Kardinal in Venezuela: Verfassungsversammlung illegal

Der venezolanische Kardinal Jorge Urosa Savino hat seine Kritik bekräftigt, dass die vom sozialistischen Präsidenten Nicolas Maduro angeordnete Versammlung wertlos und illegal sei, weil sie nicht vom venezolanischen Volk einberufen worden sei.

Dies sagte der Erzbischof von Caracas laut Kathpress am Sonntag der Tageszeitung „El Universal“ zum Auftakt der Wahl zur Verfassungsgebenden Versammlung.

Kardinal Jorge Urosa

Reuters/Tony Gentile

Der venezolanische Kardinal Jorge Urosa Savino hat seine Kritik bekräftigt, dass die vom sozialistischen Präsidenten Nicolas Maduro angeordnete Versammlung wertlos und illegal sei, weil sie nicht vom venezolanischen Volk einberufen worden sei

Aufruf zu friedlichem Regierungswechsel

Zudem helfe die Verfassungsversammlung nicht, die drängenden Probleme des Landes zu lösen, sondern verschärfe die Konflikte. Urosa rief Regierung und Opposition erneut zu einem Dialog auf: Das Land wolle einen Regierungswechsel. Dies müsse auf friedlichem Wege erreicht werden.

Auch der weltweite Generalobere der Jesuiten und gebürtige Venezolaner Pater Arturo Sosa wandte sich mit einem deutlichen Appell für eine gewaltfreie Lösung der Krise an die Öffentlichkeit. „Schluss mit der Gewalt! Es ist nötig, durch eine ehrliche und wahrhaftige Vermittlung zu einem Programm der nationalen Einigung zu finden, damit man wirklich prioritär die Probleme angeht, wegen denen Millionen von Venezolanern heute leiden“, betonte Sosa am Wochenende in seinem über den Papstsender „Radio Vatikan“ lancierten Appell.

Mehrheit der Kandidaten mit Nähe zur Regierung

Bei dem Urnengang am Sonntag werden rund 500 Kandidaten für die Verfassungsgebende Versammlung gewählt, die nach Willen von Präsident Maduro die Machtverhältnisse im Zuge einer Verfassungsreform neu ordnen sollen.

Zur Wahl stehen rund 6.000 Kandidaten, die große Mehrheit mit sehr enger politischer, wirtschaftlicher und organisatorischer Nähe zu Maduros linker Regierungspartei PSUV. Eine Zusammensetzung ganz nach Wunsch Maduros ist so gut wie garantiert.

Kritik im Vorfeld der Wahl

Die Opposition, die katholische Kirche, Menschenrechtsorganisationen und zahlreiche lateinamerikanische Regierungen kritisierten die Wahl im Vorfeld als verfassungswidrig und forderten eine Absage. Vor zwei Wochen mobilisierte die Opposition mehr als sieben Millionen Venezolaner für eine symbolische Abstimmung gegen die verfassungsgebende Versammlung.

Seit Wochen gibt es in Venezuela Massenproteste gegen die sozialistische Regierung, die Anfang April vergeblich versuchte, das Parlament, in dem die Opposition seit den Wahlen 2015 die Mehrheit hat, auf juristischem Wege zu entmachten. Maduro regiert seit Jahren mit Hilfe von Sonderdekreten und Ausnahmezustand am Parlament vorbei. Zudem sind seitdem keine Regional- und Kommunalwahlen mehr durchgeführt worden, obwohl diese längst überfällig sind. Stattdessen ordnete Maduro im Mai die verfassungsgebende Versammlung an.

Ausschreitungen und Todesopfer im Zuge der Wahl

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft erhöhte sich die Zahl der Toten seit Ausbruch der Proteste im April zuletzt auf 112 Todesopfer. So kamen wenige Stunden vor der umstrittenen Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung erneut mindestens drei Menschen ums Leben.

Wie die Tageszeitung „El Universal“ am Sonntag berichtete, wurde ein Funktionär der Oppositionspartei Accion Democratica (AD) bei Protesten erschossen. Oppositionspolitiker machten Regierungskräfte für den Tod verantwortlich.

Wie die regierungskritische Tageszeitung „El Nacional“ bereits am Samstagabend (Ortszeit) berichtete, starb im Bundesstaat Merida ein Demonstrant an seinen Schussverletzten. Augenzeugen beschuldigten bewaffnete regierungsnahe Banden, für die Bluttat verantwortlich zu sein. Im Bundesstaat Bolivar wurde nach Informationen von „El Nacional“ ein regierungsnaher Kandidat für die verfassungsgebende Versammlung in seinem Haus erschossen.

Warnungen der venezolanischen Bischofskonferenz

Die Venezolanische Bischofskonferenz hatte jüngst in einer Stellungnahme zum Konflikt auch Maduros Projekt einer Verfassungsgebenden Versammlung eine deutliche Absage erteilt. In ihrem Statement warnte sie außerdem davor, der Präsident wolle eine Art marxistisches Regime einführen.

„Ich schließe mich den Stimmen, Absichten und Positionen der Bischöfe von Venezuela an“, sagt Jesuiten-General Sosa, der lange Jahre Politikwissenschaften in Caracas gelehrt hat, in seinem am Sonntag veröffentlichen Appell. Die Bischöfe seien einig untereinander und auf einer Linie mit den Ordensleuten Venezuelas. Sie hätten „sehr mutige Positionen geäußert“ und betont, dass die politische Priorität jetzt Maßnahmen gegen das Leiden der Menschen sein müssen.

Sosa betonte in seiner Stellungnahme nach Angaben von Radio Vatikan zunächst nicht so sehr das Politische, sondern wies vor allem auf die immer schwierigere Lage der Bevölkerung hin. „Die Menschen leiden im Moment, weil es an den grundlegenden Lebensbedingungen mangelt. Sie haben weder Nahrung noch Sicherheit, keine Medizin, keine funktionierende Schule - nichts, was zu einem normalen Leben gehört.“

Dann wurde der Ordensmann aber doch politisch: „Es geht darum, das Leiden der Menschen zu teilen, damit aus der Politik ein echtes Werkzeug wird, um die Probleme der Bevölkerung zu lösen, und nicht ein Ort des Kampfes um Macht oder Privilegien, die die Macht der einen oder anderen Gruppe verschaffen kann. Darum ist es nötig, einen wirklichen Dialog aufzunehmen. Einen Dialog, der in erster Linie das Leiden der Bevölkerung wahrnimmt und auch die verschiedenen Positionen in dieser Krisensituation.“

religion.ORF.at/KAP

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