Papst-Schreiben an Jugend: Wo es noch hakt

Papst Franziskus hat am Dienstag ein Nachsynodales Apostolisches Schreiben mit dem Titel „Christus vivit“ („Christus lebt“) veröffentlicht. Bei der Präsentation des Schreibens waren junge Menschen aber nicht stark vertreten.

Es sei „bezeichnend“, dass der Vatikan ein Papst-Schreiben an die Jugend vornehmlich von älteren Herren präsentieren lässt, so der Tenor eines Kathpress-Korrespondentenberichts anlässlich der Präsentation im Vatikan.

Hauptredner bei der Vorstellung am Dienstag waren der 78-jährige Kardinal Lorenzo Baldisseri und der 60-jährige Fabio Fabene. Beide sind im Vatikan für die Organisation der Bischofssynoden zuständig, auch für jene im vergangenen Oktober, in deren Nachgang der Papst nun sein Schreiben veröffentlichte. Beide referierten lange Inhalte des Schreibens, flankiert vom Vatikan-Sprecher Alessandro Gisotti sowie Kommunikationschef Paolo Ruffini und einem italienischen Religionslehrer, berichteten Stefanie Stahlhofen und Burkhard Jürgens für Kathpress.

Papst Franziskus

APA/AP/Andrew Medichini

Papst Franziskus legte ein neues Apostolisches Schreiben vor

Eine junge Frau, Laphidil Oppong Twumasi, habe die Pressekonferenz „gerettet“. Die 25-Jährige kam dabei erst kurz vor Schluss zu Wort und hatte die wenigsten Redeanteile. Sie wandte sich als einzige direkt an die Hauptadressaten des neuen Papstdokuments: junge Leute. „Wir müssen das Abschlussdokument der Synode und dieses apostolische Schreiben in die Hand nehmen, Themen und uns am nächsten stehenden Realitäten herausfiltern und sie an unsere Bedürfnisse anpassen“, forderte sie. Andernfalls sei „die ganze in diesen zwei Jahren geleistete Arbeit Selbstzweck“.

„Gefahren der digitalen Welt“

Das Dokument nimmt im Wesentlichen auf das Schlussdokument der Jugendsynode im Oktober Bezug. In „Christus vivit“ greift der Papst die aktuellen Hauptthemen wie Missbrauch und Migration auf, es geht aber auch um „Gefahren der digitalen Welt“ gewarnt. Außerdem prangert er „gigantische wirtschaftliche Interessen“ im Internet an. Diese führten dazu, dass „falsche Nachrichten“ verbreitet würden, die „Vorurteile und Hass schüren“ und „demokratische Prozesse“ manipulierten.

Manche Themen, die während der Synode nach vorne drängten, würden im Hintergrund bleiben, so die Kathpress-Korrespondenten, etwa Formen partnerschaftlichen Zusammenlebens jenseits der Ehe zwischen Mann und Frau etwa oder nach der Teilhabe von Jugendlichen an Entscheidungen in der Kirche. Auch die europaweite Protestwelle von Schülern gegen die Klimapolitik habe den Vatikan noch nicht erreicht.

Ende von „machohafter Gewalt“

Mehr Gerechtigkeit für Frauen und ein Ende von „machohafter Gewalt“ in der katholischen Kirche forderte der Papst in dem neuen Schreiben allerdings schon. Eine „übertrieben ängstliche und starr strukturierte Kirche“ könne ständig kritisch gegenüber allen Äußerungen zur Verteidigung der Frauenrechte eingestellt sein, erklärte er in dem Apostolischen Schreiben. Eine „lebendige Kirche“ dagegen könne „den berechtigten Ansprüchen von Frauen“, die größere Gleichheit verlangen, Aufmerksamkeit schenken.

Keine konkreten Schritte genannt

Konkrete Schritte, wie mehr Frauen in Führungspositionen in der Kirche kommen könnten, nannte der Papst in dem am Dienstag veröffentlichten Schreiben allerdings nicht. Eine lebendige Kirche könne sich „an die Vergangenheit erinnern und eine lange Geschichte autoritären Verhaltens seitens der Männer zugeben, Unterwerfung und verschiedene Formen von Sklaverei, Missbrauch und machohafte Gewalt“, heißt es in „Christus vivit“. Die Kirche müsse aber nicht mit allen Forderungen „feministischer Gruppen“ einverstanden sein.

Vor der Jugendsynode im vergangenen Oktober im Vatikan hatten Teilnehmer konkrete Schritte gefordert, Frauen die Möglichkeit zu mehr Mitspracherecht zu geben und in Führungspositionen zu bringen. Auch dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, war an dem Thema Frauen in der Führungsebene besonders viel gelegen. Dass Frauen künftig auch zu Priesterinnen geweiht werden können, steht dabei allerdings nicht zur Debatte.

Franziskus steht derzeit wegen Vorwürfen unter Druck, dass Nonnen in der katholischen Kirche missbraucht und unterdrückt werden. Immer wieder verspricht der Argentinier Aufklärung und betont, dass Frauen generell eine wichtigere Rolle in der Kirche spielen müssten.

Reagieren auf „Ausländerfeindlichkeit“

In dem Schreiben ruft der Papst außerdem die Jugend dazu auf, auf „Ausländerfeindlichkeit“ zu reagieren. „In einigen Ankunftsländern der Flüchtlinge löst das Migrationsphänomen Alarm und Angst aus, die oft aus politischen Zwecken geschürt und ausgenutzt werden. Es verbreitet sich somit eine xenophobe Mentalität, auf die man mit Entschlossenheit reagieren muss“, so der Papst in dem Dokument „Christus vivit“.

Weiters sprach der Papst auch das Thema des Kindesmissbrauchs durch Geistliche an. Er drückte seine Dankbarkeit für jene Opfer aus, die Missbrauchsfälle anzeigen. Er hob den Einsatz der Bischofssynode für einschneidende Vorbeugungsmaßnahmen hervor. Der Papst betonte, dass für Kindesmissbrauch verantwortliche Priester nicht die Mehrheit seien. Die Mehrheit seien Geistliche, die ihrer Berufung nachkommen.

Franziskus sprach auch das Thema der zunehmenden Scheidungen an, die bei Kindern Leid und Identitätskrisen verursachten. „Oft müssen Kinder nach der Scheidung der Eltern eine Verantwortung übernehmen, die für ihr Alter unangemessen ist“, so der Heilige Vater. Trotz der Schwierigkeiten sei es wichtig, weiterhin auf die Familie zu setzen. Hier könne man reifen und die schönsten Freuden des Lebens erleben, so der Papst.

religion.ORF.at/KAP/AFP/APA/dpa

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