Islamgesetz: Kurz denkt über Übergangsfrist nach

Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) kann dem Vorschlag, eine Übergangsfrist für die Auslandsfinanzierung muslimischer Einrichtungen im geplanten Gesetz vorzusehen, „viel abgewinnen“.

Er wolle diese Anregung des Leiters des Expertenrates für Integration, Heinz Faßmann, wie alle anderen in die Diskussion aufnehmen, erklärte Kurz am Rande einer Pressekonferenz am Montag. „Ich freue mich, dass er den Entwurf positiv sieht“, so der Ressortchef. Den Vorschlag für eine „Ausschleifregelung“ will er „gerne mit aufnehmen“, kündigte er an. Generell habe das neue Islamgesetz viel Kritik, aber auch Lob geerntet, es seien viele Verbesserungsvorschläge eingelangt.

Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP)

APA/Georg Hochmuth

Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP)

Im nächsten Schritt sollen nun alle Anregungen auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden und in weiterer Folge geht das Gesetz in den Ministerrat. Zwar werde man „da und dort“ Veränderungen vornehmen, auf dem Kurs - ein Islam österreichischer Prägung - bleibe man „voll drauf“.

„Falschinformation und Unwissenheit“

Zur Journalistenfrage, ob Fuat Sanac, Präsident der IGGiÖ, entmachtet sei, antwortete Kurz, dass Sanac für ihn „selbstverständlich“ repräsentativ bleibe, so lange er diese Funktion innehat. Da die Kommunikation aber nicht so funktioniert habe, hätten Kultusminister Josef Ostermayer (SPÖ) und Kurz die Begutachtungsphase genutzt, um den Dialog mit unterschiedlichen Playern in der Community zu führen. Dabei habe sich herausgestellt, dass es viel Falschinformation und Unwissenheit gebe, stellte Kurz fest.

Der Minister ortet zwar viele sachliche Anregungen, er räumte aber ein, dass es immer Punkte geben wird, mit denen nicht alle zufrieden sein werden. Hier erwähnte er etwa die derzeit von der Türkei bezahlten Imame des türkischen Vereins ATIB. Das Islamgesetz war daher auch Gesprächsthema beim jüngsten Gespräch Kurz’ mit dem türkischen Vizepremier Numan Kurtulmus. Er habe dabei die österreichische Position vermittelt, so der Außenminister.

Türkischer Vizepremier bei Kurz

Kurtulmus und Kurz waren am Samstag in Wien zusammengetroffen, Gesprächsthemen waren das neue Islamgesetz und die Terrormiliz IS. Vom neuen Islam-Gesetz ist die Türkei konkret betroffen, zumal 65 türkische Imame, die von der Religionsbehörde Diyanet bezahlt werden, künftig ihr Gehalt nicht mehr aus dem Ausland beziehen können. Zudem wird eine laufende Finanzierung islamischer Einrichtungen aus dem Ausland nicht mehr möglich sein.

Minister Sebastian Kurz und der türkische Vizepremier, Nurman Kurtulmus im Rahmen eines Treffens in Wien

APA/BMEIA/Dragan Tatic

Minister Sebastian Kurz und der türkische Vizepremier, Nurman Kurtulmus, im Rahmen eines Treffens in Wien

Kurtulmus hielt sich laut türkischen Medienberichten in Wien anlässlich einer Veranstaltung des Vereins „Wonder“ auf. Dabei erklärte er in Bezug auf das Islamgesetz, die Türkei habe nicht die Absicht, sich in die inneren Angelegenheiten Österreichs einzumischen. Die Muslime sollten jedoch gleich wie andere Religionsgemeinschaften behandelt werden.

Ostermayer würde Übergangsfrist „diskutieren“

Kultusminister Josef Ostermayer (SPÖ) kann sich ebenfalls vorstellen, über eine Ausschleifregelung für die Islam-Finanzierung aus dem Ausland zu „diskutieren“. Das sagte er am Montag im Ö1-Mittagsjournal. Er betonte aber, dass man „grundsätzlich am Verbot festhalten“ wolle. Bedenken, dies könnte gleichheitswidrig sein, teilt er nicht.

Ostermayer betonte einmal mehr, man habe im Vorfeld der Begutachtung das Gesetz „ganz intensiv mit den betroffenen Gruppen besprochen". Doch wenn es tatsächlich erforderlich ist, dass wir eine Übergangsphase machen, dann können wir selbstverständlich darüber diskutieren.“

Lex Islam „nicht nachvollziehbar“

Die Argumentation, dass das Verbot gleichheitswidrig, weil eine Art Lex Islam, wäre, „ist für mich nicht nachvollziehbar“, so der Minister. Den schon im Gesetz betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften aus dem Jahr 1874 sei festgeschrieben, „dass der laufende Betrieb autark möglich sein muss“.

Konkret heißt es dort im Paragraf 5: „Die staatliche Genehmigung zur Errichtung einer Cultusgemeinde ist durch den Nachweis bedingt, daß dieselbe hinreichende Mittel besitzt, oder auf gesetzlich gestattete Weise aufzubringen vermag, um die nöthigen gottesdienstlichen Anstalten, die Erhaltung des ordentlichen Seelsorgers und die Ertheilung eines geregelten Religionsunterrichtes zu sichern.“ Es gebe also eine „generelle Regelung“ für alle, so Ostermayer.

Koran-Übersetzung laut Verfassungsdienst nicht nötig

Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt verlangt einstweilen Klarstellungen bei der geplanten Novelle des Islamgesetzes. Das geht aus einer internen Stellungnahme hervor, die der APA vorliegt. So müsse „unzweideutig zum Ausdruck gebracht werden“, dass keine deutsche Koran-Übersetzung vorzulegen sei, sondern lediglich eine Darstellung der wesentlichen Glaubensinhalte.

Dass das „in deutscher Sprache“ zu erfolgen habe, versteht sich nach Ansicht des Verfassungsdienstes von selbst. Schließlich handle es sich dabei um die Amtssprache Österreichs. In den Erläuterungen näher auszuführen sei die Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten, so der Verfassungsdienst zum geplanten Verbot der laufenden Finanzierung aus dem Ausland.

Darzustellen sei dabei, dass es nur um eine bestimmte Art der kontinuierlichen Auslandsfinanzierung gehe (Zuwendungen aus Schenkungen oder Stiftungen bleiben erlaubt, Anm.) und es sich um keinen Eingriff in innere Angelegenheiten der Religionsgesellschaften handle.

Gesetzestitel neu fassen

Legistische Probleme hat der Verfassungsdienst damit, dass formal nicht der Weg eines neuen Gesetzes genommen wurde. „Grundsätzlich ist zu bemerken, dass bei der vollständigen Ersetzung aller Paragrafen des betreffenden Gesetzes das Mittel der Neuerlassung statt einer Novellierung zu wählen wäre“, heißt es in der Stellungnahme.

Außerdem stamme der Gesetzestitel nicht mehr mit dem Inhalt überein, umfasse es doch zwei bereits bestehende Religionsgesellschaften - nämlich die islamische Glaubensgemeinschaft und die Aleviten - und eine unbestimmte Zahl künftiger. „Es sollte daher auch der Gesetzestitel neu gefasst, somit überhaupt anstelle der vorgesehenen Novelle ein neues Gesetz erlassen werden.“

religion.ORF.at/APA

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