Armutsbetroffene feiern mit Kardinal Schönborn

Rund 400 armutsbetroffene Menschen und ehrenamtliche Helfer aus Pfarren und sozialen Organisationen in der Erzdiözese Wien haben mit Kardinal Christoph Schönborn den von Papst Franziskus ausgerufenen „Welttag der Armen“ begangen.

Am Sonntag sahen sie in einem Wiener Kino Wim Wenders’ „Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes“. Am Vorabend fanden ein Segensgottesdienst im Stephansdom und danach ein mehrgängiges Festmahl statt.

Geflüchtete, Alte und Obdachlose aus verschiedenen karitativen Institutionen wie der Caritasgemeinde, der Vinzenzgemeinschaft und Einrichtungen der Ordensgemeinschaften waren dazu eingeladen worden.

Kardinal Christoph Schönborn bei der Maria-Namen-Feier im Stephansdom 2018

Kathpress/Franz Josef Rupprecht

Kardinal Schönborn „möchte mit Jesus Augen sehen lernen, der jeden von uns ganz persönlich sieht“

Indischer Franziskanerpater an der Gitarre

Beim Segensgottesdienst im Stephansdom unter dem Motto „Ein Armer rief, und der Herr erhörte ihn“ wurde am Samstagabend die ganze Vielfalt der Kirche sichtbar, nicht nur bei den mitfeiernden Gästen.

International bekannte Künstler wie der Countertenor Alois Mühlbacher oder die Harfenistin und Sängerin Sabine Lindner gestalteten ebenso mit wie ein Jugendensemble, Musiker der iranischen Gemeinde, ein indischer Franziskanerpater an der Gitarre oder eine Schola aus Ordensleuten.

Ministranten- und Lektorendienste wurden von Armutsbetroffenen und geflüchteten Menschen übernommen, ein konvertierter geflüchteter Iraner erzählte seine Glaubensgeschichte.

Schönborn, Faber und Wallner spendeten Segen

Mit ihnen und vielen Helfern feierten neben Kardinal Schönborn auch Caritas-Präsident Michael Landau, Dompfarrer Toni Faber und Missio-Nationaldirektor Karl Wallner, die jedem Anwesenden auf Wunsch einen persönlichen Segen mit Nardenöl spendeten.

In seiner Predigt zum biblischen Bericht von der Heilung des blinden Bettlers Bartimäus m Markusevangelium sagte Kardinal Schönborn: „Den Leuten war das Schreien des Bettlers lästig. Aber die Not lässt sich nicht zum Schweigen bringen. Erst als Jesus ihn erhört und ruft, wird er beachtet, plötzlich sehen die Leute ihn und er ist nicht mehr lästig. So schnell ändert sich unsere Haltung.“

Schönborn bekannte, dass auch er mit sich selbst beschäftigt oft an Menschen vorbeigehe. „Ich möchte mit Jesus Augen sehen lernen, der jeden von uns ganz persönlich sieht. Wenn wir glauben, können wir so viel mehr sehen. Der Glaube macht das Herz offen, macht sehend“, sagte der Kardinal. Es sei „wunderbar, wenn man Menschen begegnet, die eine Auge haben für den Anderen“.

Leuchtender Elisabeth-Schrein im Dom

Ein von innen beleuchteter Glasschrein mit dem Bild von der Grabplatte der Heiligen Elisabeth von Thüringen (1207-1231) und eine Armreliquie waren im Stephansdom aufgestellt. Das Werk des Künstlers Philipp Schönborn befindet sich seit einem Jahr auf einer Reise zu den Orten des Lebens und der frühen Verehrung der heutigen Caritas-Patronin.

Nach Stationen in Erfurt, Naumburg und Sayn ist er bis 3. Februar in der Vierung des Stephansdoms zu sehen. Danach folgen u.a. Bratislava, Wartburg, Pottenstein, Andechs und Merseburg.

Festmahl und Kinofilm

Beim anschließenden dreigängigen Festessen, das im Curhaus am Stephansplatz vom Team der Dompfarre und im Franziskanerkloster von Schülerinnen und Schülern Gastronomiefachschule Judenplatz zubereitet wurde, gab es Möglichkeit zum persönlichen Gespräch mit dem Kardinal.

„Papst Franziskus hat vom ersten Tag an gesagt, er wünscht sich eine arme Kirche für die Armen“, sagte Schönborn. Der Kardinal betonte, dass der Blick auf die Menschen in Armut Kernaufgabe des Evangeliums sei, und der Welttag der Armen ein Mittel dazu, diese Aufmerksamkeit wieder zu wecken.

Am Sonntag sahen 370 Armutsbetroffene und ehrenamtliche Mitarbeiter auf Einladung des Kinounternehmens „Cineplexx“ im Village Cinema Wien Mitte eine Sondervorstellung des Papstfilms von Wim Wenders. Kardinal Schönborn saß mitten unter ihnen und nahm sich auch im Anschluss Zeit für Austausch und Begegnung.

„Armut hat viele Gesichter“

„Papst Franziskus lädt uns ein, den Armen auf Augenhöhe zu begegnen, nicht nur Almosen zu geben, nicht nur den Armen zu sehen, sondern auch die Menschenwürde in jedem armen Menschen“, schilderte Barbara Filek von der Pfarr-Caritas der Erzdiözese Wien in der jüngsten Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung „Der Sonntag“.

Die Veranstaltungen zum „Welttag der Armen“ seien auch ein Sichtbarmachen der zahlreichen Helfer aus den pfarrlichen Caritasgruppen, die sich das ganze Jahr - oft im Verborgenen - ehrenamtlich um Menschen mit ihren unterschiedlichsten Nöten kümmern.

Gleichzeitig hält Filek den Welttag auch deshalb für wichtig, weil manchmal in Pfarren zu wenig auf die Situation von Armen im eigenen Umfeld geschaut werde und mehr für die Renovierung eines Kirchturms oder einer Orgel gesammelt wird. Dabei gebe es im sozialen Umfeld einer Pfarre viele Herausforderungen, zum Beispiel zu schauen, wer einsam oder krank ist, welcher Mensch besucht werden möchte, wer finanzielle Unterstützung oder soziale Beratung braucht.

„Armut hat viele Gesichter, das sind nicht nur Obdachlose, sondern auch Menschen, die von Einsamkeit, Trauer, Krankheit, sozialer und seelischer Not betroffen sind“, betonte Filek.

religion.ORF.at/KAP

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