Diplomatie: Papst empfing iranischen Präsidenten

Papst Franziskus hat am Dienstag den iranischen Präsidenten Hassan Rouhani empfangen. Die beiden sprachen rund 40 Minuten lang über das Atomabkommen sowie die Rolle des Iran bei der Suche nach politischen Lösungen im Nahen Osten.

Der iranische Präsident unternahm diese Woche nach Aufhebung der Sanktionen gegen sein Land seine erste Reise im Westen. Rouhani war am Montag in Rom eingetroffen. Die Audienz im Vatikan gilt politisch wie religiös als wichtige Begegnung. Rouhani, ein schiitischer Rechtsgelehrter, komme als Geistlicher zum Papst, nicht als Politiker, hieß es aus der iranischen Botschaft. Schärfste Sicherheitsvorkehrungen wurden anlässlich des Treffens ergriffen.

Das etwa 40 Minuten lange Treffen, an dem auch eine iranische Delegation aus Ministern und Diplomaten teilnahm, galt als Höhepunkt der viertägigen Europareise des Staatschefs. Rouhani und Franziskus hätten unter anderem über das Atomabkommen gesprochen, so wie auch über die wichtige Rolle, die der Iran nun bei der Suche nach politischen Lösungen für die Gewalt in Nahost spielen könne, teilte der Vatikan mit. Dabei seien sich beide einig gewesen, dass für den Frieden der Dialog zwischen den Religionen sowie Toleranz sehr wichtig seien.

Der iranische Präsident Hassan Rouhani (rechts) wird von Papst Franziskus (links) begrüßt

Reuters/Andrew Medichini/Pool

Papst Franziskus und der iranische Präsident Hassan Rouhani

Geschenke: Teppich und Medaillon

Rouhani habe dem Papst einen handgewebten Teppich und ein Buch mit persischen Miniaturen geschenkt, der Papst habe die Geste mit einem Medaillon des heiligen Martin erwidert. „Dies ist eine Darstellung von Martin, der den Mantel teilt, um einem Armen zu helfen“, zitierte die Nachrichtenagentur Ansa den Pontifex. „Es ist ein Zeichen der Brüderlichkeit.“

Den Atomvertrag im Juli hatte der Vatikan als wichtiges Ergebnis gelobt, aber auch eine konsequente Umsetzung gefordert. Im Syrien-Konflikt spielt der Iran eine Schlüsselrolle als wichtigster Verbündeter des Assad-Regimes neben Russland. Der Vatikan hat mehrfach Waffenlieferungen an die Konfliktparteien verurteilt.

Nackte Statuen verhüllt

Aus Respekt für die iranische Kultur und den Glauben des iranischen Präsidenten verhüllten die Behörden in Roms Kapitolinischen Museen mehrere nackte Statuen. Zahlreiche Nachrichtenseiten veröffentlichten am Dienstag im Internet Fotos von schrankähnlichen Konstruktionen, hinter denen die Skulpturen verschwanden. Mitte-rechts-Parteien in Italien klagten danach über eine „lächerliche Unterlegung“ gegenüber dem Islam.

Rouhani hatte am Montagabend den italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi auf dem Kapitolshügel getroffen und war später in den Museen vor die Presse getreten. Aus Rücksicht auf den muslimischen Glauben Rouhanis sei beim Abendessen auch kein Wein serviert worden, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa.

Der iranische Präsident Hassan Rouhani (links) wird von Erzbischof Georg Gänswein begrüßt

Reuters/Tony Gentile

Der iranische Präsident Hassan Rouhani (links) wird von Erzbischof Georg Gänswein (rechts) begrüßt

Die Reise war schon für Mitte November geplant, wurde dann aber wegen der Terroranschläge von Paris verschoben. Es ist erst das zweite Treffen eines amtierenden iranischen Präsidenten mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche. 1999 hatten Präsident Mohammad Khatami und Papst Johannes Paul II. (1978-2005) eine Unterredung im Vatikan.

Zeitpunkt der Reise „bedeutsam“

Nicht nur der Besuch von Hassan Rouhani beim Papst, sondern auch dessen Moment sei „bedeutsam“, erklärte der französische Priester und Iran-Spezialist beim Päpstlichen Dialograt, Francois Bousquet, gegenüber Radio Vatikan. Schließlich sehe man den Iran in dieser Zeit zurückkehren auf die internationale Bühne. Das Prestige des Papstes sei auf internationaler Ebene „so groß, dass das sogar für die Iraner selbst wichtig ist, dass ihr Präsident ausgerechnet den Papst trifft.“

Der Dialog zwischen Iran und Vatikan sei jedoch bereits alt, „und er ist bedeutsam für die Zukunft“, verwies Bousquet auf die bereits seit 1953 bestehenden diplomatischen Beziehungen, die von beiden Seiten auch über die Konflikte des Landes hindurch aufrecht gehalten wurden.

Spekulationen über Iran-Reise

Die römische Tageszeitung „La Repubblica“ veröffentlichte am Montag Spekulationen über eine mögliche Einladung Rouhanis an Franziskus zu einem Iran-Besuch. Im Päpstlichen Staatssekretariat gebe es aber keine Signale in diese Richtung. Laut „Repubblica“ könnte ein Iran-Besuch des Papstes mit einem Armenien-Besuch kombiniert werden. Papst Franziskus sei bereits mehrfach sowohl vom armenischen Präsidenten Serge Sarkissian als auch vom armenisch-apostolischen Katholikos-Patriarchen Karekin II. nach Jerewan und Etschmiadzin eingeladen worden.

Die Kombination mit einem Iran-Besuch sei insofern naheliegend, als der Iran das einzige Nachbarland Armeniens ist, mit dem Jerewan gutnachbarliche Beziehungen unterhalten kann. Zudem verwies die „Repubblica“ darauf, dass Armenien auch ein intensives Naheverhältnis zum politischen und kirchlichen Moskau unterhält, was im Hinblick auf die Beziehungen zwischen Papst Franziskus und Patriarch Kyrill von großer Bedeutung sei.

Papst für Teheran wichtig

Im Vorfeld der Begegnung Rouhanis mit dem Papst hatte der iranische Botschafter in Rom, Jahan-Bakhsh Mozaffari, unterstrichen, dass für Teheran der Papst und der Heilige Stuhl von „außerordentlicher Bedeutung“ seien. Die Beziehungen zwischen Teheran und dem Vatikan seien ausgezeichnet, es gebe einen „ständigen Austausch von Delegationen“. So wurden etwa vor dem Besuch Rouhanis im Vatikan inhaftierte Pastoren evangelikaler Hauskirchen freigelassen. Die Hauskirchenbewegung nimmt im Iran ständig zu, was bei den Hardlinern des Regimes große Besorgnis auslöst.

Im religiösen Bereich wird auch offiziell der Dialog mit der katholischen Kirche gesucht. An der Islamisch-Theologischen Fakultät in Qom besteht ein eigenes Institut, das sich diesem Thema widmet. An diesem Institut wurde auch - in Zusammenarbeit mit der Apostolischen Nuntiatur in Teheran - eine Übersetzung des katholischen Weltkatechismus ins Persische (Farsi) erstellt.

religion.ORF.at/APA/KAP/dpa

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