Papst-Rücktritt - Die letzten zwölf Tage des Pontifikats

Das sonntägliche Angelusgebet, eine große Generalaudienz und ein Treffen mit Kardinälen bilden die letzten öffentlichen Termine, bevor Benedikt XVI. am 28. Februar auf sein Amt verzichtet.

Zehntausende Menschen sprachen mit dem scheidenden Papst dessen vorletztes Angelugebet in Rom. Unter dem Jubel und Applaus der Menschenmenge auf dem Petersplatz trat Benedikt XVI. heute an das Fenster seines Arbeitszimmers und winkte den Pilgern zu. „Danke, dass ihr so zahlreich erschienen seid“, sagte er nach dem Gebet. „Auch das ist ein Zeichen der Zuneigung und der geistigen Nähe, die ihr mir in diesen Tagen zeigt.“

Papst beim Angelus-Gebet am 17. 02. 2013

EPA/CLAUDIO PERI

Papst Benedikt XVI. bedankt sich für das zahlreiche Erscheinen der Gläubigen am Petersplatz

Ansturm bei Angelusgebet

Viele der Gläubigen hatten Transparente dabei und feierten den Papst mit „Benedetto“-Rufen. Auch Roms Bürgermeister Gianni Alemanno und der Gemeinderat nahmen an dem Gebet teil. Rund 1.000 Sicherheitskräfte und etwa 200 Freiwillige sicherten den Platz ab. Die Straßen rund um den Petersplatz wurden für den Verkehr gesperrt, zusätzliche öffentliche Verkehrsmittel waren im Einsatz. Normalerweise kommen jeden Sonntag einige tausend Gläubige zum traditionellen Angelusgebet mit dem Papst.

Das ORF-Religionsmagazin „Orientierung“ übertrug live. Mehr dazu im Video-on-Demand der Sendung.

Zehntausende Gläubige waren am 17. 02. 2013 zum Angelus-Gebet am Petersplatz gekommen.

EPA/CLAUDIO PERI

Letzter ausländischer Staatsgast

Samstagmittag empfing Benedikt XVI. seinen letzten ausländischen Staatsgast - sieht man von Italien ab -, den Guatemalteken Otto Fernando Perez Molina. Das seit längerem geplante Gespräch erfolgte in gleichem Stil und Rahmen wie die Begegnung mit Hunderten von Staatsgästen zuvor: Im Mittelpunkt standen aktuelle Fragen des Landes - Kampf gegen Armut, Drogenhandel, organisierte Kriminalität - und die Rolle sowie der Beitrag der Kirche in der Region.

Am Samstagabend stand dann eine Audienz für Mario Monti, den amtierenden Regierungschef seines Gast- bzw. Nachbarlandes Italien auf dem Programm. Genau eine Woche später kommt Staatspräsident Giorgio Napolitano. Für den Bürgermeister der Stadt Rom ist unterdessen keine eigene Audienz mehr vorgesehen.

Fastenexerzitien

Am Sonntagabend zieht sich Benedikt XVI. zu den traditionellen einwöchigen Fastenexerzitien mit der Kurie zurück. Dort hört er täglich drei Meditationen, die der vatikanische Kulturminister Kardinal Gianfranco Ravasi vorbereitet hat. Allerdings wird er auch in dieser Zeit täglich die Unterschriftenmappe mit aktuellen Vorgängen abarbeiten, die sein Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein ihm vorlegt.

Auch in seiner letzten Arbeitswoche folgt Benedikt XVI. seinem bisherigen Arbeitsschema. Für Montag, den 25. Februar sind Audienzen mit „einigen Kurienkardinälen“ vorgesehen, vermutlich den Präfekten der Glaubens- und der Bischofskongregation, die ihren täglich festen Audienztermin beim Papst haben.

Ob und welche Anweisungen oder Ernennungen der Papst bei diesen Terminen noch verfügt, ist offen. Vatikan-Kenner erinnern sich, dass in den letzten Lebenstagen von Johannes Paul II. noch eine Fülle von Bischofsernennungen verfügt wurden. Nicht nur in Österreich stehen mit Graz, Feldkirch und Salzburg Bischofsernennungen bevor, auch in der deutschen Heimat des Papstes warten die Katholiken in Erfurt wie jene in Passau auf einen neuen Bischof, berichtet Kathpress.

Letzte Entscheidungen

Benedikt XVI. könnte demnach noch in einer Frage entscheiden, in der Beobachter im Papstwahlrecht Interpretationsspielraum erkennen: ob im Fall einer nicht durch Papsttod entstandenen Sedisvakanz der Konklavebeginn vorgezogen werden könnte. Laut Wahlordnung muss die Papstwahl zwischen dem 15. und dem 20. Tag nach Beginn der Sedisvakanz eröffnet werden, um den Teilnehmern die Anreise zu ermöglichen. Vielleicht entscheidet Benedikt XVI. noch darüber. Denn dann wäre es noch wahrscheinlicher, dass zu Ostern ein neuer Papst den Festtagssegen „Urbi et orbi“ spendet.

Mehr dazu in Papst-Wahl: Konklave ab dem 15. März

Mittwoch-Audienz

Zur letzten öffentlichen Mittwoch-Audienz werden am Vortag Besucherzahlen erwartet, die an die kirchlichen Hochfeste Weihnachten und Ostern heranreichen. Es dürften 100.000 vielleicht sogar 150.000 Menschen sein, die den Papst bei seinem letzten öffentlichen Auftritt direkt erleben wollen.

Gegen 17.00 Uhr besteigt Benedikt XVI. in den vatikanische Gärten den Hubschrauber, der ihn und die Mitglieder seines Haushalts an den päpstlichen Sommersitz Castel Gandolfo bringt. Dort dürfte er sich bei der Ankunft kurz am Balkon seines Palazzos zeigen und seine Mitbewohner der Kleinstadt kurz begrüßen. Und dort wird man ihn vermutlich zum letzten Mal in der weißen Papstsoutane sehen. Denn diese Farbe bleibt dann seinem Nachfolger vorbehalten. Ob der emeritierte Bischof von Rom künftig den schwarzen Talar des Priesters, ein violettes Bischofs- oder ein rotes Kardinalsgewand trägt, steht noch nicht fest.

Mehr dazu in Freiwilliges „Gefängnis“ oder „Schatten-Papst“?

APA, KAP

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