Serbische Kirche gegen Kosovo UNESCO-Mitgliedschaft

Die serbisch-orthodoxe Kirche kämpft gemeinsam mit der Belgrader Regierung gegen die Aufnahme des Kosovo in die UNESCO. Bereits im Juli hatte sich Außenminister Ivica Dacic an UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon gewandt.

In dem Schreiben bezeichnet er das Gesuch Pristinas zur Aufnahme des - u.a. von Österreich, Deutschland und den USA als souveräner Staat anerkannten - südosteuropäischen Landes in die UNO-Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturorganisation als „inakzeptabel gemäß internationalem Recht“.

Stadtzentrum von Prizren

ORF/Martin Cargnelli

Das Stadtzentrum von Prizren

Anerkennung durch die Hälfte der UN-Mitglieder

Der mehrheitlich von ethnisch albanischer Bevölkerung bewohnte Kosovo war vor dem Kosovokrieg 1998/99 eine Provinz Serbiens innerhalb der Bundesrepublik Jugoslawien. Die einseitige Unabhängigkeitserklärung erfolgte 2008. Etwa die Hälfte der UN-Mitglieder haben bisher die Unabhängigkeit anerkannt.

In einer am Sonntag von der Wiener Stifung „Pro Oriente“ veröffentlichten Stellungnahme des Sprechers der serbisch-orthodoxen Kirche, Bischof Irinej (Bulovic), heißt es, die serbisch-orthodoxe Kirche werde die diplomatischen Bemühungen Belgrads um den Schutz des serbischen religiös-kulturellen Erbes im Kosovo unterstützen. Sie habe dies auch in der Vergangenheit getan. Man unterstütze die Feststellung des Außenministers, dass eine Aufnahme der unilateral als selbständig erklärten Republik Kosovo in die UNESCO „schädlich“ wäre.

Obhut für Kulturstätten würde Pristina zufallen

Die Behörden von Pristina hatten der UN einen Antrag zukommen lassen, wonach die Kulturgüter, die zur Zeit unter UNESCO-Schutz stehen, in Zukunft als „kosovarisches Kulturerbe“ deklariert werden sollen. Auf der aktuellen Liste der UNESCO befinden sich die serbisch-orthodoxen Klöster Visoki Decani und Gracanica, das Patriarchat von Pec und die Kirche der Muttergottes von Ljevis (Bogorodica Ljeviska). Mit einer Aufnahme von Pristina in die UNESCO würde die Obhut dieser heiligen Stätten Pristina zufallen, was für Serbien unannehmbar ist.

Prizren

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Die historische Stadt Prizren im Süden des Kosovo

Die serbisch-orthodoxe Kirche werde sich - so Bischof Irinej weiter - direkt an die UNESCO wenden. Der UNESCO würden Informationen und Materialien übermittelt werden - etwa das kürzlich in englischer Sprache veröffentlichte Werk „Zaduzbine Kosova“ (Stiftungen Kosovos). Dieses Buch beinhaltet auf etwa 1.000 Seiten eine Vielzahl von Bildern wichtiger sakraler Bauwerke.

Appell an die anderen Kirchen

Bischof Irinej betonte, er wolle sich in der Causa auch an die orthodoxen Schwesterkirchen wenden und ebenso an die katholische Kirche. Bischof Irinej erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass der Heilige Stuhl bisher den Staat Kosovo nicht anerkannt hat, obwohl der Vatikan zu Beginn der 1990er-Jahre noch vor Deutschland und den USA Slowenien und Kroatien anerkannte.

Die serbisch-orthodoxe Kirche werde in Sachen des Kulturerbes im Kosovo auch an die reformatorischen Kirchen, an den Weltkirchenrat, die Konferenz europäischer Kirchen und an andere christliche internationale Organisationen und Foren appellieren, so der Kirchensprecher. Auch Kontaktaufnahmen mit den Führungspersönlichkeiten der nichtchristlichen Weltreligionen sei von Nutzen, weil etwa auch Juden, Muslime und Buddhisten die Bedrohung und den Diebstahl ihres religiös-kulturellen Erbes zu erdulden gehabt hätten.

Kosovarisches Außenministerium ist optimistisch

Im Juli hatte der kosovarische Vizeaußenminister Petrit Selimi erklärt, die Initiativen Serbien gegen die Bestrebungen seines Landes, ein vollwertiges Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft zu werden, würden nichts fruchten. „Wir wissen, dass viele Staaten UNESCO-Mitglieder wurden, ehe sie UNO-Mitglieder wurden - darunter Westdeutschland, Österreich, usw. Dacic kann Briefe schreiben, aber er kann das Rad der Geschichte nicht anhalten.“

Minarett in der Stadt Prizren

ORF/Martin Cargnelli

Minarett in der Stadt Prizren

Der kosovarische Außenminister Hashim Thaci hatte am 16. Juli erklärt, dass man die UNESCO-Mitgliedschaft beantragt habe. Für eine Aufnahme braucht ein Land zunächst die Unterstützung des UNESCO-Exekutivrates. Dieser entscheidet, ob der UNESCO-Generalversammlung im November der Beitrittsantrag zur Abstimmung vorgelegt wird. In der Generalversammlung bedarf es dann einer Zwei-Drittel-Mehrheit.

Im März 2004, als die Status-Frage ungelöst war und sich auch keine Lösung für die Zukunft des Kosovo abzeichnete, kam es zu dreitägigen Ausschreitungen von Kosovo-Albanern gegen Serben und andere Minderheiten-Angehörige. 19 Menschen wurden getötet und Hunderte verletzt. Zahlreiche Häuser und kulturell bedeutsame Einrichtungen der serbisch-orthodoxen Kirche wurden zerstört oder beschädigt.

religion.ORF.at/KAP

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