Vertuschung: Freispruch für Erzbischof von Lyon

In einem Prozess um den Vorwurf der Vertuschung von Kindesmissbrauch in der römisch-katholischen Kirche Frankreichs ist der frühere Erzbischof von Lyon freigesprochen worden.

Das Berufungsgericht der Stadt urteilte am Donnerstag, Kardinal Philippe Barbarin habe sich nicht schuldig gemacht. In erster Instanz war der 69-Jährige im März 2019 zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Barbarin legte Berufung ein. Ihm wurde vorgeworfen, den sexuellen Missbrauch an zahlreichen Buben durch den Ex-Priester Bernard Preynat verschwiegen zu haben.

Staatsanwaltschaft für Freispruch

Die Anhörung dazu fand bereits im vergangenen November statt. Medienberichten zufolge plädierte nicht nur Barbarins Anwalt, sondern auch die Staatsanwaltschaft zu Prozessende für einen Freispruch. Das war allerdings auch schon vor Barbarins erstinstanzlicher Verurteilung der Fall, die Richter entschieden anders.

Kardinal Philippe Barbarin

APA/AFP/Jeff Pachoud

Kardinal Philippe Barbarin

Nach dem erstinstanzlichen Urteil im März 2019 bot Barbarin dem Papst seinen Amtsverzicht als Erzbischof von Lyon an, den Franziskus jedoch nicht annahm. Die Leitung der Erzdiözese übertrug der Papst übergangsweise dem früheren Bischof von Evry-Corbeille-Essonnes, Michel Dubost (77). Zum Abschluss des Berufungsverfahrens gelte die Unschuldsvermutung.

Kardinal Barbarin soll nach Übernahme der Diözese Lyon im Jahr 2002 von den Taten des Priesters Preynat erfahren haben. Nach Überzeugung der Opfer schwieg er aber jahrelang, bis der Fall 2015 durch die Aussage eines der als Buben missbrauchten Männer öffentlich wurde.

„Vier bis fünf Kinder pro Woche“

Gegen den Priester Bernard Preynat selbst läuft derzeit in Lyon ein gesondertes Verfahren. Die Anklage fordert mindestens acht Jahre Haft. Der 74-Jährige hat gestanden, als Leiter von Pfadfindergruppen und Ferienlagern zeitweise „vier bis fünf Kinder pro Woche“ missbraucht zu haben. Ein Teil der Übergriffe aus den Jahren 1971 bis 1991 ist bereits verjährt.

Die Vorwürfe gegen den Geistlichen bereits in dem Film „Grace a Dieu“ („Gelobt sei Gott“) von Francois Ozon verarbeitet. Gegen den Kinostart des Streifens versuchte der Priester gerichtlich vorzugehen; er blieb damit jedoch ohne Erfolg.

religion.ORF.at/AFP/APA/KAP

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