Turiner Erzbischof zu Grabtuch: Echtheit „nicht widerlegt“

Aus Sicht des Turiner Erzbischofs Cesare Nosiglia liefern bisherige wissenschaftliche Untersuchungen des Turiner Grabtuches keinen triftigen Beleg gegen dessen Echtheit.

„Die Wissenschaft gibt keine Antworten; die Antworten sind unsichere Zufälle“, sagte Nosiglia am Mittwoch im Vatikan im Hinblick auf die umstrittene C-14-Analyse aus dem Jahr 1988. Die verwendeten Technologien seien womöglich für gültige Beweise gar nicht weit genug entwickelt gewesen und müssten moderneren Methoden weichen. Dieser „Unsicherheit“ stellt der Bischof die „Sicherheit des Glaubens“ gegenüber. Der Vatikan selbst habe seinerzeit die Erforschung des Textils gefördert. Derzeit seien aber keine neuen Untersuchungen vorgesehen, so Nosiglia.

Papst besucht Grabtuch

Das Turiner Grabtuch zeigt nach katholischer Überlieferung Gesicht und Körper des gekreuzigten Jesus. Es soll von 19. April bis 24. Juni 2015 im Turiner Dom ausgestellt werden. Nosiglia präsentierte im Vatikan das geplante Programm. Am 21. Juni will auch Papst Franziskus nach Turin reisen und im Zuge seines Besuchs in der norditalienischen Regionshauptstadt vor dem Tuch beten.

Turiner Grabtuch

APA/ANSA/dpa - Bildfunk

Das Turiner Grabtuch

Auf dem 4,36 mal 1,10 Meter großen Leinentuch ist der Doppelabdruck eines kräftig gebauten, 1,81 Meter großen Mannes mit Bart und langem Haar zu sehen. Einig sind sich die Forscher, dass der „Mann des Grabtuchs“ alle Merkmale der in der Bibel beschriebenen Kreuzigung aufweist. Chemische Untersuchungen von Staub- und Blütenpartikeln weisen auf einen Entstehungszeitraum von rund 2.000 Jahren und auf den Vorderen Orient hin. Die Echtheit des Artefakts ist allerdings nicht gesichert; es gibt unterschiedliche Forschungsergebnisse über sein Alter.

Mittelalter oder Antike?

1988 hatte die Datierung von Stoffpartikeln mit Hilfe der Radiokarbonmethode (C-14) eine Entstehung im Mittelalter ergeben. Andere Wissenschaftler hatten dem widersprochen und gesagt, die Reliquie stamme „fast sicher“ aus der Zeit von Jesus Christus. Dass es 1988 auf eine mittelalterliche Entstehungszeit datiert worden sei, liege an verfälschendem Bakterien- und Pilzbefall späterer Jahrhunderte, so die zweite These. Zudem wurden das Abbild einer Münze aus römischer Zeit auf dem Grabtuch und andere Indizien als Beleg für eine Datierung um die Zeit Jesu gewertet.

Zuletzt hatte der britische Historiker Charles Freeman eine neue Theorie über das Grabtuch vorgelegt. Er hält es für wahrscheinlich, dass das Tuch im Mittelalter für Osterrituale hergestellt wurde, in denen die Vorfindung des leeren Grabs nach der Auferstehung dargestellt wurde - mehr dazu in Historiker: Turiner Grabtuch mittelalterliches Ritualobjekt.

Papst Franziskus wird aus Anlass des Jubiläumsjahres zum 200. Geburtstag des Ordensgründers und katholischen Heiligen Don Giovanni Bosco (1815 bis 1888) am 21. Juni 2015 in den Don-Bosco-Wirkungsort Turin und den Don-Bosco-Geburtsort Castelnuovo reisen. Das kündigten am Mittwoch in Rom der Papst sowie, im Anschluss, Salesianerordens-Verantwortliche an. Franziskus gab in Grußworten an Pilger aus Norditalien bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz seine diesbezüglichen Pläne bekannt.

religion.ORF.at/KAP

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