Papst regiert noch 165 Minuten von Castel Gandolfo aus

Die Vorbereitungen in der 9.000-Einwohner-Stadt Castel Gandolfo zur Aufnahme von Papst Benedikt XVI. laufen auf Hochtouren, wie Radio Vatikan am Freitag berichtete.

Für den letzten Tag Joseph Ratzingers als Papst ist ein minuziöser Ablauf geplant. Der örtliche Bischof Don Marcello Semeraro von Albano leitet am 28. Februar um 16.30 Uhr eine Gebetsvigil in der Pfarrkirche von Castel Gandolfo. Gegen 17.00 Uhr kommt er gemeinsam mit den Gläubigen zum Hubschrauberlandeplatz, um dann um 17.15 Uhr den ankommenden Papst zu begrüßen. Benedikt XVI. wird dann noch 165 Minuten lang Bischof von Rom und Oberhaupt der katholische Kirche sein. Um 20.00 Uhr beginnt die Sedisvakanz. Ende Mai will Benedikt XVI. Castel Gandolfo wieder verlassen und seinen eigentlichen Alterssitz, das Kloster Mater Ecclesiae, im Vatikan beziehen.

Mater Ecclesiae

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Umbauarbeiten an Benedikts Alterssitz Mater Ecclesiae

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi sagte laut Kathpress am Donnerstag, der Papst werde sich am 28. Februar um 16.00 Uhr im Damasus-Hof von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone verabschieden. Auf dem Hubschrauberlandeplatz des Vatikans warte dann Kardinaldekan Angelo Sodano auf den Papst. In Castel Gandolfo werde Benedikt ein großes Empfangskomitee mit Bischof, Pfarrer und Bürgermeister vorfinden.

Drei Villen, 55 Hektar Fläche

Der Sommersitz der Päpste in Castel Gandolfo ist ein Gebäudekomplex von drei Villen und einer Park- und Landwirtschaftsfläche von 55 Hektar. 25 Hektar davon gehören zu einem kleinen vatikaneigenen Bauernhof mit Milchvieh, Olivenbäumen und Obstanbau.

Zentrum der Anlage ist der „Apostolische Palast“, ein schlichter Barockbau, in dem sich das Appartement des Papstes mit Blick auf den Albaner See befindet. Die römische Adelsfamilie Barberini hatte den Bau in Auftrag gegeben. Entworfen haben soll die Villa der Bildhauer und Architekt Gian Lorenzo Bernini. Papst Clemens VIII. (1592-1605) kaufte das Anwesen mit Villa im Jahr 1596. 1773 fügte Clemens XIV. (1769-1774) die benachbarte „Villa Cybo“ hinzu. Schließlich wurde das Areal unter Pius XI. (1922-1939) nach den Lateran-Verträgen durch den Kauf der „Villa Barberini“ vervollständigt.

Flächenmäßig größer als Vatikan-Staat

Die gesamte Anlage ist exterritorial. Flächenmäßig ist sie größer als der eigentliche Vatikan-Staat am Tiber. Der erste Papst, der sich längere Zeit in Castel Gandolfo aufhielt, war im Jahr 1626 Urban VIII. (1623-1644). Nach dem Untergang des Kirchenstaates 1870 verfielen die Gebäude. Erst unter Pius XI. wurden sie restauriert. Seither verlegten die Päpste während ihres Sommeraufenthaltes auch einen Teil ihrer Amtsgeschäfte in die Sommerresidenz. Zwei von ihnen starben dort: Pius XII. am 9. Oktober 1958 und Paul VI. am 6. August 1978.

Papst Benedikt XVI. an einem Teich in Castel Gandolfo

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Papst Benedikt XVI. während eines Urlaubs in Castel Gandolfo

Unter Johannes Paul II. entwickelte sich eine enge Beziehung zwischen dem Papst und den Bewohnern der Stadt. Solange es seine Gesundheit erlaubte, feierte er jeweils am 6. und am 15. August die Messen in der Pfarrkirche von Castel Gandolfo. Regelmäßig empfing Johannes Paul II. auch die Bewohner in Audienz.

Zutritt nur für Privilegierte

Im Gegensatz zu den Vatikanischen Gärten, die für angemeldete Touristengruppen mit Führer zugänglich sind, ist der Zutritt zum Park in Castel Gandolfo nur wenigen Privilegierten vergönnt. „Das Paradies auf Erden“, lässt man durchblicken, solle auch aus Sicherheitsgründen dem jeweiligen Papst vorbehalten bleiben.

Es wird eine strenge Auswahl getroffen, Touristengruppen haben keine Chance. Zugelassen werden pro Jahr etwa 4.000 bis 5.000 Besucher. Nur wer ein „historisches, künstlerisches oder archäologisches Interesse“ vorweisen kann, darf den Park betreten. Journalisten müssen den umständlichen Weg über den Päpstlichen Rat für die Sozialen Kommunikationsmittel gehen und sich in Geduld fassen. Aber die Geduld wird - fast - immer belohnt.

APA

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