Iran: Gott in der Verfassung

Im Iran sind Politik und Religion untrennbar miteinander verbunden. Mit demokratischen Systemen nach westlichen Standards hat die Islamische Republik, deren Verfassung sich auf den Islam beruft, wenig gemeinsam.

„Die Verfassung der Islamischen Republik Iran strebt eine Gestaltung der kulturellen, sozialen, politischen und ökonomischen Institutionen der iranischen Gesellschaft nach den Grundsätzen und Regeln des Islam an“, lautet die Präambel zur Verfassung. Seit der Islamischen Revolution von 1979 hält der schiitische Klerus die Fäden der Macht fest in der Hand. Oberster Führer des Landes wurde nach dem Sturz des Schahs 1979 der Revolutionsführer Großajatollah Ruhollah Chomeini. Ihm folgte nach seinem Tod 1989 der heute 76-jährige Ajatollah Ali Chamenei.

Der auf Lebenszeit ernannte Revolutionsführer oder oberste geistliche Führer stellt die höchste Autorität dar und steht laut Verfassung über dem Gesetz. Er wird vom Expertenrat auf Lebenszeit gewählt. Der Expertenrat, eine Versammlung aus 88 Geistlichen (zwei Sitze sind derzeit vakant), bestimmt den mächtigen Revolutionsführer, soll seine Handlungen überwachen und kann ihn theoretisch auch entlassen. Das Gremium wird alle acht Jahre vom Volk gewählt.

Wächterrat bestimmt Kandidaten für Wahlen

Der Religiöse Führer (persisch: Rahbar) bestimmt die Richtlinien der Politik, bestätigt den Präsidenten, ist Oberkommandierender der Armee und der Revolutionsgarden (Pasdaran) und ernennt den obersten Richter. Der Revolutionsführer bestimmt auch die Mitglieder des Wächterrats, der aus sechs Geistlichen und sechs Juristen zusammengesetzt ist. Letztere schlägt der oberste Richter vor. Das einflussreiche konservative Gremium prüft alle neuen Gesetze auf ihre Vereinbarkeit mit islamischem Recht. Kandidaten zu Wahlen werden nur zugelassen, wenn der Rat sie für religiös und politisch zuverlässig hält.

Irans Ajatollah Ali Chamenei

Reuters/Raheb Homavandi

Ajatollah Ali Chamenei

Ali Chamenei wurde 1939 in der Stadt Maschhad geboren. 1962 schloss er sich der islamischen Bewegung Ajatollah Chomeinis an. In der Schah-Zeit saß er drei Jahre hinter Gittern. 1981 überlebte er nur knapp einen Bombenanschlag, Anhänger verehren ihn seitdem als „lebenden Märtyrer“. 1981 wurde er zum Präsidenten gewählt, nach dem Tod Chomeinis 1989 wurde Chamenei dessen Nachfolger.

So darf etwa der Enkel von Ajatollah Ruhollah Chomeini, Hassan Chomeini, nicht zur aktuellen Wahl, bei der sowohl das Parlament als auch der Expertenrat neu gewählt werden, antreten. Der als Reformer geltende Chomeini hatte für den Expertenrat kandidieren wollen. Grund für den Ausschluss sei, dass der mächtige Wächterrat nicht die „religiösen Kompetenzen“ von Hassan Chomeini habe überprüfen können. Der als Reformer geltende Chomeini war Anfang Jänner nicht zu einem vom Wächterrat angesetzten Religionstest in seiner Heimatstadt Ghom erschienen, an dem rund 400 andere Kandidaten teilnahmen.

Schlichtungsrat vermittelt

Die vom Revolutionsführer bestimmten knapp 30 Mitglieder des Schlichtungsrats vermitteln in Streitfällen zwischen Wächterrat und Parlament. Der Präsident der Republik Iran wird vom Volk für vier Jahre gewählt. Eine zweite Amtszeit ist möglich. Er ernennt die Minister. Die 290 Abgeordneten des Einkammerparlaments (Madschlis) werden alle vier Jahre vom Volk gewählt. Sie bestätigen das Kabinett und können den Präsidenten per Misstrauensvotum abwählen.

Für religiöse Minderheiten sind im iranischen Parlament Sitze reserviert, zwei Sitze für die Armenier und je ein Sitz für Juden, Zoroastrier und Assyrer. Sie sind aber nur für legislative Belange ihrer jeweiligen Religionsgruppen verantwortlich und politisch praktisch nicht engagiert. Offiziell nicht als religiöse Minderheit anerkannt ist die Religionsgemeinschaft der Bahai, die im Iran seit Jahren unter Verfolgung leiden.

religion.ORF.at/APA/dpa/AFP

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