Armenier in der Türkei vor Lösung im Patriarchenstreit

Aram Atesyan (63), kommissarisches Oberhaupt der armenischen Christen in der Türkei, hat am Mittwoch seinen Amtsverzicht mitgeteilt. Dies öffnet möglicherweise den Weg zur Neuwahl eines Patriarchen.

Die Gemeinde habe „die nötigen Signale erhalten, um an den Wahlen weiterzuarbeiten“, heißt es in der Erklärung. Die armenische Gemeinde ist mit rund 60.000 Mitgliedern die größte christliche Minderheit der Türkei. Ihr Hauptsitz ist das Patriarchat im Istanbuler Stadtteil Kumkapi.

Emine Erdogan (L), Recep Tayyip Erdogan (2nd L), Ecumenical Patriarch Bartholomew (C), Armenian Orthodox Archbishop Aram Atesyan (

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Emine Erdogan, Frau von Recep Tayyip Erdogan und der ökumenische Patriarch Bartholomaios mit dem orthodoxen Armenischen Erzbischof Aram Atesyan

Neuwahl rechtlich unmöglich

Atesyan war 2010 berufen worden, nachdem das armenische Kirchenoberhaupt Patriarch Mesrob II. Mutafyan (60) schwer an Alzheimer erkrankt und amtsunfähig geworden war. Eine Genesung gilt als ausgeschlossen.

Seit Monaten gibt es Bestrebungen zur Wahl eines neuen Patriarchen. Das ist aber sowohl nach armenischem Kirchenrecht als auch nach türkischem Recht nicht möglich, solange der bisherige Amtsinhaber am Leben ist. Zudem muss der Kandidat türkischer Staatsbürger sein.

Fehlende Anerkennung durch die Regierung

Atesyans Ernennung zum geschäftsführenden Stellvertreter hatte die armenische Gemeinde gespalten. Nach armenischen Kirchenrecht ist zwar die Ernennung bzw. Wahl eines Ko-Patriarchen möglich, nicht aber die eines Stellvertreters.

Mitte März wurde zwar nach einer Schlichtung im armenischen Etschmiadzin ein Interimsleiter (Locum tenens) gewählt. Der Gewählte, der bislang für Deutschland und Westeuropa zuständige Erzbischof Karekin Bekciyan, wurde jedoch von der türkischen Regierung nicht anerkannt. Zur Begründung hieß es, es gebe ja bereits einen Stellvertreter. Mit Atesyans Rückzug könnte dieses Problem nun behoben sein.

Ein weiteres und tieferliegendes Problem ist aber, dass das türkische Gesetz religiöse Institutionen nicht als Rechtspersönlichkeiten anerkennt. Dies eröffnet immer wieder die Möglichkeit zu Interventionen der Regierung in Ankara.

religion.ORF.at/KAP

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