Schnuderl: Kirche muss politischer werden

Die Kirche muss in den Augen des Grazer Diözesanadministrators Heinrich Schnuderl politischer werden, wie er in seinem ersten Interview nach der Wahl zum Interimsleiter der Diözese Graz-Seckau sagte.

Ohne sich vereinnahmen zu lassen, müsse sie in Gesellschaftsfragen stärker als bisher eindeutig Position beziehen - „aber nicht im Sinne der Parteipolitik und im Wissen, dass wir eine Stimme unter vielen sind“, so Schnuderl im Gespräch mit der „Presse“ (Freitag-Ausgabe). Zu lange habe sich die Kirche in Österreich darauf verlassen, dass das Land „eh katholisch ist“, so Schnuderl.

Christen werden „nicht geboren“

Sie habe dabei vergessen, dass Christen „nicht geboren werden“. Kirche müsse jedoch einladend sein, in den Dialog mit Nichtchristen treten und „in jeder Zeit das Evangelium neu verkündigen“. Impulse und die nötige „neue Sprache“ dafür zeige Papst Franziskus auf: „Es geht nicht nur darum, dogmatisch völlig korrekt zu sein. Der Glaube muss auch Freude machen.“

Heinrich Schnuderl

Sonntagsblatt/Gerd Neuhold

Heinrich Schnuderl

Der Papst sei es auch, der die Kirche auf von ihr „noch nicht entdeckte“ Themen aufmerksam mache, wobei Schnuderl die Friedensförderung oder das Leben in der Realität einer multikulturellen Gesellschaft als Beispiele anführte. „Wir haben uns, was Reformen betrifft, zu lange mit der Innenarchitektur beschäftigt“, so der Diözesanadministrator. Nun sei es notwendig, „über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, oder, wie es der Papst sagt, an die Grenzen zu gehen“, Nachsatz: „Da gehört auch in der Kirche in Österreich einiges erneuert.“

Der Diözesanadministrator sagte, dass jede Kirchenlehre immer im Bezug zur Existenz Gottes und zur Auferstehung Jesu - der „Grundüberzeugung des Glaubens“ - stehen müsse. Würde demnach nicht eine „Hierarchie der Wahrheiten“ erkannt, gerate die Kirche in die Gefahr des Sektierertums oder eines Festlegens auf „Orchideenthemen“.

Sakramente für Wiederverheiratete

Mit Blick auf die bei der diesjährigen Familiensynode anstehende Diskussion über wiederverheiratete Geschiedene erklärte Schnuderl, er sei „nicht dafür zu sagen, Scheidung ist egal, kommt alle, wie ihr wollt“. Seien aber Menschen nicht in der Lage, das hohe Gut des Ehesakraments aufrecht zu erhalten, brauche es Möglichkeiten dafür, „dass Menschen voll versöhnt mit der Kirche auch am kirchlichen Leben teilnehmen können“. Hätten sie dabei „echtes Verlangen“ nach Zulassung zu den Sakramenten, solle auch dies ermöglicht werden.

Hoffen auf baldige Vatikan-Entscheidung

Die vierjährige Verlängerung der Amtszeit Egon Kapellaris kommentierte Schnuderl damit, dass Papst Benedikt XVI. „große Wertschätzung“ für den nunmehrigen Altbischof gehegt habe. Nachdem jedoch Franz Lackner Erzbischof in Salzburg wurde - Kapellari habe ihn als Nachfolge-Kandidat aufgebaut - halte er die weiterhin ausstehende Entscheidung des Vatikan für Graz für „schon sehr verwunderlich“. „Ich weiß die Gründe nicht, warum das so lange dauert“, so Schnuderl; an einer baldigen Entscheidung sei er im Hinblick auf die Vorhaben in der Diözese „jedoch sehr interessiert“.

Der nächste Bischof für die territorial größten Diözese Österreichs müsse „jemand sein, der die Vielfalt nicht nur geografisch, sondern auch, was die Mentalität betrifft, zur Kenntnis nimmt“, betonte Schnuderl. Gebe es für ihn auch nicht den Ausschlag, dass es sich um einen Steirer handle, wäre eine „eigene gemeinsame Geschichte“ mit der steirischen Kirche dennoch vorteilhaft. Er selbst rechne aufgrund seines Alters - 71 Jahre - nicht mit einer Bestellung.

religion.ORF.at/KAP

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