Theologin: Onlinegottesdienste „Notlösung“

Mit gemischten Gefühlen hat die Wiener Theologin Ingrid Fischer den Publikumszuspruch bei multimedial übertragenen Gottesdiensten zur Kenntnis genommen.

„Es besteht die sehr konkrete Gefahr, dass Notlösungen sich als neue Norm etablieren“, sagte die bei den Theologischen Kursen tätige Liturgieexpertin, „oft, weil sie bequemer sind und scheinbar trotzdem genügen“.

Gestreamte, „mehr oder weniger gemeindelose“ Messen bekräftigten ein Kirchenverständnis, das mit der vom Konzil betonten Ermächtigung zur „vollen bewussten und tätigen Teilnahme aller“ am Gottesdienst „unvereinbar“ sei. Dennoch seien die Einschaltquoten bisher hoch gewesen. „Das gibt zu denken“, befand Fischer im Interview mit radio klassik Stephansdom.

Ruf Gottes physisch Folge leisten

Zurückkehren zur „Normalität“ von Gottesdiensten in gewohnter Form würden wohl nur jene Menschen, „die etwas entbehrt haben“ - etwas, das nur die anspruchsvolle Vollform von Liturgie biete. Die Theologin nannte hier die „Freude, dem Ruf Gottes physisch Folge leisten zu können, die über die eigenen vier Wände hinaus erfahrbare Gemeinschaft in Christus und untereinander, der Reichtum symbolischer Kommunikation“ als Beispiele.

Auch die Kirche als Gebäude spiele eine Rolle, denn sie eröffne einen konkreten Begegnungsraum: „Seine Bauweise, wie es eingerichtet ist, trägt dazu bei, ob und wie wir uns in der Gegenwart Gottes erfahren.“ Gläubige seien „herausgerufen“ - so die Wortbedeutung von Kirche -, um gemeinsam zwei Dinge zu tun: Gott zu ehren und seinem Handeln hier und jetzt Zeit und Raum zu geben.

Trotz ihrer liturgischen Bedenken hält es die Expertin für richtig, dass die Kirchenleitung das Verbot öffentlicher Gottesdienste mitgetragen hat. Es sei grundsätzlich positiv, dass fast alle Kirchen die Anordnungen der Regierung mitgetragen hätten. Aber: "Sich nicht versammeln und in die Kirche gehen zu können, war schon ungewöhnlich und hat wehgetan.

religion.ORF.at/KAP

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