Ukraine: Kirchen unterstützen vorsichtig neue Führung

Der Gesamtukrainische Rat der Kirchen und Religionsgemeinschaften hat sich hinter Interimspräsident Alexander Turtschinow und die von Interims-Regierungschef Arseni Jazeniuk gebildete neue Regierung gestellt.

In einer Erklärung vom Donnerstag verteidigte der Rat (All-Ukrainian Council of Churches and Religious Organizations/AUCCRO) die dreimonatigen Proteste auf dem Kiewer Maidan und die Umwälzungen der vergangenen Woche. Unterdessen mahnte der Moskauer Patriarch Kyrill I. bei der Eröffnung der Vollversammlung des Bischofskonzils der russisch-orthodoxen Kirche die Wiederaufnahme des „normalen politischen Prozesses“ in der Ukraine ein.

Beendigung aller Gewalt nötig

Jede Entwicklung, die zu Blutvergießen führen könne, sei entschieden abzulehnen, betonte der Patriarch, wie die Stiftung „Pro Oriente“ am Freitag berichtet. Es gelte „zuallererst und hauptsächlich“ der Beendigung aller Gewalt und Gewaltandrohung, damit der „Prozess der gesellschaftlichen Konsolidierung“ wieder in Gang kommen könne, so Kyrill.

Als „alarmierend“ bezeichnete Kyrill die Situation der autonomen ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats. Wörtlich sagte der Patriarch: „Wir appellieren an alle, die meinen, die instabile politische Situation zur Lösung kirchlicher Fragen ausnützen zu können, davon Abstand zu nehmen. Denn die Konsequenzen eines solchen Vorgehens wären die schlimmsten vorstellbaren.“

Kirche des Moskauer Patriarchats bedroht

Die ungewisse Zukunft des bisher moskautreuen Zweigs der Orthodoxie in der Ukraine wurde am Donnerstag in einem scharfen Kommentar der Presseabteilung des russischen Außenministeriums thematisiert. Russland sei über die ständigen Übergriffe von Extremisten in der Ukraine besorgt, die „angesichts der totalen Abwesenheit jeglicher Autorität und der Straflosigkeit“ anderen ihren Willen aufzwingen wollten.

Priester der „kanonischen ukrainisch-orthodoxen Kirche“ würden zunehmend mit Repressalien bedroht, ja sogar „mit der Zerstörung von Gotteshäusern, in denen sie ihren Dienst leisten“, so die Moskauer Regierungsstelle. Vor einigen Tagen habe es Versuche gegeben, Heiligtümer wie das Höhlenkloster in Kiew oder das Kloster von Potschajew der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats zu entziehen.

All dies sei „außerordentlich gefährlich“ und vertiefe die Spaltung in der ukrainischen Gesellschaft, heißt es in dem Kommentar. Daher werde an alle verantwortlichen Kräfte in der Ukraine appelliert, eine Verschlechterung der Situation zu verhindern und alles zu tun, damit es nicht zu einer Konfrontation aus religiösen Gründen kommt.

Schönborn: Hoffen und Bangen

Mit „Bangen und Hoffen“ verfolgt Kardinal Christoph Schönborn die Lage in der Ukraine. „Das Land steht wirtschaftlich am Abgrund“, Solidarität sei deshalb „dringend notwendig“, schrieb Schönborn in seiner Freitag-Kolumne für die Gratiszeitung „Heute“. Der Wiener Erzbischof lud auch zu einem Gottesdienst am Samstag um 18 Uhr in den Stephansdom ein, der die Verbundenheit mit dem krisengeschüttelten Land zum Ausdruck bringen soll. „Wir beten und hoffen für die Ukraine.“

Der Kardinal äußerte Hochachtung für die seit Monaten in bitterer Kälte ausharrenden Demonstranten auf dem Maidan-Platz in Kiew: „Ihnen vor allem ist der Sieg zu verdanken.“ Ihr Mut, ihre Ausdauer, ihre Opfer hätten zum „Sturz des ukrainischen Diktators Viktor Janukowitsch“ geführt. Besonders beeindruckt zeigte sich Schönborn auch von der religiösen Dimension des Widerstandes: „Gegen Gewalt und brutale Macht haben die Menschen die Kraft des Gebets und die Geduld des Glaubens eingesetzt.“ Nicht umsonst habe der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow den Religionsgemeinschaften für ihren Einsatz gedankt.

Debatte um Heldendenkmal

In der westukrainischen Stadt Brody wurde laut „Pro Oriente“ auf Beschluss des Stadtrats am Montag die Statue von Feldmarschall Michaeil I. Kutusow (1745-1813; er war der Held des russischen Widerstands gegen Napoleon) entfernt; sie soll durch ein Denkmal der „Helden des Maidan“ ersetzt werden. Die russische Stiftung „Orthodoxes Christentum und Moderne“ der Diözese Saratow habe daraufhin den Vorsitzenden der Bezirksverwaltung von Brody, Andrej Kowtun, angeschrieben und ihm angeboten, das Kutusow-Monument zu kaufen.

Die Stiftung erachte die Demontage des Monuments als Affront gegen die „gemeinsame glorreiche Geschichte Russlands und der Ukraine und letztlich als eine Beleidigung des Andenkens der Vorfahren, die ihr Leben im Kampf gegen die Invasion Napoleons gegeben“ hätten. Die Stiftung wolle das Kutusow-Denkmal in Saratow aufstellen.

Russische Ikonen-Ausstellung früher geschlossen

Mittlerweile wurde eine Ausstellung russischer Ikonen des 15. bis 17. Jahrhunderts aus dem Moskauer Andrej-Rubljow-Museum, die im Sophia-Zentrum in Kiew gezeigt wurde, vorzeitig geschlossen, berichtete die von Kardinal König gegründete Wiener Ökumene-Stiftung „Pro Oriente“. Der Leiter des Rubljow-Museums, Gennadij Popow, betonte vor Journalisten, es habe kein Grund zur Panik bestanden, aber es sei „normal“, kostbare Kunstwerke aus einer „ungünstigen Umgebung“ zu entfernen. Das sei jetzt auch in Kiew geschehen.

religion.ORF.at/KAP

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