„Vatileaks“: Ermittlungen gehen weiter

Paolo Gabriele, der wegen Diebstahls zu 18 Monaten Haft verurteilte Kammerdiener des Papstes, wird seine Haft im Vatikan und nicht in Italien absitzen. Im Vatikan sucht man unterdessen weiter nach Komplizen.

Falls der Ex-Butler seine Haftstrafe antreten müsse, dann nicht in einem italienischen Gefängnis sondern in einer vatikanischen Haftzelle, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Dienstag vor Journalisten. Zuletzt hatte er wiederholt von einer möglichen Begnadigung durch den Papst gesprochen. Der 46-Jährige sei noch unter Hausarrest in seiner Wohnung im Vatikan. Zellen gebe es in der Kaserne der vatikanischen Gendarmerie, sagte Lombardi.

Der Staatsanwalt des vatikanischen Berufungsgerichts könne noch Urteil gegen Gabrieles Verurteilung einreichen. Sollte er keine Berufung einlegen, wird das Urteil rechtskräftig, berichtete Lombardi. Das Gericht sah es erwiesen an, dass Gabriele vertrauliche Dokumente des Papstes gestohlen und dass er dabei allein gehandelt habe, wie aus der am Dienstag veröffentlichten Begründung des Urteils gegen den Ex-Butler hervorgeht.

Gabrieles „Beeinflusser“

Weitere Ermittlungen seien im Gang, um festzustellen, ob weitere Personen in die Affäre verwickelt seien. Mit seinem Verhalten habe Gabriele dem Papst, den Rechten des Heiligen Stuhls und der ganzen katholischen Kirche einen Schaden zugefügt, hieß es in der Urteilsbegründung. Die Staatsanwaltschaft hatte eine dreijährige Haftstrafe gefordert. Als strafmildernde Umstände betrachtete Gerichtspräsident Giuseppe Dalla Torre, dass Gabriele nicht vorbestraft sei, dass er mehrere Jahre im Vatikan gedient und dass er Reue für seine Tat gezeigt habe.

Gerichtssaal im Vatileaks-Prozess.

Reuters/Osservatore Romano

Der Butler von Papst Benedikt XVI. wurde am 6. Oktober nach einem einwöchigen Prozess wegen „qualifizierten Diebstahls“ zu 18 Monaten Haft verurteilt. Sein Verhalten habe der Person des Papstes, den Rechten des Heiligen Stuhls, der ganzen Kirche und des Vatikan-Staates Schaden zugefügt, so die Urteilsbegründung.

Die vatikanische Justiz ermittelt weiterhin wegen möglicher Komplizen oder Hintermänner des wegen Diebstahls vertraulicher Dokumente verurteilten päpstlichen Kammerdieners Paolo Gabriele. Gabriele nannte während des Prozesses sieben Personen, die ihn „beeinflusst“ haben sollen, unter anderen die beiden Kurienkardinäle Angelo Comastri und Paolo Sardi, einen italienischen Bischof sowie eine ehemalige Haushälterin und Übersetzerin Benedikts.

Offene Fragen

Den Beziehungen zwischen diesen Personen und Gabriele dürfte der Vatikan jetzt nachgehen wollen. Aus der Urteilsbegründung geht hervor, dass Gabriele Kontakte zu weiteren zwei Kardinälen, dem aus Bombay stammenden Ivan Dias und dem Theologen Georges Marie Martin Cottier, hatte.

Am 5. November wird das Verfahren gegen den wegen Begünstigung angeklagten Informatiker Claudio Sciarpelletti fortgesetzt. Bei ihm war ein Umschlag mit Papieren gefunden worden, die aber nicht vertraulich waren. Sciarpelletti wird Beihilfe vorgeworfen. Das vatikanische Gericht hatte beschlossen, Gabrieles Verfahren von jenem Sciarpellettis getrennt zu führen. Beobachter hoffen, dass der Prozess gegen den Informatiker weitere noch offene Fragen zu der heiklen Causa klären wird.

Kein Arbeitsverbot im Vatikan

Gabriele hatte gestanden, vertrauliche Unterlagen des Papstes, entwendet, fotokopiert und an den italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi übergeben zu haben, der diese in den Medien und in einem Buch veröffentlicht hatte. Gabriele hatte bestritten, Mittäter oder Hintermänner gehabt zu haben.

In dem schriftlich vorgelegten Urteil bestätigt das Vatikangericht, dass der ehemalige Kammerdiener schuldfähig ist. Das Urteil sei daher auch nicht zur Bewährung ausgesetzt worden. Allerdings sei das Gericht nicht dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt, die den Ex-Butler für immer von einer Vatikanbeschäftigung ausschließen wollte. Dies gelte nur für einen bestimmten Zeitraum und für Tätigkeiten mit Entscheidungsbefugnis.

KAP/APA

Mehr dazu: