Kritik an EuGH-Urteil zu Verbot religiöser Symbole

Die islamischen Verbände in Deutschland haben die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zum potenziellen Verbieten religiöser Symbole am Arbeitsplatz scharf kritisiert. Heftige Kritik kam erwartungsgemäß auch aus der Türkei.

Das Urteil stelle „in seinem Kern eine Abkehr von verbrieften Freiheitsrechten dar“, erklärte der Zentralrat der Muslime in Deutschland am Dienstag. Die Richter hätten das Tor für eine weitere Diskriminierung muslimischer Frauen in Europa geöffnet.

Der Europäische Gerichtshof hatte entschieden, dass Firmen ihren Mitarbeiterinnen das Tragen des islamischen Kopftuches verbieten dürfen. Voraussetzung ist aber, dass weltanschauliche Zeichen im Unternehmen generell verboten sind und dass es gute Gründe gibt. Geklagt hatten zwei muslimische Frauen aus Belgien und Frankreich, die wegen des Tragens des Kopftuchs entlassen worden waren.

„Entscheidung der Frau akzeptieren“

Der Generalsekretär der Türkisch-Islamischen Union (DITIB), Bekir Alboga, sagte am Rande einer Sitzung der Deutschen Islamkonferenz in Berlin, wer behaupte, Muslime könnten ihre Religion in Deutschland frei ausüben, dürfe Frauen nicht vorschreiben, wie sie sich zu kleiden hätten. Alboga erklärte: „Wenn eine Frau studiert hat, ihre Selbstständigkeit aufgebaut hat, und sich für eine Arbeit mit Kopftuch entscheidet, soll man doch diese Entscheidung der Frau als Individuum akzeptieren.“

„Wird Anti-Muslim-Trend stärken“

Die Türkei kritisierte das Urteil am Dienstag ebenfalls scharf. „Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Kopftuch heute wird nur den Anti-Muslim-Trend und die Fremdenfeindlichkeit stärken“, erklärte der türkische Präsidentensprecher Ibrahim Kalin am Dienstag über den Kurzbotschaftendienst Twitter. „Quo vadis Europa?“

Das Urteil fällt mitten in einen heftigen Streit zwischen der Türkei und mehreren EU-Staaten um Wahlkampfauftritte türkischer Minister, die vor Türken in Europa für die Einführung des Präsidialsystems bei dem Verfassungsreferendum am 16. April werben wollen. Mehrere deutsche Städte sowie die Niederlande und Österreich untersagten Auftritte, was in der Türkei auf wütende Kritik stieß.

EU-Sikhs äußerst besorgt

Äußerst besorgt hat sich der Verband der Sikhs in Großbritannien (Sikh Federation UK) zu dem EuGH-Urteil geäußert. Sikhs seine nun potentieller Diskriminierung ausgesetzt, da sie ein Armband aus Eisen (Kara) und einen kleinen symbolischen Dolch tragen, Männer auch Turbane. Zur Glaubenspraxis der Sikhs gehört auch das nichtgeschnittene Haar.

Sorgen mache man sich weniger über die Situation in Großbritannien, so der Verband, denn hier gebe es eine lange und gute Tradition der Vielfalt. Alarmiert sind sie mehr für die Sikhs in vielen anderen europäischen Ländern. Bhai Amrik Singh, der Vorsitzende der Sikh Federation sagte, „Dieses Urteil trifft das Herz der Sikh-Praxis“. Die Geschichte habe gezeigt, dass Sikhs alles opfern würden, für ihr Recht, ihr ungeschnittenes Haar und den Turban zu tragen.

religion.ORF.at/dpa/AFP

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