Papst warnt in Bolivien vor Profitstreben

Am Mittwoch hat erstmals seit 27 Jahren wieder ein Papst Bolivien besucht. Präsident Evo Morales empfing Papst Franziskus mit einer Umarmung, sein Verhältnis zur katholischen Kirche ist aber gespannt. Franziskus warnte bei der Begrüßungszeremonie vor dem Streben nach Profit.

Der Anden-Staat wies zuletzt ein Wirtschaftswachstum von rund fünf Prozent auf. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt aber nur 2.750 US-Dollar pro Kopf. Es gibt riesige Einkommensunterschiede und viel Armut. Papst Franziskus sprach bei der Begrüßungszeremonie in Bolivien von der Gefahr reinen Profitstrebens: „Wenn es sich beim Wachstum um ein bloß materielles handelt, läuft man immer Gefahr, wieder neue Unterschiede zu schaffen, bei denen der Überfluss der einen auf dem Mangel der anderen beruht.“

Kritik und Lob

Franziskus deutete auch Kritik an Morales’ autoritärem Führungsstil an. Er forderte „Transparenz auf der Ebene der Institutionen“. Integration erfordere immer auch „einen Geist öffentlicher Zusammenarbeit, des Dialogs und der Teilnahme der Einzelnen und der gesellschaftlichen Handlungsträger“. Ein Volk brauche gemeinsame Werte und Ideale, „ohne jemanden auszuschließen oder abzuweisen“, so der Papst.

Papst Franziskus und Boliviens Präsident Evo Morales

APA/EPA/Martin Alipaz

Papst Franziskus und Boliviens Präsident Evo Morales

Der Argentinier, den die Bolivianer als ihren lateinamerikanischen Papst begrüßten, lobte allerdings auch die Bemühungen für ein friedliches Zusammenleben der vielen Ethnien in dem Land. „Wie viel Freude bereitet es uns zu wissen, dass das Spanische, das in diese Länder gebracht wurde, heute mit 36 indigenen Sprachen zusammenlebt und sich vermischt“, sagte der 78-jährige Argentinier. Bolivien mache derzeit „wichtige Schritte, um die Inklusion in weiten Bereichen des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Lebens voranzubringen“. Er mahnte auch die Rechte der indigenen Bevölkerung Boliviens ein.

Übernachtung in Zelten

Am späten Mittwochabend nach österreichischer Zeit war Papst Franziskus von Ecuador aus kommend auf dem Flughafen im 4.000 Meter hoch gelegenen El Alto gelandet. Geschwächt verließ er das Flugzeug und bekam von dem Präsidenten des Ande-Staates, Evo Morales, nach einer Umarmung einen Beutel mit Kokablättern geschenkt, die hier seit der Inka-Zeit angebaut und gekaut werden. Sie sollen gegen Erschöpfung aber auch gegen die Höhenkrankheit helfen. Franziskus verzichtete auf dem Flughafen jedoch zunächst auf den Konsum. Nach der Begrüßung auf dem Flughafen standen ein Höflichkeitsbesuch im Präsidentenpalast in La Paz und eine Begegnung mit Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft auf dem Programm.

Konfrontationskurs mit Kirche

Entlang der 15 Kilometer langen Route des Papamobils herunter zum auf 3.600 Meter gelegenen Regierungssitz La Paz hatten die Menschen teilweise in Zelten übernachtet, um einen guten Blick auf den Papst zu erhaschen. Der Tag war zum Feiertag erklärt worden, überall sangen die Menschen „Willkommen in La Paz“.

Papst Franziskus in Bolivien in Umarmung mit einem Bub

APA/EPA/Bolivian Information Agency

Papst Franziskus in Bolivien in Umarmung mit einem Bub

Präsident Morales ist zwar einerseits auf Konfrontationskurs mit der heimischen Kirche, umschmeichelt den Papst aber als Verbündeten im Kampf gegen Armut und Ausgrenzung. Mehrfach pries er ihn als „Bruder“. Kirchliche Organisationen werfen ihm aber eine Instrumentalisierung des Besuches vor, da dieser im eigenen Land oft gegen die katholische Kirche gerichtet agiere. Streitpunkte sind etwa Interventionen im Bildungsbereich, zudem sieht Morales viele Bischöfe in Opposition zu ihm.

Papst will katholische Kirche stärken

Bolivien ist stark katholisch geprägt, es gibt aber einen großen Einfluss evangelikaler Pfingstkirchen und von Naturreligionen, die gerade bei der indigenen Bevölkerung verbreitet sind. Die Papst-Visite soll auch der Stärkung der katholischen Kirche dienen.

Der Papst sagte, er komme „als Gast und Pilger“ nach Bolivien, um den Glauben der Christen zu stärken. Sie müssten „Sauerteig einer besseren Welt sein und am Aufbau einer gerechteren und solidarischen Welt mitarbeiten“.

Kurzer Aufenthalt

Wegen der Höhe war vereinbart worden, dass der Papst, der nur noch einen voll funktionierenden Lungenflügel hat, nach wenigen Stunden weiter nach Santa Cruz ins Tiefland reist, wo am Donnerstag zu einer Messe eine Million Menschen erwartet werden, darunter auch Tausende Katholiken aus der argentinischen Heimat.

Franziskus hatte seine Reise am Sonntag in Ecuador begonnen. Am Freitag wollte er nach Paraguay weiterreisen. Es ist die längste Reise des aus Argentinien stammenden Papstes seit seiner Wahl im März 2013.

religion.ORF.at/APA/KAP

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