Zentralrat der Juden fordert Courage gegen Judenhass

Der Präsident des Zentralrates der Juden, Dieter Graumann, hat die Menschen in Deutschland zu mehr Courage gegen Antisemitismus aufgerufen. Es gebe im Internet „kübelweise Hass“ gegen Juden.

Bei einer Kundgebung des Zentralrates am Sonntag vor dem Brandenburger Tor in Berlin sagte Graumann, es habe im Sommer anlässlich des Gaza-Krieges „schauderhafte Wellen von Judenhass gegeben“. In den sozialen Netzwerken werde „kübelweise Hass gegen Juden ausgegossen“.

Den Tausenden Zuhörern auf dem Pariser Platz rief er zu: „Genug ist genug, das wollen wir uns einfach nicht mehr gefallen lassen.“ An der Veranstaltung unter dem Motto „Steh auf! Nie wieder Judenhass!“ wollen auch Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel teilnehmen, die als Hauptrednerin angekündigt ist.

Keine Rechtfertigung durch den Gaza-Krieg

Graumann sagte, der Antisemitismus sei häufig gerechtfertigt worden durch den Gaza-Krieg. „Was hat das eine mit dem anderen zu tun, wenn auf deutschen Straßen Juden als Schweine beschimpft werden?“ Dies sei purer Antisemitismus: „Wer wegen Israel zum Antisemiten wird, der war längst einer“, sagte Graumann.

Außerdem forderte er die Vertreter der Muslime in Deutschland auf, stärker gegen Antisemitismus vorzugehen, denn die schlimmsten judenfeindlichen Parolen seien von muslimischen Fanatikern gekommen. „Die muslimischen Verbände im Land müssen viel mehr tun, um den katastrophalen Judenhass in ihren eigenen Reihen zu bekämpfen“, sagte er: „Muslime dürfen nicht zulassen, wenn radikale Islamisten ihre Religion missbrauchen, um Hass zu schüren.“ Viele Muslime in Deutschland dächten nicht so wie sie radikalen.

Ronald S. Lauder, Joachim Gauck, Dieter Graumann und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)

APA/EPA/BERND VON JUTRCZENKA

Ronald S. Lauder, Joachim Gauck, Dieter Graumann und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)

Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Juden in Deutschland nach den antisemitischen Angriffen während des Gaza-Krieges demonstrativ den Rücken gestärkt. „Jüdisches Leben gehört zu uns, es ist Teil unserer Identität und Kultur“, sagte Merkel am Sonntag vor Tausenden Teilnehmern der Kundgebung vor dem Brandenburger Tor.

Der Präsident des Zentralrates der Juden, Dieter Graumann, rief die Deutschen zu mehr Courage gegen Antisemitismus auf. Deutschland habe im Sommer „schauderhafte Wellen von Judenhass“ erlebt. Die Muslime forderte er auf, entschiedener gegen Islamismus in ihren Reihen vorzugehen.

Im Namen der Regierung gegen Judenfeindlichkeit

„Im Namen der ganzen Bundesregierung verurteile ich jede Form von Judenfeindlichkeit in Deutschland und Europa auf das Schärfste“, sagte Merkel. Dass heute wieder mehr als 100.000 Juden in Deutschland lebten, grenze an ein Wunder: „Das ist ein Geschenk und das erfüllt mich mit großer Dankbarkeit.“ Dass heute wieder Menschen in Deutschland angepöbelt und angegriffen würden, wenn sie sich als Juden zu erkennen gäben oder für den Staat Israel Partei ergriffen, sei ein „ungeheurer Skandal“.

„Es schmerzt mich, wenn ich höre, dass junge jüdische Eltern fragen, ob sie ihre Kinder in Deutschland großziehen können oder Ältere, ob es richtig war, dass sie hiergeblieben sind“, sagte sie. Diskriminierung und Ausgrenzung dürften keinen Platz haben: „Jüdische Freunde, Nachbarn, Kollegen - sie sind in Deutschland zu Hause.“

Antisemitismus sei als Kritik an Israel dahergekommen, aber Ausdruck des Hasses auf Juden gewesen. Wer die legitime Kritik am politischen Handeln Israels als Deckmantel ausnutze, um seinen Judenhass auszuleben, missbrauche die Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit, so die deutsche Kanzlerin.

Solidarität der Kirchenvertreter

Solidarität zeigten auch die höchsten Vertreter der Kirchen in Deutschland. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Nikolaus Schneider, sagte, die Angriffe auf Juden seien nicht durch Empörung über den Gaza-Konflikt zu erklären. Für einige sei dies ein Anlass gewesen, ihren Antisemitismus öffentlich auszuleben.

Der Vorsitzender der deutschen katholischen Bischofskonferenz (DBK), Kardinal Reinhard Marx, versicherte den Juden: „Wir sind ihre Freunde, wir stehen zusammen, für immer.“ Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, mahnte, nicht zuzulassen, dass die Neugeburt des jüdischen Lebens in Deutschland durch Fanatiker zerstört werde: „Diese Intoleranz hat keinen Platz in Deutschland“, sagte er: „Niemals werden wir Judenhass akzeptieren, weder in Deutschland, noch anderswo.“

religion.ORF.at/APA/AFP

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