Junta-Opfer Jalics: „Nicht von Bergoglio angezeigt“

Die im Jahr 1976 von der argentinischen Militärdiktatur verschleppten und über Monate gefangengehaltenen Jesuiten Franz Jalics (85) und Orlando Yorio wurden nicht vom nunmehrigen Papst Franziskus angezeigt.

Das sagte Pater Jalics laut einem Kathpress-Bericht in einer Erklärung am Mittwoch anlässlich der Debatte über die Rolle des damaligen Provinzoberen Jorge Mario Bergoglio in der Militärdiktatur (1976 bis 1983). In der von Radio Vatikan im Internet veröffentlichten Erklärung sagt Jalics, der seit langem in Deutschland lebt, Yorio und er seien 1976 vielmehr „wegen einer Katechetin“ verhaftet worden. Es habe sich um eine Frau gehandelt, „die zuerst mit uns zusammenarbeitete und später in die Guerilla eintrat“.

Yorio, der vor 13 Jahren starb, und Jalics hätten die Katechetin zunächst ein dreiviertel Jahr lang nicht gesehen. „Zwei oder drei Tage nach ihrer Verhaftung wurden dann auch wir festgenommen. Der Offizier, der mich verhört hat, bat um meine Dokumente. Als er sah, dass ich in Budapest geboren war, hielt er mich für einen russischen Spion.“

Seit Jahren Falschinformationen

In der argentinischen Jesuitenprovinz und in kirchlichen Kreisen seien schon in den Jahren davor Falschinformationen verbreitet worden, wonach die beiden Jesuiten ins Elendsviertel Bajo Flores von Buenos Aires gezogen seien, weil sie selbst der Guerilla angehört hätten. „Das war aber nicht der Fall. Meiner Vermutung nach sind diese Gerüchte aber der Grund, weswegen wir nicht sofort freigelassen worden sind“, sagte Jalics.

Jorge Mario Bergoglio als Erzbischof von Buenos Aires, undatiert

APA/EPA/STR

Bergoglio als Erzbischof von Buenos Aires

Weiter heißt es in seiner Erklärung: „Früher neigte ich selber zu der Ansicht, dass wir Opfer einer Anzeige geworden sind. Ende der 90er-Jahre aber ist mir nach zahlreichen Gesprächen klar geworden, dass diese Vermutung unbegründet war. Es ist daher falsch zu behaupten, dass unsere Gefangennahme auf die Initiative von Pater Bergoglio geschehen ist.“

Patres entführt und gefoltert

Der 1927 in Budapest geborene Franz Jalics, der 1956 als Jesuit nach Chile, ein Jahr später nach Argentinien ging, zog Anfang der 70er-Jahre gemeinsam mit zwei Mitbrüdern in ein Elendsviertel von Buenos Aires, um mit den Armen zu leben. Als das Militär 1976 durch einen Putsch an die Macht kam und daraufhin sofort mit „Säuberungsaktionen“ gegen Guerillasympathisanten, Oppositionelle und vielfach auch am Konflikt unbeteiligte Zivilisten begann, wurden auch Jalics und Yorio entführt. Sie wurden in eines der berüchtigten Geheimgefängnisse verfrachtet und dort gefoltert.

Jorge Mario Bergoglio war damals Ordensprovinzial der Jesuiten. Vor der Verschleppung soll es zu kontroversielle Ansichten zwischen Bergoglio und den dann entführten Mitbrüdern Yorio und Jalics gekommen sein. Bergoglio soll dem Ordensgeneral in Rom noch während der mehrmonatigen Arretierung der beiden Jesuiten deren Ausschluss aus dem Orden mitgeteilt haben. Weiters soll Bergoglio den beiden Jesuiten kurz vor ihrer Verhaftung die Erlaubnis, im Armenviertel Bajo Flores zu predigen, entzogen haben.

Kritiker: Nicht ausreichend geschützt

Der argentinische Journalist Horacio Verbitsky, der in einem Naheverhältnis zu Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner steht und auch ihrem Vorgänger und verstorbenen Ehemann Nestor Kirchner verbunden war, wirft Papst Franziskus vor, die beiden Jesuiten damals nicht ausreichend geschützt und der Militärjunta überlassen zu haben. Andere Stimmen wie der Friedensnobelpreisträger Adolfo Perez Esquivel widersprechen dieser Darstellung und bestreiten die Vorwürfe gegen den neuen Papst.

2010 sagte der damalige Erzbischof und jetzige Papst in einem Zeitungsinterview, er habe seine Kontakte zum argentinischen Admiral Emilio Massera, einem führenden Mitglied der Junta, genutzt, um die Verschleppten und Inhaftierten - insbesondere Jalics und Yorio - wieder freizubekommen. Er habe diesbezüglich auch mit Junta-Führer General Jorge Videla selbst gesprochen. Eine gleichlautende Aussage machte er auch am 8. November 2010 als Zeuge vor Gericht.

religion.ORF.at/APA

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