Christen begehen Tag des Judentums

Mit dem jährlich gefeierten Tag des Judentums am 17. Jänner bringen die christlichen Kirchen auch in Österreich die Besinnung auf die jüdischen Wurzeln des Christentums zum Ausdruck.

2015 steht auch das 50-Jahr-Jubiläum des Konzilsdokuments Nostra Aetate über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen an. Mit dem Dokument vollzog die katholische Kirche 1965 den Bruch mit der jahrhundertelangen Tradition der Abwertung des jüdischen Glaubens. In dem Schreiben wird unter anderem der jahrhundertealte Vorwurf von der Kollektivschuld der Juden an der Kreuzigung Jesu verurteilt, der zur Entstehung des Antisemitismus beitrug.

Gute Beziehungen zwischen Christen und Juden

Als „gut aufgestellt“ bezeichnete der Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Martin Jäggle vergangene Woche die Beziehungen zwischen den beiden Weltreligionen in Österreich. Belege dafür seien etwa die im vergangenen November veröffentlichte gemeinsame „klare“ Stellungnahme der Österreichischen Bischofskonferenz und des Ökumenischen Rates der Kirchen anlässlich des Gedenktags an die Pogrome von 1938, aber auch das reichhaltige Bildungsangebot des Koordinierungsausschusses - mehr dazu in Jäggle: Christlich-jüdische Beziehungen gut.

Konkret erinnerte Jäggle an das Konzert „Shalom! Music Between Friends“, mit dem die persönliche Beziehung zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Kirchen und der jüdischen Gemeinde gestärkt worden sei. Eine interreligiöse Promi-Band, die sich aus dem katholischen Abtprimas Notker Wolf, dem evangelischen Bischof Michael Bünker und Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg zusammensetzte, hatte dabei im November vor ausverkauftem Haus im Wiener Theater „Akzent“ musiziert - mehr dazu in Wien: Interreligiöser Dialog über die Musik.

Christlicher Antisemitismus ist „ein absolutes No-Go“: Daran erinnerte der Leiter der Wiener Theologischen Kurse, Erhard Lesacher, im Vorfeld des „Tages des Judentums“ der christlichen Kirchen am 17. Jänner. Mit der in der Jüdischen Bibel bezeugten Geschichte Gottes mit seinem Volk hätten Judentum und Christentum „eine gemeinsame Wurzel“, so Lesacher anlässlich des Gedenktages in einer Aussendung. „Derselbe Text ist auch für die Christen Heilige Schrift. Er ist als ‚Altes Testament‘ Teil der christlichen Bibel“, erinnerte der Theologe.

Bibelwissenschaftler Dohmen in Wien

Dem Themenfeld „Jüdische Bibel - Altes Testament - Neues Testament“ ist am 17./18. Jänner ein Studienwochenende der Theologischen Kurse gewidmet, zu dem der renommierte Regensburger Alttestamentler Christoph Dohmen nach Wien kommt. Dohmen engagiert sich sei vielen Jahren im christlich-jüdischen Dialog und ist langjähriges Mitglied der Päpstlichen Bibelkommission. Gemeinsam mit dem Wiener Judaisten Günter Stemberger trug er zu einer neuen Wertschätzung der jüdischen Bibelauslegung durch die christliche Theologie bei. Die Päpstliche Bibelkommission griff ihre Thesen 2001 in dem Dokument „Das jüdische Volk und seine heilige Schrift in der christlichen Bibel“ auf.

Bei den Theologischen Kursen (1010 Wien, Stephansplatz 3) spricht Dohmen am Freitag, 17. Jänner, um 15.00 Uhr zum Thema. Zur Vertiefung gibt es am Samstag ab 9.00 Uhr einen Studienvormittag mit dem Titel „Hinzufügung - Aufhebung - Überbietung? Zum Verhältnis von Altem und Neuem Testament“.

religion.ORF.at/KAP

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