Marx hofft auf Selbstverpflichtung der Bischöfe

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, wünscht sich als ein Ergebnis des Antimissbrauchsgipfels im Vatikan eine Selbstverpflichtung der Amtsträger.

„Ich hoffe, dass wir am Ende (...) eine Art Commitment der Bischöfe machen, dass wir gemeinsam uns bewusst sind, was hier passiert ist, dass wir das gesehen haben, und dass wir daraus Konsequenzen ziehen, dass wir lernen wollen daraus“, sagte er am Donnerstagabend im Interview der ARD-„Tagesthemen“. „Das wäre ein starkes Zeichen, ein Impuls auch in die Gesellschaft.“ Der Kindesmissbrauch sei ein „globales Problem“ und „eine schreckliche Herausforderung für die ganze Welt“, sagte Marx.

Der Münchner Erzbischof wird am Samstag bei der viertägigen internationalen Vatikan-Konferenz sprechen. Eine Abschlusserklärung ist für den Gipfel mit 190 Teilnehmern nicht geplant. Papst Franziskus, der zu dem Treffen unter anderen alle Konferenz-Vorsitzenden einberufen hatte, will am Sonntag die Ergebnisse in einer Grundsatzrede zusammenfassen. Zum Beginn Kinderschutztagung hatte der Vatikan am Donnerstag ein Papier mit 21 Vorschlägen veröffentlicht, wie Bischöfe und Ordensobere Missbrauchsfälle aufarbeiten und neuen vorbeugen können - mehr dazu in Vatikankonferenz: 21 Punkte gegen Missbrauch.

Kardinal Reinhard Marx

APA/dpa/Andreas Gebert

Kardinal Reinhard Marx

„Konkrete Perspektiven“

Kardinal Marx zeigte sich im ARD-Interview überzeugt, der Gipfel werde „nicht ohne Ergebnis sein, das spüre ich jetzt schon“. Die Kirche werde „mit konkreten Perspektiven weitergehen“, wie es der Papst schon mit seinen 21 Denkanstößen zum Auftakt der Konferenz getan habe. „Ich verstehe diese Konferenz als eine Station auf einem Weg, der weitergehen muss“, sagte Marx. Es sei sehr wichtig, dass die Bischöfe weltweit „klar“ seien, dass das Übel des Missbrauchs überwunden werden müsse. „Dazu brauchen wir einen neuen und starken Impuls. Wir sind schon einen Weg gegangen, aber es muss intensiver weitergearbeitet werden.“

Eine Abschaffung des Zölibats als Präventionsmaßnahme wies Marx zurück. „Man wird über die Lebensform der Priester sprechen, aber ich glaube nicht, dass das der einzige Punkt ist, an dem der Missbrauch überwunden wird“, so der Erzbischof. „Dann gäbe es ja Missbrauch bei Verheirateten nicht.“ Dennoch müsse sich die Kirche verändern: authentischer, demütiger und achtsamer werden, forderte Marx.

Schuldbekenntnis nötig

Der Kardinal hob die Bedeutung eines Schuldbekenntnisses gegenüber Missbrauchsopfern hervor. Dies werde wohl am Samstag in der Bußliturgie im Vatikan erfolgen. Die deutsche Kirche habe das bereits vor einigen Jahren getan. „Es ist auch notwendig, das immer wieder zu tun.“

Zum Umgang mit Missbrauchsvorwürfen unterstrich Marx, diese müssten gemäß den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz von 2010 zunächst in einem zivilen Prozess geklärt werden. Erst dann folge ein kirchliches Verfahren. Fest stehe: „Einer, der eine Gefährdung ist, der Missbrauchstäter ist, kann nicht in der weiteren Arbeit der Seelsorge der Kirche tätig sein“, betonte der Kardinal.

Teilung von Macht

Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, sprach sich derweil für die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Kirche aus. „Wenn jemand den Eindruck hat, ein Bischof, ein Kirchenoberer, ein Generalvikar oder Personalchef kommt seiner Verantwortung nicht in genügendem Maße nach, dann gäbe es hier eine Klageinstanz“, sagte der Trierer Bischof am Donnerstagabend im „Tagesschau“-Interview.

Ackermann forderte eine Kontrolle und Teilung von Macht in der Kirche. Das Verständnis von Priestern und Bischöfen müsse sich ändern. Es dürfe keine „falsche Überhöhung geben“; Personen dürften nicht „unantastbar dastehen“. Der Trierer Bischof bekräftigte den Willen der Kirche zur Zusammenarbeit mit dem Staat bei Missbrauchsfällen. „Wir haben ein ganz klares Reglement, dass die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden muss. Das kirchliche Recht steht nicht über dem staatlichen Recht - im Gegenteil.“

ZdK: Braucht weltweit einheitliches Konzept

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, fordert von Kardinal Marx eine klare Botschaft beim Anti-Missbrauchsgipfel. „Es ist wichtig, dass bei dieser Konferenz in Rom der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz deutlich wird“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Freitag). Weltweit müssten sich nun alle dem Problem Missbrauch stellen. „Keine Bischofskonferenz kann sich da mehr herausstehlen“, sagte Sternberg.

Trotz der Bemühungen der Kirche in Deutschland um Aufarbeitung sehe er noch Defizite, so der Chef der obersten katholischen Laienvertretung weiter. „Es ist nicht so, als würden sich die Bistümer nicht um die Aufarbeitung der Skandale kümmern. Aber das geschieht nicht überall gleich“, erklärte er. „Es gibt verschiedene Ansätze, und es fehlt ein einheitliches Konzept für Aufarbeitung und Prävention.“

Zu seinen Erwartungen an die Konferenz sagte Sternberg: „Da wird es schon sehr wichtige Weichenstellungen geben. Doch sie kann nur ein Anfang sein.“ Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen, den Opfern müsse geholfen werden, auch durch Entschädigungen. „Und das weltweit.“

religion.ORF.at/KAP/KNA

Mehr dazu:

Links: