Todesmarsch nach Buchenwald. Den erschossenen Vater muss er im Schnee zurücklassen.

Nach der Befreiung in Buchenwald im April 1945 kehrt er als einziger Überlebender seiner Familie nach Wien zurück. 13 Jahre später heiratet er. Mittlerweile feiert der gebürtige Wiener mit seiner Frau Fryda – nicht selten gemeinsam mit Kindern, Enkeln oder Urenkeln - mehr als 90 Familiengeburtstage im Jahr.

Bericht: Dorit Muzicant, Klaus Ther; Länge: 8 Minuten

„Ein verborgenes Leben“: Neuer Kinofilm über Franz Jägerstätter

Am 9. August 1943 wurde in Brandenburg der Innviertler Bauer und Mesner Franz Jägerstätter hingerichtet, weil er sich unter Berufung auf seine Glaubensüberzeugung geweigert hatte, als Soldat für Adolf Hitler zu kämpfen. Die katholische Kirche hat ihn 2007 als Märtyrer seliggesprochen.

Nun hat der amerikanische Regisseur Terrence Malick das Jägerstätter-Drama neu verfilmt, und zwar auf seine Weise: nachdenklich, einfühlsam und mit viel Zeit für Musik und Texte aus dem Off. Reflexionen und Emotionen werden damit eindrucksvoll verdeutlicht.

Die Originalsprache des Filmes ist Englisch, dennoch arbeitete Malick vor allem mit deutschsprachigen Schauspielerinnen und Schauspielern: August Diehl als Jägerstätter, Valerie Pachner als seine Frau Franziska, Sophie Rois als Tante, Tobias Moretti als Pfarrer Fürthauer, Karl Markovics als Bürgermeister, der mittlerweile verstorbene Bruno Ganz als Richter.

Die „Orientierung“ hat Jägerstätters Heimatort St. Radegund besucht und eine Biografin, eine Tochter und einen Enkel Jägerstätters sowie den pensionierten Pfarrer von St. Radegund befragt. Außerdem kommen Valerie Pachner und Tobias Moretti zu Wort. „A Hidden Life“ („Ein verborgenes Leben“) ist ab Freitag, 31. Jänner, in österreichischen Kinos zu sehen.

Bericht: Christian Rathner, Länge: 8 Minuten

Ein Kirchenrebell ist tot: Nachruf auf den Theologen Adolf Holl

Der Autor, Theologe und ehemalige katholische Priester Adolf Holl ist am Donnerstag im Alter von 89 Jahren gestorben. Holl wurde am 13. Mai 1930 in Wien geboren, wo er nach seiner Matura dann auch Theologie und Philosophie studierte.

Von 1954 bis 1973 war er Kaplan und Religionslehrer in der Wiener Pfarre Neulerchenfeld, ab 1963 Dozent an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Wegen „schwerer Irrtümer gegen die kirchliche Lehre“ und einem etwa drei Jahre danach folgenden TV-Geständnis, den Zölibat gebrochen zu haben, wurde Holl zuerst die Lehrbefugnis entzogen, dann auch die Erlaubnis, weiter als Priester tätig sein zu dürfen: „Eigentlich müssten Sie eine neue Kirche gründen“, u.a. mit diesen Worten suspendierte Kardinal Franz König 1976 den unbotmäßigen Seelsorger vom Priesteramt – eine Aufforderung, der Holl 2009 augenzwinkernd mit seinem Buch „Wie gründe ich eine Religion“ nachkam.

Holl erfand sich nach der Suspendierung sozusagen neu: als Journalist, Autor zahlreicher Bücher, Diskussionsleiter der ORF-Sendung Club 2 - und auch im Studio der „Orientierung“ war Holl oft gesehener Interviewpartner.

Er sparte nicht mit Kritik an den Kirchen und der Gesellschaft – aber meist mit Augenzwinkern. Mit „Schaum vor dem Mund“ wolle er nicht in Erinnerung bleiben, hielt er in einem späten „Orientierung“-Interview fest. Für seine journalistische Tätigkeit erhielt Adolf Holl zahlreiche Preise und Auszeichnungen, darunter den Kardinal-Innitzer-Preis, das Ehrendoktorat der Universität Klagenfurt, den Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik, den Axel-Corti-Preis und den Preis der Stadt Wien für Publizistik.

Bericht: Klaus Ther, Mitarbeit: Marcus Marschalek; Länge: 5 Minuten

Redaktionsleitung: Norbert Steidl
Moderation: Sandra Szabo