Totenmesse für NS-Kriegsverbrecher abgebrochen

Die umstrittene Trauerfeier für den verstorbenen Nazi-Kriegsverbrecher Erich Priebke am Dienstag bei Rom ist kurz nach dem Beginn abgebrochen worden, weil sich Neonazis unter die Gäste gemischt hatten.

Er habe die Behörden um ein Eingreifen gebeten, sagte Priebkes Anwalt Paolo Giachini laut italienischen Medienberichten. Anrainer hatten heftig gegen die Beisetzung Priebkes am Sitz der erzkonservativen Piusbruderschaft in Albano Laziale protestiert. Als es einigen Neonazis gelang, auf das Gelände vorzudringen, wurde die Totenmesse zunächst unterbrochen und dann ganz abgesagt.

Polizeischutz für den Sarg

Priebkes Leichnam war zunächst aus der römischen Gemelli-Klinik in das Seminar der Piusbrüder gebracht worden. Rund 500 Einwohner demonstrierten vor dem Gebäude und hielten ein Spruchband mit der Aufschrift „Henker Priebke“ hoch. Mehrere Dutzend Polizisten bewachten den Transport des Sargs und die Eingänge des Seminars. Einem Priester der Piusbrüder gelang es nur unter Polizeischutz, das Gelände zu betreten.

Demonstranten säumen den Leichenwagen mit dem NS-Kriegsverbrecher Erich Piebke

Reuters/Yara Nardi

Demonstranten säumten den Weg des Leichenwagens mit Priebke. An anderer Stelle standen Neonazis und erhoben die Hände zum Hitler-Gruß

An dem Sitz der Piusgemeinschaft versammelten sich auch rund ein Dutzend Rechtsextremisten und riefen „Er war ein Held“. Als es einigen Neonazis gelang, auf das Gelände vorzudringen, wurde die Totenmesse zunächst unterbrochen und dann ganz abgesagt.

Piusbruder: „Priebke war ein Christ“

An der Zeremonie sollten laut Priebkes Anwalt Giachini nur enge Freunde und Angehörige teilnehmen. „Dies ist ein Moment der Trauer, mit Politik hat das nichts zu tun“, sagte er. Ein Priester der Piusbruderschaft, Don Floriano Abrahamowicz, verteidigte die Trauerfeier im Sender Radio 24 mit den Worten, Priebke sei „mein Freund, ein Christ, ein treuer Soldat“ gewesen.

Priebke war am Freitag im Alter von 100 Jahren in Rom gestorben. Er lebte dort im lockeren Hausarrest. Nach tagelangem Streit um die Bestattung des Ex-SS-Mannes, der im März 1944 an Erschießungen von 335 Zivilisten in der Nähe von Rom beteiligt war, hat die erzkonservative Piusbruderschaft eine private Trauerfeier für Priebke in Albano Laziale südöstlich von Rom erlaubt, berichteten italienische Medien. Dort haben die von der katholischen Kirche abgespaltenen Traditionalisten einen Sitz.

Heftige Proteste

Die Einwohner von Albano setzten sich dagegen zur Wehr. Bürgermeister Nicola Marini sagte, der Ort habe im Zweiten Weltkrieg gegen die deutsche Besatzung gekämpft und sei deshalb „fassungslos“, dass die Totenmesse in der Gemeinde erfolge. Eine Menschenmenge versammelte sich vor dem Eingang des „Instituts Pius X“, in der sich die Kapelle der erzkonservativen Piusbruderschaft befindet. Einige Menschen griffen einen Priester der Piusbruderschaft an, der die Kirche des Instituts erreichen wollte. Nur unter Schutz der Sicherheitskräfte konnte sich der Priester Zugang zur Kirche verschaffen.

Spruchbänder wurde gegen den „Mörder Priebke“ ausgerollt. Sicherheitskräfte versuchten, die Demonstranten von dem Eingang der Kirche fern zu halten. Befürchtet wurde, dass auch rechtsextremistische Anhänger zum Institut vordringen könnten. Als der Wagen mit Priebkes Leichnam vor dem Institut vorbeifuhr, wurde er mit Müll, Steinen und Münzen beworfen. Einige Personen gingen mit Tritten auf den Wagen los. Nur mit Mühe konnte sich der Wagen den Weg zum Eingang der Kapelle bahnen. Polizisten mit Helmen mussten eingreifen. „Mörder, Mörder!“ riefen die Demonstranten beim Anblick von Priebkes Sarg.

Priebke wird eingeäschert

Priebke wollte nach Angaben seines Anwalts in Argentinien neben seiner Ehefrau beigesetzt werden. Das südamerikanische Land, wo Priebke bis 1994 unbescholten unter seinem echten Namen gelebt hatte, wies das Ansinnen jedoch zurück. Auch seine Heimatgemeinde Hennigsdorf in Brandenburg und die Stadt Rom lehnten es ab, den ehemaligen SS-Offizier zu bestatten. Jüdische Gruppen und Verwandte seiner Opfer forderten, den Leichnam Priebkes einzuäschern und die Asche zu zerstreuen, damit keine Spur des Kriegsverbrechers zurückbleibe.

Der Bürgermeister von Albano Laziale, Nicola Marini, hatte in letzter Minute mit einer Verordnung versucht, den Leichentransport zu verhindern. Dies wurde von der zuständigen Präfektur in Rom jedoch abgelehnt.

Ehemaliger Piusbruder ist Holocaust-Leugner

Zu den Piusbrüdern gehörte jahrelang auch der britische Bischof und Holocaustleugner Richard Williamson, dessen Verurteilung zu einer Geldstrafe wegen Volksverhetzung das Landgericht Regensburg Ende September bestätigte. Williamson bestreitet die Existenz von Gaskammern und die millionenfache Tötung von Juden durch die Nazis. Das traditionalistische Priesterbündnis schloss Williamson 2012 wegen fehlenden „Gehorsams“ und „aus Sorge um das Gemeinwohl der Bruderschaft“ aus.

religion.ORF.at/APA/dpa

Mehr dazu: