Gesetzesnovelle: IGGiÖ gegen „Lex Islam“

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) hat am Mittwoch ihre Ablehnung gegenüber der geplanten Novelle des Islamgesetzes bekräftigt. Für kommende Woche ist ein Treffen des Obersten Rats der IGGiÖ mit den zuständigen Ministern geplant.

Die IGGiÖ versandte am Mittwoch ihre ablehnende Stellungnahme an die zuständigen Stellen. Die Begutachtungsfrist endet kommenden Freitag. Man sei mit dem Entwurf nicht einverstanden, denn er verstoße gegen das Gleichheitsprinzip, etwa was laufende Finanzierung aus dem Ausland betrifft. Das würde im Vergleich zu allen anderen Religionsgemeinschaften nur die Muslime treffen, so IGGiÖ-Präsident Fuat Sanac in einer Pressekonferenz am Mittwoch. Es erwecke den Eindruck eines prinzipiellen Misstrauens gegen Muslime.

Sanac spricht auch von einem Unterton von Misstrauen. „Besonders die Jugendlichen fühlen sich gekränkt“, sie fühlten sich unter Verdacht gestellt und hätten Angst vor der Zukunft: „Mit diesen Gesetzen kann man nicht leben, sagen sie“, sagte Sanac gegenüber Ö1. Er spricht von einer „Lex Islam“, einem anlassbezogenen Gesetz, das in einigen Punkten gegen die Grundsätze von Gleichheit und Menschenrechten verstoße.

Eigene Gesetze für Schiiten und Aleviten

Um die unterschiedlichen, oft divergierenden Richtungen nicht in ein Islamgesetz zu packen, kann sich Sanac eigene Gesetze für die Schiiten und die Aleviten vorstellen. Das würde schon absehbare Probleme vermeiden, etwa in den Kasernen oder Universitäten.

Trotzdem zeigt sich Sanac optimistisch, dass das neue Islamgesetz so nicht beschlossen und noch überarbeitet wird. Man werde jedenfalls alle Rechte ausschöpfen und hofft auf weitere Verhandlungen mit den zuständigen Ministerien.

Sanac: „Ein schwarzer Tag“

An Proteste, etwa in Form von Demonstrationen denke man im Moment aber überhaupt nicht, „weil wir immer noch am Tisch sind“, sagte Sanac laut APA in der Pressekonferenz. Ziel sei es, die Meinungsverschiedenheiten durch Dialog zu lösen. Aus seiner Unzufriedenheit mit dem Vorgehen der Regierung machte Sanac kein Hehl. „Heute ist für mich ein schwarzer Tag“, sagte er. „Ich war noch nie in den vergangenen 30 Jahren (seines Engagements in der IGGiÖ, Anm.) so traurig, obwohl ich ein optimistischer Mensch bin.“

IGGiÖ-Präsident Fuat Sanac

APA/Georg Hochmuth

IGGiÖ-Präsident Fuat Sanac

Zwar stimme es, dass die IGGiÖ vor der Präsentation durch die Regierung über den Entwurf informiert worden sei. „Aber wissen heißt nicht, etwas zuzustimmen oder zu genehmigen“. Die Glaubensgemeinschaft sei von Anfang an gegen die auch jetzt kritisierten Paragrafen des Entwurfs gewesen. Das sei auch schriftlich dokumentiert.

„Pfeife auf die Präsidentschaft“

Vorwürfe, er habe seine Meinung geändert, weil er um seine Wiederwahl als IGGiÖ-Präsident im kommenden Jahr bange, wies er empört zurück. „Ich pfeife drauf, ich pfeife auf die Präsidentschaft“, sagte er, und betonte, dass die Glaubensgemeinschaft, egal mit wem an der Spitze, mit einer Stimme sprechen werde. Nach der Pressekonferenz verneinte Sanac gegenüber Journalisten jedoch, an Rücktritt zu denken. Seine Zukunft als IGGiÖ-Präsident liege in der Hand der Wähler, betonte er. Er habe sich nie beworben, sondern sei immer um die Kandidatur gebeten worden.

Ümit Vural, juristischer Berater der IGGiÖ, fasste in der Pressekonferenz die zentralen Punkte der 20-seitigen ablehnenden Stellungnahme zum Gesetz zusammen. Sie zwinge die IGGiÖ als bereits anerkannte Religionsgesellschaft in ein neues Anerkennungsregime.

Außerdem, so Vural, mangle es an Gleichstellung mit den anderen Religionsgemeinschaften. Eine Reihe von geplanten Bestimmungen lasse diese vermissen, etwa was das Verbot der Auslandsfinanzierung, die Darstellung der Lehre oder die Qualifikation von religiösen Betreuern betreffe. Und auch an der Diktion des Gesetzes stößt sich die IGGiÖ. Diese könne als Ausdruck eines besonderen Misstrauens gegenüber den Muslimen in Österreich verstanden werden, sagte Vural im Gleichklang mit Sanac.

Treffen mit Ministern

Angesichts der Kritik der Glaubensgemeinschaft an der geplanten Islamgesetz-Novelle treffen Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) und Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) kommende Woche mit dem Obersten Rat der IGGiÖ zusammen. An Grundausrichtung und Zielen der Gesetzesnovelle nach mehr Rechtssicherheit und Transparenz will man festhalten.

Man bleibe im Dialog, wie das auch bei der Erarbeitung des Entwurfs der Fall gewesen sei und es der österreichischen Tradition entspreche, hieß es in einer Stellungnahme der beiden für das Gesetz zuständigen Ministerbüros gegenüber der APA. Doch auch Irritation wurde dabei bemerkbar.

Ministerbüros: Religionsgesellschaften immer informiert

„Die Vorgangsweise, dass die Kritik jetzt geäußert wird und nicht im Zuge der monatelangen intensiven Gespräche, die es mit den beiden Islamischen Religionsgesellschaften, also auch mit der IGGiÖ, im Zuge der Erarbeitung des Entwurfs gegeben hat, ist nicht nachvollziehbar“, hieß es in der Stellungnahme.

„Beide Religionsgesellschaften waren immer über den aktuellen Stand des Entwurfs informiert, auch inhaltlich wurde dieser mit beiden Religionsgesellschaften besprochen. Die Begutachtungsfrist läuft bis Freitag, die Stellungnahmen werden dann gesichtet und sortiert.“ Dem Vernehmen nach findet das Treffen am Freitagabend kommender Woche (14. November) statt.

religion.ORF.at/APA

Mehr dazu:

Link: