Bischofssynode will über „heiße Eisen“ reden

Der Vatikan hat am Donnerstag ein Arbeitspapier für die Bischofssynode im Herbst veröffentlicht. Themen werden wiederverheiratete Geschiedene, Homosexualität, Empfängnisverhütung und Abtreibung sein.

Die katholische Kirche will über Konsequenzen, die von der Kluft zwischen kirchlichem Familienbild und Lebenspraxis vieler ihrer Gläubigen herrühren, beraten. Wie aus dem Arbeitspapier (Instrumentum laboris) hervorgeht, sehen viele Bischöfe Gesprächsbedarf etwa bei den Themen wiederverheiratete Geschiedene, Homosexualität und Empfängnisverhütung. Zudem machten sie konkrete Vorschläge für eine Vereinfachung von Ehenichtigkeitsprozessen.

Das Dokument wurde am Donnerstagvormittag im Vatikan bei einer Pressekonferenz von drei Kardinälen - Lorenzo Baldisseri (Kurie), Andre Vingt Trois (Paris) und Peter Erdö (Budapest) - vorgestellt. Dabei wurde die große Dynamik hervorgehoben, die den gesamten Prozess der Vorbereitung dieses Großevents prägt, das im kommenden Oktober über die Bühne gehen soll. Das zeigte sich auch daran, dass hunderte Medienvertreter in den Pressesaal gekommen waren, um an der Präsentation teilzunehmen.

Leitfaden für Diskussionen

Das Papier will als Leitfaden für die katholischen Bischöfe der ganzen Welt zur Vorbereitung auf die Synoden-Vollversammlung zum Thema Ehe/Familie/Ehepastoralpraxis im Oktober dienen. In dem Text werden viele Situationsschilderungen, Anregungen und Kritikpunkte aus allen Kontinenten zusammengefasst, die im Zusammenhang mit Leben und Glaubenspraxis von kirchen-gebundenen, aber auch kirchen-fernen Paaren, Familien, Kindern und Jugendlichen stehen. Auch die Lage von Homosexuellen wird erörtert.

Bischofssynode

APA/EPA/ANSA/Claudio Peri

Ein Teil der Bischöfe plädiert für Änderungen der kirchlichen Praxis

Grundlage für den Text sind die Antworten auf die Fragebögen, die der Vatikan im November an Bischofskonferenzen und Ordens-Generalate in aller Welt verschickt hat. Diese gaben sie oft Pfarren weiter oder stellten sie online, sodass sich im Endeffekt Zigtausende beteiligen. Die Antworten auf diese „Familienumfrage“ bestätigten eine „Kluft zwischen Lehre und Leben“, wie damals berichtet wurde. Die österreichischen Ergebnisse - mehr als 30.000 Antworten - wurden im Jänner 2014 im römischen Synoden-Sekretariat abgegeben.

Bischöfe für behutsame Aktualisierungen

Die Kenntnis der kirchlichen Positionen zur Familie sei „allgemein eher spärlich“, heißt es im Instrumentum laboris. Auch viele Katholiken, denen sie vertraut seien, hätten Schwierigkeiten, sie „ganz anzunehmen“. Die Bischöfe plädieren demnach teils für behutsame Aktualisierungen oder Änderungen der kirchlichen Praxis, teils für eine bessere Vermittlung ihrer Lehre sowie eine Konzentration auf das Wesentliche.

Für den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen haben laut dem Dokument „einige“ Bischofskonferenzen vorgeschlagen, „den Weg zu einer zweiten oder dritten Ehe mit Bußcharakter“ zu prüfen. Vorbild könne die Praxis einiger orthodoxer Kirchen sein. Die Nichtzulassung zu den Sakramenten, wie sie die kirchliche Lehre festlege, werde von den Gläubigen nicht verstanden. Die betroffenen Katholiken weigerten sich offenbar, ihre Situation als „irregulär“ anzuerkennen, so das Arbeitspapier.

„Differenziertere Sicht“ auf Homosexualität

Viele Bischofskonferenzen fordern für die Synode zudem einen Dialog mit den Humanwissenschaften, „um eine differenziertere Sicht des Phänomens der Homosexualität entwickeln zu können“.

Mit Blick auf die kirchliche Verurteilung der künstlichen Empfängnisverhütung wird festgehalten, dass sie heute von der „vorherrschenden Mentalität als Einmischung in das Intimleben des Paares und Einschränkung der Gewissensfreiheit empfunden“ werde. Nach dem Willen der Bischofskonferenzen solle die Synode dabei helfen, „jenseits jeden Moralismus“ wieder den „tiefen anthropologischen Sinn der Moral des Ehelebens“ zu entdecken.

Gewalt und sexueller Missbrauch Themen

Das Arbeitspapier soll eine weltweite Bestandsaufnahme der Lebenspraxis von Katholiken und der daraus resultierenden Herausforderungen für die Kirche bieten, so das Synodensekretariat im Vorwort. Weitere Themen sind etwa Abtreibung, die Unterstützung lediger Mütter, Gewalt und sexueller Missbrauch in Familien, Konsequenzen aus den großen Migrationsbewegungen sowie die Weitergabe des Glaubens an die jungen Generationen in religionsfernem Umfeld.

Bischofssynode im Herbst

Papst Franziskus hatte vor acht Monaten überraschend für Oktober 2014 eine Sonderbischofssynode zur Familienpastoral einberufen. Vom 5. bis 19. Oktober werden etwa 300 Repräsentanten aller Ortskirchen gemeinsam im Vatikan über „Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Rahmen der Evangelisierung“ beraten.

Widerstand gegen die kirchliche Lehre gebe es unter Katholiken „in verschiedenen Graden“, insbesondere gegen die kirchlichen Positionen zu Geburtenkontrolle, Scheidung, Wiederheirat, Homosexualität, Zusammenleben ohne Trauschein, Treue und In-vitro-Fertilisation, so das Dokument. Demgegenüber sei die prinzipielle Lehre über die Würde des menschlichen Lebens „weiter verbreitet“ und „auch im größeren Ausmaß anerkannt“.

Einfachere Annullierungen

Mit Blick auf eine Nichtigkeitserklärung von Ehen (Annullierung) plädierten viele Bischofskonferenzen in bestimmten Fällen für die Möglichkeit, diese in bestimmten Fällen auch auf dem Verwaltungsweg herbeiführen zu können, anstelle des bisher erforderlichen Prozesses in zwei Instanzen, führt das Arbeitspapier aus. Zudem forderten sie eine Öffnung des kirchlichen Richteramtes für Laien, mehr Kompetenzen für den Ortsbischof sowie eine Senkung der Verfahrenskosten.

Auch die grundsätzliche Notwendigkeit von zwei gleichlautenden Urteilen für eine Ehenichtigkeitserklärung werde infrage gestellt. Allerdings gebe es auch Bedenken, dass dadurch die Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe verwässert werde.

religion.ORF.at/KAP

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