„Vatileaks“ - Kardinal Pell fordert Infos zu Geheimdossier

Medienspekulationen über ein vertrauliches Kardinalsdossier zu der Affäre „Vatileaks“ belastet offenkundig immer mehr auch die Kardinäle, die sich an der Wahl eines neuen Papstes beteiligen werden.

Der australische Kardinal George Pell forderte nach Angaben der römischen Tageszeitung „La Repubblica“ in der Sonntag-Ausgabe eine offizielle Stellungnahme des Vatikans zum Dossier. „Wenn das Dossier das enthält, was die italienischen Zeitungen behaupten, ist eine tiefgreifende Reform der römischen Kurie und des Vatikans dringend notwendig“, wurde Pell von „La Repubblica“ zitiert. Die Ansicht von Kardinal Pell teilen angeblich auch mehrere andere Kardinäle, vor allem aus den USA, so das Blatt.

Kardinal George Pell und Papst Benedikt in Sydney im Jahr 2008.

REUTERS/Dean Lewins/Pool

Kardinal George Pell und Papst Benedikt in Sydney im Jahr 2008

Rücktritt wegen Korruption?

„La Repubblica“ hatte am Donnerstag berichtet, Benedikt sei wegen des Ausmaßes der „Vatileaks“-Affäre um von seinem Schreibtisch gestohlene Dokumente, Sex und Korruption zurückgetreten. Mehr dazu in: Offene Fragen nach „Vatileaks“ und Papst-Rücktritt. Drei vom Papst für Ermittlungen in der „Vatileaks“-Affäre beauftragte Geistliche - die bereits emeritierten Kardinäle Julian Herranz, Jozef Tomko und Salvatore De Giorgi - hatten am 17. Dezember dem Papst ihren zweiten Geheimbericht vorgelegt. Dieser, so die Ansicht italienischer Medien, soll wesentlich für den Rücktritt Benedikts ausschlaggebend gewesen sein.

Kaum Namen und wenig Fakten

Den Anstoß für die Skandal-Spekulationslinie hatte am 20. Februar die Zeitschrift „Panorama“ gegeben: Das im Report der drei Kardinalkommissare gezeichnete Bild vom Zustand der römischen Kurie sei so dramatisch gewesen, dass sich Benedikt XVI. daraufhin definitiv zum bereits angedachten Rücktritt entschlossen habe, so „Panorama“, allerdings ohne Namen oder Fakten zu nennen. Tage später griffen Zeitungen wie „Il Messaggero“ oder „Repubblica“ die These auf.

Papst trifft Kardinalkommissare

Als Beleg führten sie an, Benedikt XVI. werde am Montag ausgerechnet diese drei Kirchenkommissare nochmals zur Audienz empfangen. Das Treffen werde nicht nur ein Abschied vor dem Ende seines Pontifikats sein. „Obwohl das Treffen schon vor Wochen beschlossen worden war, wurde es nach der Rücktrittsankündigung des Papstes nicht abgesagt“, berichtete „La Repubblica“. Das bezeuge den Wert, den Benedikt auf das Treffen mit den Kardinälen lege.

Der Vatikan hat am Samstag vor einer Beeinflussung des Konklaves durch Falschmeldungen und Gerüchte gewarnt. Nach den Spekulationen um gestohlene Dokumente, Sex und Korruption kritisierte der Vatikan die Medien und wehrte sich gegen die Gerüchte. Es sei erbärmlich, dass es kurz vor Beginn der Papst-Wahl „eine Verbreitung von oft ungeprüften, nicht verifizierbaren oder sogar falschen Nachrichten“ gebe, die großen Schaden für Personen und Institutionen verursache, hieß es am Samstag in einer Erklärung des vatikanischen Staatssekretariats.

Vatikan spricht von Verleumdung und Desinformationen

Papst-Sprecher Federico Lombardi beklagte in einem Editorial für Radio Vatikan „Verleumdung und Desinformationen“. Einige versuchten, den Moment der Überraschung nach dem angekündigten Rücktritt von Papst Benedikt XVI. für Diffamierungen und Falschinformationen zu nutzen. Es werde „inakzeptabler Druck“ ausgeübt. „In den meisten Fällen haben die Richter, die scharfe moralische Urteile abgeben, nicht die geringste Autorität dazu“, sagte Lombardi.

APA

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