Verurteiltem Kardinal droht neue Missbrauchsklage

Der australische Kurienkardinal George Pell muss sich möglicherweise erneut in einem Missbrauchsfall vor Gericht verantworten. Wie australische Medien am Montag berichteten, plant ein 50-jähriger Mann eine Zivilklage gegen den Geistlichen.

Pells Hauptverteidiger legte indes sein Mandat nieder – wegen eines unbedachten Sagers über „Blümchensex“. Das mutmaßliche Opfer machte seine Pläne öffentlich, nachdem in dem Fall das Strafverfahren gegen Pell in der vergangenen Woche eingestellt worden war. Pell war im Dezember schuldig gesprochen worden, sich Mitte der 90er-Jahre in der Kathedrale von Melbourne an zwei Chorknaben vergangen zu haben.

Der frühere Bischof von Melbourne soll sich vor den zwei Buben entblößt und einen von ihnen zum Oralsex gezwungen haben. In dem neuen Fall geht es nun um Missbrauchsvorwürfe in einem Schwimmbad in Pells Heimatort Ballarat in den siebziger Jahren.

Der ehemalige Kurienkardinal George Pell

Reuters/Stringer

Kardinal Pell muss sich möglicherweise erneut wegen Missbrauchsvorwürfen vor Gericht verantworten

Ein Verfahren eingestellt

Er habe sich „leer“ gefühlt, als der Strafprozess eingestellt wurde, ohne dass er ausgesagt hatte, sagte der Mann, der Pell Missbrauch in Ballarat vorwirft, nach Angaben der australischen Zeitung „The Age“. Es habe ihn „viel Mut gekostet, seine Geschichte zu erzählen“, zitiert das Blatt weiter aus der Klageschrift.

Der Mann, dessen Name nicht veröffentlicht wurde, plant dem Bericht zufolge nicht nur eine Klage gegen Pell, sondern auch gegen den australischen Bundesstaat Victoria, die Erzdiözese Melbourne und gegen die Betreiber des katholischen Kinderheims, in dem er zum Zeitpunkt des mutmaßlichen Missbrauchs lebte. Er fordert eine Entschädigung für seelische Schäden, Arztkosten und Gehaltseinbußen. Ein Gerichtssprecher in Victoria sagte, bisher sei noch keine Klage eingereicht worden.

Pell ist der bisher ranghöchste Vertreter der katholischen Kirche, der wegen Kindesmissbrauchs schuldig gesprochen wurde. Der Kardinal hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Seine Anwälte haben Berufung gegen seine Verurteilung eingelegt.

Anwalt legt Mandat nieder

Der Hauptverteidiger legte allerdings sein Mandat nieder. Der australische Prominenten-Anwalt Robert Richter begründete dies am Dienstag damit, dass er nicht mehr über „ausreichend Objektivität“ verfüge. Der Jurist steht auch in der Kritik, weil er die Vorwürfe gegen seinen Mandanten als „plain vanilla sex“ (zu Deutsch in etwa: „Blümchensex“) bezeichnete.

Den Abschied begründete er in einem Gespräch mit den Zeitungen „The Age“ und „Sydney Morning Herald“ damit, dass es ihm mittlerweile an emotionaler Distanz fehle. „Ich bin sehr verärgert über das Urteil“, sagte er. „Ich glaube, man hat einen unschuldigen Mann verurteilt.“

religion.ORF.at/APA/AFP

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