Ukraine: Orthodoxer Bischof sagt sich von Moskau los

Mit Metropolit Oleksandr (Drabynko) von Perejaslaw-Chmelnyzkyj und Wyschnewe hat sich erstmals ein Bischof des orthodoxen Moskauer Patriarchats in der Ukraine für eine eigenständige (autokephale) ukrainisch-orthodoxe Kirche ausgesprochen, meldet Kathpress.

In der aktuellen Ausgabe der österreichischen Wochenzeitung „Die Furche“ betonte der Metropolit, dass der Wunsch nach Autokephalie „so wie in anderen Ländern im Herz der Ukraine verwurzelt“ sei. „Schauen Sie nach Serbien, schauen Sie nach Bulgarien oder anderswohin, überall gehört eine unabhängige Kirche zur Seele des Volkes, ist Symbol der Souveränität eines Landes und seiner Menschen“, so der Metropolit.

Moskau „benutzt Kirche“

Dem Moskauer Patriarchat bzw. Patriarch Kyrill warf der Bischof vor, Russland und die Ukraine als ein Land und eine Nation zu sehen. "Im Idealfall ist die Orthodoxie nicht durch nationale Grenzen getrennt, so Metropolit Oleksandr, „aber in unserer Realität ist es so, dass Moskau die orthodoxe Kirche als ein Werkzeug benutzt, um seinen Einfluss aufrecht und die Ukraine am Gängelband zu halten“. Der Metropolit betonte zugleich, dass er für seinen Kurs in Richtung Autokephalie auch die Zustimmung seiner Gläubigen eingeholt habe.

Der nächste Schritt zur Eigenständigkeit liegt für den Metropoliten nun darin, dass ein Konzil aller orthodoxen Kirchen in der Ukraine einberufen wird. Dort soll seinen Vorstellungen gemäß in einem offenen und demokratischen Prozess von Klerus, Ordensleuten und Kirchenvolk ein Oberhaupt gewählt werden. Diesem ukrainischen Patriarchen sollte das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel dann den Tomos übergeben, also die Bestätigung der Autokephalie.

Filaret will ukrainisches Kirchenoberhaupt werden

Unterdessen hat Patriarch Filaret (89), Oberhaupt des Kiewer Patriarchats, bereits kundgetan, wer seinen Vorstellungen nach dieses neue ukrainische Kirchenoberhaupt sein soll - nämlich er selbst.

Er wolle sich auf einem Vereinigungskonzil zum Oberhaupt der geplanten ukrainisch-orthodoxen Landeskirche wählen lassen, kündigte er laut ukrainischen Medienberichten (Donnerstag) in einem Interview an. Das Wahlverfahren sollten laut Filaret seine Kirche und die ebenfalls von Moskau unabhängige, aber kleinere „Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche“ bestimmen.

Zentrale Fragen zu Konzil ungeklärt

Das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel unterstützt die Wiedervereinigung der in drei Kirchen gespaltenen ukrainischen Orthodoxie. Es plant, einer vereinten Landeskirche die Autokephalie (Eigenständigkeit) zu verleihen.

Das Konzil soll laut einem Sprecher des Kiewer Patriarchats noch in diesem Jahr stattfinden. Bisher konnten sich die beiden von Moskau unabhängigen Kirchen jedoch nicht auf die Zusammensetzung des Konzils und das Wahlverfahren des Kirchenoberhaupts verständigen.

Moskau lehnt Unabhängigkeit ab

Das etwa 4.800 Pfarrgemeinden zählende Kiewer Patriarchat hatte sich 1992 von der mit Moskau verbundenen ukrainisch-orthodoxen Kirche abgespalten. Die „Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche“ entstand vor fast 100 Jahren. Sie hat gut 1.000 Kirchengemeinden. Die mit Moskau verbundene orthodoxe Kirche in der Ukraine verfügt hingegen über mehr als 12.000 Pfarren. Laut einer Umfrage fühlen sich allerdings mehr als doppelt so viele orthodoxe Ukrainer der Kirche des Kiewer Patriarchats zugehörig als der des Moskauer Patriarchats.

Die russisch-orthodoxe Kirche betrachtet die Ukraine als ihr Territorium und lehnt die Unabhängigkeit der ukrainischen Kirche ab. Sie fürchtet den Verlust vieler Gläubiger, Geistlicher und Gotteshäuser. Aus Protest gegen die Loslösung der ukrainischen Kirche brach die russisch-orthodoxe Kirche Anfang voriger Woche sämtliche Kontakte zum Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel ab. Außerdem verbot sie ihren Gläubigen den Empfang von Sakramenten der Konstantinopler Kirche. Sie dürfen also zum Beispiel nicht mehr an der Kommunion teilnehmen.

religion.ORF.at/APA

Mehr dazu: