Jesuit Bergoglio ist neuer Papst

Der argentinische Jesuit Jorge Mario Bergoglio ist der neue Papst der römisch-katholischen Kirche. Franziskus ist der erste Jesuit im Papst-Amt und auch der erste nicht europäische Papst der Neuzeit.

Die römisch-katholische Kirche erlebt eine doppelte Premiere: Zum ersten Mal in der Geschichte gibt es einen Papst, der aus Südamerika kommt. Und zum ersten Mal bekleidet ein Mitglied des Jesuitenordens das höchste kirchliche Amt. Der Argentinier Jorge Mario Bergoglio wurde am Mittwochabend im fünften Wahlgang zum Papst gewählt. Bisher war der 76-Jährige Erzbischof von Buenos Aires. Bergoglio wird als Papst Franziskus heißen, er ist der erste Papst, der diesen Namen gewählt hat.

Angeblich schon 2005 Zweiter

Bergoglio ist für die meisten Vatikan-Experten eine Überraschung, obwohl er laut einem „Tagebuch“, das einer der Kardinäle aus dem Konklave 2005 herausgeschmuggelt haben soll, damals nach Joseph Ratzinger die meisten Stimmen erhalten haben soll. Sein Rückzug habe den Weg für den späteren Papst Benedikt XVI. geebnet, so das Dokument.

Der neue Papst auf der Loggia des Petersdoms

REUTERS/Stefano Rellandini

Kurz nach 20.00 Uhr trat der neue Papst erstmals vor die Gläubigen

Wie viele seiner Landsleute besitzt der neue Papst auch heute neben der argentinischen auch die italienische Staatsbürgerschaft und spricht Spanisch und Italienisch, dazu nach einem Dissertationsaufenthalt in Deutschland 1985 auch etwas Deutsch. Der diplomierte Chemiker gilt als Multitalent - guter Koch, Opernliebhaber, Freund der griechischen Klassik, Shakespeares und Dostojewskis, guter Schwimmer und kräftig, obwohl er seit seiner Kindheit mit Lungenproblemen kämpfte. 2010 durchlebte er eine schwere Grippe, von der er sich allerdings wieder erholt hat.

Bergoglio gilt als bescheiden, volksnah und als ökologisch denkender Mensch. Als „Kardinal der Armen“ nutzt er meist öffentliche Verkehrsmittel und verzichtet auf bischöflichen Prunk. Diesen Eindruck bestätigte er auch bei seinem ersten Auftritt auf der Loggia am Petersdom.

Bescheidener Auftritt

„Brüder und Schwestern, guten Abend“, begrüßte der neu gewählte Papst die Gläubigen auf dem Petersplatz. Bloß mit weißer Soutane und ohne Stola war er auf dem Balkon des Petersdoms erschienen. Er dankte in seinen ersten Worten allen Versammelten für ihr Kommen und beschrieb sich selbst als Papst „beinahe vom Ende der Welt“. Gleich darauf bat er um das Gebet für seinen Vorgänger, den emeritierten Papst Benedikt XVI., wofür er das Vaterunser und ein Ave Maria anstimmte.

Die Kirche sei ein Weg der Geschwisterlichkeit und der Liebe, betonte der Papst. „Beten wir füreinander und beten wir für die ganze Welt“, so sein Aufruf, dem eine Verneigung in Stille und schließlich der aspostolische Segen „Urbi et orbi“ folgte, nachdem der Papst die ihm allein vorbehaltene Stola angelegt hatte. Er beendete seine Ansprache mit den Worten: „Gute Nacht und schlaft gut.“

Sohn italienischer Einwanderer

Bergoglio wurde am 17. Dezember 1936 als Sohn italienischer Einwanderer geboren. Sein Vater war Bahnangestellter in der argentinischen Hauptstadt. Dort ging Bergoglio auf eine technische Schule. Mit 21 Jahren ging er ins Priesterseminar und trat in den Jesuitenorden ein.

Papst Franziskus

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Bisher war Bergoglio Erzbischof von Buenos Aires

Kurz nach seiner Priesterweihe 1969 brachte er es zum Provinzial seiner Ordensgemeinschaft in Argentinien (1973). Später Theologieprofessor, wurde er 1992 zum Erzbischof-Koadjutor von Buenos Aires, 1998 zu dessen Erzbischof ernannt. 2001 machte ihn Papst Johannes Paul II. zum Kardinal, der zuletzt Mitglied in der Lateinamerika-Kommission, des Familienrates, der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung und der Kongregation für die Ordensleute war.

Gemäßigt und dialogbereit

Theologisch ist der Ordensmann als eher gemäßigt und dialogbereit einzuordnen, zudem steht er der konservativen und sozial engagierten Bewegung „Communione e Liberazione“ nahe. Seine vergleichsweise wenigen Worte haben Gewicht im traditionell katholischen Argentinien, in dem sich 90 Prozent der 40 Millionen Einwohner zum katholischen Glauben bekennen. Zu Weihnachten und Ostern besucht Bergoglio ein Krankenhaus für arme Kinder oder ein Gefängnis, wäscht den Kranken oder Gefangenen die Füße, doch sind öffentliche Auftritte nicht seine Sache: Bergoglio ist wortkarg und medienscheu. Dennoch betreibt der Kardinal seit einiger Zeit eine eigene Facebook-Seite.

Bergoglios Rolle während der Militärdiktatur (1976 bis 1983) ist wie die der gesamten katholischen Kirche Argentiniens nicht unumstritten. Die Kirche, der ein enormes Gewicht in der fast ausschließlich katholischen Bevölkerung zukommt, trat nicht eindeutig für die Wahrung der Menschenrechte ein, während die Militärs Tausende Menschen in geheimen Folterlagern umbringen ließen. Bergoglio entschuldigte sich allerdings später für die Rolle der Kirche während der Diktatur.

Mit dem ehemaligen argentinischen Präsidenten Nestor Kirchner gab es immer wieder heftige Konflikte. Ein Hauptstreitpunkt war die Sozial- und Sexualpolitik: So hatte Kirchner etwa gegen den Wunsch des Vatikans einen argentinischen Militärbischof entlassen, der sich kritisch zur Abtreibungspolitik geäußert hatte.

Gegen gleichgeschlechtliche Ehe

Im Jahr 2010 kritisierte der Erzbischof von Buenos Aires die argentinische Regierung in einem Brief. Bezugnehmend auf die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe schreibt er von einem „echten und bitteren anthropologischen Rückfall“. Und in einem Brief an die Klöster von Buenos Aires setzt er bezüglich homosexueller Partnerschaft nach: „Lasst uns nicht naiv sein, wir reden nicht von einem einfachen politischen Schlagabtausch; es ist eine destruktive Anmaßung gegen den Plan Gottes.“

religion.ORF.at/APA/KAP

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