Benedikt XVI. nimmt Abschied

Bei seinem letzten Angelus-Gebet sagte der scheidende Papst Benedikt XVI., er wolle die Kirche nicht im Stich lassen. Der Vatikan wehrt sich unterdessen gegen Gerüchte über Intrigen und Skandale.

„Wenn Gott mich ruft, dann geschieht das, weil ich der Kirche weiter dienen kann mit derselben Hingabe und Liebe wie bisher, aber in einer angemesseneren Weise für mein Alter und meine Kräfte“, sagte er am Sonntag unter dem Jubel von rund 100 000 Menschen bei seinem letzten Angelus-Gebet in Rom. Benedikt tritt am Donnerstag zurück, im März wird ein Nachfolger gewählt. Unterdessen wehrt sich der Vatikan gegen Gerüchte über Intrigen und Sex-Skandale.

Letztes Angelus-Gebet

Das Angelus-Gebet am Sonntag auf dem Petersplatz war der vorletzte öffentliche Auftritt Benedikts vor seinem Rücktritt - nur noch die Generalaudienz am Mittwoch folgt, bevor sein Pontifikat endet. Er wurde erneut mit „Viva il papa“-Rufen („Lang lebe der Papst“) und langem Applaus gefeiert. Viele Gläubige hatten stundenlang auf dem Petersplatz gewartet. Auch einige Deutsche waren dabei, sie verabschiedeten sich mit Transparenten wie „Bayern bleibt Papst“ oder „Heiliger Vater wir lieben dich“ von Benedikt.

Papst Benedikt XVI. bei einem seiner letzten Auftritte.

APA/dpa/Boris Roessler

Noch knapp vier Tage Papst: Benedikt XVI.

Die Stimme des 85-Jährigen stockte während seiner Ansprache immer wieder und er wurde von dem Jubel der Gläubigen unterbrochen. „Danke, im Gebet sind wir uns immer nahe“, rief er ihnen zu. Er bedankte sich nach dem Gebet, das er traditionell vom Fenster seines Arbeitszimmers aus sprach, bei den Pilgern für ihre Liebe und Anteilnahme in diesem „besonderen Moment für mich und für die Kirche“.

Das Angelus-Gebet

Das Angelus-Gebet wird in der katholischen Kirche dreimal am Tag - morgens, mittags und abends - gesprochen. Jeden Sonntag um 12.00 Uhr betet der Papst das Gebet vom Fenster seines Arbeitszimmers aus mit den Pilgern auf dem Petersplatz. Anschließend hält er eine kurze Ansprache und erteilt den päpstlichen Segen. Angelus ist das lateinische Wort für Engel. Das Gebet erinnert daran, wie der Erzengel Gabriel Maria die Geburt Jesu verkündigte, und fasst das Leben Jesu ganz kurz zusammen.

Die heutige Form des Angelus (deutsch: Der Engel des Herrn) wurde 1571 von Papst Pius V. eingeführt. Das Gebet wird stets direkt im staatlichen Fernsehen RAI übertragen. Benedikt XVI. sprach das Angelus-Gebet im Sommer in seiner Residenz in Castel Gandolfo bei Rom. Auch auf Reisen betete er es jeden Sonntag.

Skandale und Spekulationen

Die im März anstehende Wahl seines Nachfolgers könnte nach Ansicht des Vatikans von den Spekulationen und Gerüchten um gestohlene Dokumente, Sex und Korruption im Vatikan beeinflusst werden. Das vatikanische Staatssekretariat und Papst-Sprecher Federico Lombardi beklagten am Samstag die Folgen der Spekulationen und kritisierten die Medien für ihre Berichterstattung.

Die römische Tageszeitung „La Repubblica“ hatte am Donnerstag berichtet, Benedikt XVI. sei wegen des Ausmaßes der „Vatileaks“-Affäre um gestohlene Dokumente, Sex und Korruption zurückgetreten. Drei Kardinäle hätten Benedikt im Dezember ihren Geheimbericht zu der Affäre vorgelegt, in dem es auch um homosexuelle Beziehungen und Erpressbarkeit gehe.

Lombardi: „Verleumdung und Desinformation“

Es sei bedauerlich, dass es kurz vor Beginn des Konklaves „eine Verbreitung von oft ungeprüften, nicht verifizierbaren oder sogar falschen Nachrichten“ gebe, die großen Schaden für Personen und Institutionen verursache, hieß es daraufhin in einer Erklärung des von Tarcisio Bertone geleiteten Staatssekretariats.

Papst-Sprecher Federico Lombardi beklagte in einem Editorial für Radio Vatikan „Verleumdung und Desinformationen“. Einige versuchten, den Moment der Überraschung nach dem angekündigten Rücktritt von Benedikt für Diffamierungen und Falschinformationen zu nutzen. Es werde „inakzeptabler Druck“ auf die Kardinäle ausgeübt. „In den meisten Fällen haben die Richter, die scharfe moralische Urteile abgeben, nicht die geringste Autorität dazu“, kritisierte Lombardi.

Im März sollen die 116 wahlberechtigten Kardinäle zum Konklave zusammenkommen und noch vor Ostern einen neuen Papst bestimmen. Benedikt hatte vor knapp zwei Wochen überraschend seinen Rücktritt zum Ende des Monats erklärt. Er ist der erste Papst der Neuzeit, der freiwillig von seinem Amt zurücktritt.

dpa

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