Zu Allerheiligen auf den jüdischen Friedhof

Zur Sanierung des jüdischen Friedhofs Währing hat die Historikerin Tina Walzer eine Privatinitiative gestartet. Mit Hilfe von Freiwilligen soll der Friedhof von seinem Bewuchs befreit werden.

Mit Heckenscheren und Handschuhen ausgestattet kann man am 1. November mithelfen, den jüdischen Friedhof Währing von Gestrüpp und Unkraut zu befreien. Seit Jahren beteiligen sich Freiwillige an dessen Restaurierung, seit 2007 organisiert die Historikerin Tina Walzer diese Aktionen. Ein erster Schritt zur Sanierung des Friedhofes wurde mit der Instandsetzung des Friedhofwärterhauses gesetzt - mehr dazu in: Jüdisches Bethaus wieder eröffnet (religion.ORF.at; 8.10.2012).

Freiwilligen-Tag am jüdischen Friedhof Währing:

1. November 10.00 bis 16.00 Uhr.

Eingang Schrottenbachgasse, 1180 Wien, U6 Nußdorfer Straße.

Männer werden gebeten, als Zeichen des Respekts eine Kopfbedeckung zu tragen.

Trotzdem brauche es immer noch das Engagement vieler Menschen, um den Pflanzenwuchs im Zaum zu halten, berichtet Tina Walzer im Gespräch mit religion.ORF.at. Die Historikerin vertritt in ihrer Funktion als Vorsitzende der Plattform „Jüdisches Erbe“, einer Gruppe von Nachkommen, die sich um den Erhalt der jüdischen Friedhöfe in Österreich bemüht, die Nachkommen der auf jüdischen Friedhöfen Begrabenen.

Bereits 2009 fiel der Freiwilligen-Tag auf Allerheiligen, was damals ein großer Erfolg gewesen sei - 150 Menschen hätten sich beteiligt, so Walzer. Immer wieder engagieren sich mit Tina Walzer auch evangelische Gemeinden, die Naturfreunde, das Institut für Biologie der Universität Wien sowie die Wiener Grünen für die Pflege dieses kulturhistorischen Areals.

Pflege des jüdischen Friedhofs Währing

Tina Walzer 2010

Gänzlich zugewachsene Gräber werden an den Freiwilligen-Tagen freigelegt.

Kaum Unterstützung von öffentlichen Stellen

Mit dem „Washingtoner Vertrag“, der 2001 zwischen der österreichischen Bundesregierung, der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika und dem Bundesverband der Israelitischen Kultusgemeinden Wien abgeschlossen wurde, hat sich die Republik Österreich zur Instandhaltung der jüdischen Friedhöfe im Land verpflichtet. In dem Abkommen wurde festgehalten, dass jüdische Gräber nicht aufgelassen werden dürfen. Sie stellen für Juden die „Häuser der Ewigkeit“ dar - die dauerhafte Totenruhe gilt als unantastbar. Zu einer effektiven Pflegevereinbarung sei es seither aber nicht gekommen, sagt Walzer.

Pflege des jüdischen Friedhofs Währing

Tina Walzer 2010

Vorher/Nachher - hinter dichtem Gestrüpp verborgene Gräber links; auf der rechten Seite Gräber nach den Freilegungsarbeiten.

Nach dem 2001 habe die Bundesregierung versucht, die dort eingegangene Verpflichtung den Bundesländern aufzubürden, was in einer Landeshauptleutekonferenz im Frühjahr 2002 gescheitert sei. Weitere Verhandlungen hätten zu nichts weiter als Zusagen ohne Handlungen geführt, so Walzer.

Die Stadt Wien leiste ihren Beitrag, heißt es dazu aus dem Büro des Bürgermeisters. Man habe die Sanierung des Friedhofswärterhauses finanziert und zahle für die Erhaltung der jüdischen Friedhöfe immerhin jährlich 300.000 Euro an die Israelitische Kultusgemeinde. Dieser Betrag reiche jedoch gerade, um den aktuellen jüdischen Friedhof beim vierten Tor des Zentralfriedhofs zu erhalten, kontert Walzer. Die Historikerin ist jedenfalls entschlossen, die Freiwilligen-Tage so lange weiter zu führen, „bis die Pflegevereinbarung kommt“.

Nina Goldmann, religion.ORF.at