Papst: „Gott weint“ über Kindesmissbrauch

Papst Franziskus hat während seiner USA-Reise in der US-Metropole Philadelphia Missbrauchsopfer getroffen und eine harte Strafe für die Schuldigen angekündigt. „Gott weint“ angesichts dieser Taten, sagte der Papst.

„Ich verspreche, dass alle Verantwortlichen für sexuellen Missbrauch von Kindern bestraft werden“, sagte Franziskus am Sonntag bei einem Treffen mit Bischöfen zum Abschluss seiner USA-Reise. Zuvor hatte Franziskus fünf Missbrauchsopfer empfangen, drei Frauen und zwei Männer, wie der Vatikan mitteilte.

Papst Franziskus

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Papst Franziskus kündigt harte Strafen für die Schuldigen des Kindesmissbrauchs an

„Tiefe Scham“

Die Opfer berichteten in dem etwa 30 Minuten langen Treffen von ihren Erfahrungen, Franziskus richtete einige Worte an sie, begrüßte dann jeden einzeln und betete mit ihnen. Der Papst sagte anschließend vor den Bischöfen aus aller Welt, er empfinde „tiefe Scham“, dass den Kindern Gewalt angetan worden sei und schwere Leiden verursacht worden seien. „Diese Verbrechen können nicht länger geheim gehalten werden“, sagte er. „Gott weint“ angesichts dieser Taten.

Die katholische Kirche war vor einigen Jahren vom Skandal um jahrzehntelangen Missbrauch in zahlreichen Ländern massiv erschüttert worden. Auch die USA waren stark betroffen. Papst Franziskus geht seit seinem Amtsantritt entschlossen gegen Kindesmissbrauch vor.

Jugendliche Opfer eines Wohlstandsideals

Der Papst warnte bei einem Treffen mit Geistlichen vor Kulturpessimismus und vorschnellen Urteilen über Jugendliche. Viele junge Menschen seien keine Egoisten, sondern Opfer eines Wohlstandsideals, für das sie ihre Ehe immer weiter aufschöben.

Papst Priesterseminaristen

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Papst Franziskus mit Bischöfen und Priesterseminaristen auf den Stufen der St. Martin of Tours Kapelle in Philadelphia

Dagegen sind Priester und Bischöfe nach den Worten des Papstes gefordert, als Seelsorger die Wunden der Einsamkeit zu heilen und für die Schönheit des Familienlebens zu werben. „Wir müssen unsere Energien weniger darauf konzentrieren, immer wieder neu die Mängel der gegenwärtigen Epoche und die Vorzüge des Christentums zu erklären, sondern vielmehr die jungen Menschen offen und direkt dazu auffordern, in der Entscheidung für Ehe und Familie wagemutig zu sein.“

Papst: „Likes und Followers“ statt Vertrauen

Die Konsumkultur verführe Jugendliche dazu, statt Vertrauen und Verbindlichkeit lieber „Likes“ und „Followers“ in Sozialen Netzwerken zu sammeln. „Was wichtig ist, bestimmt heute der Konsum“, sagte der Papst beim Weltfamilientreffen in Philadelphia.

„Beziehungen konsumieren, Freundschaften konsumieren, Religionen konsumieren, konsumieren, konsumieren ...“, so Franziskus. Die Welt ähnle heute einem Einkaufszentrum mit riesiger Auswahl und vielen Möglichkeiten.

Papst Like

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Jugendliche neigen dazu, statt Vertrauen und Verbindlichkeit lieber „Likes“ und „Followers“ in sozialen Netzwerken zu sammeln, sagt der Papst

Dies habe jedoch dazu geführt, dass sich junge Menschen an nichts und niemanden mehr binden wollten. Vielmehr dominiere eine Kultur, in der alles weggeworfen werde, „was den Neigungen des Konsumenten nicht mehr dient oder sie nicht befriedigt’“, kritisierte Franziskus.

Viele seien gefangen in einer Einsamkeit, die jede Verbindlichkeit fürchtet und hemmungslos nach Anerkennung sucht. Auch Christen seien nicht immun gegenüber den Veränderungen ihrer Zeit.

Papst kritisiert Strafvollzug in den USA

Papst Franziskus hat den Strafvollzug in den USA kritisiert und zum gesellschaftlichen Einsatz für eine bessere Resozialisierung von Häftlingen aufgerufen. „Es tut weh, Strafsysteme zu sehen, die nicht versuchen, Verletzungen zu behandeln, Wunden zu heilen und neue Chancen zu schaffen“, sagte er am Sonntag vor Häftlingen im größten Gefängnis von Philadelphia, der „Curran-Fromhold Correctional Facility“, das rund 8.000 Insassen hat, darunter auch Frauen.

Der Papst ging in seiner Ansprache aus vom Evangelium von der Fußwaschung. Leben bedeute, „unsere Füße schmutzig zu machen“ auf den staubigen Straßen des Lebens und der Geschichte. Alle Menschen hätten es nötig, gereinigt, gewaschen zu werden. Christus reiche allen Menschen die Hand, damit sie aufgerichtet werden und wieder eine Zukunftsperspektive erhalten.

Papst begrüßt Häftlinge

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Papst Franziskus begrüßte jeden Häftling einzeln

Nach seiner Ansprache vor den rund 100 Männern und Frauen begrüßte Franziskus jeden einzelnen Häftling persönlich und wechselte einige Worte und umarmte einige von ihnen. Als Geschenk hatten die Gefängnisinsassen für den Papst einen hölzernen Stuhl angefertigt. Besuche in Haftanstalten zählen zum festen Bestandteil der Apostolischen Reisen von Papst Franziskus.

Papst bekommt wegen Hüftproblemen Physiotherapie

In den letzten Tagen seines USA-Besuchs wirkte Papst Franziskus teils erschöpft, und es war auch nicht zu übersehen, dass er humpelte. Der Vatikansprecher Federico Lombardi sagte dazu am Samstag in Philadelphia, der Papst habe ein Hüftproblem und werde „regelmäßig“ physiotherapeutisch behandelt.

„An einigen Tagen geht es besser als an anderen“, fügte Lombardi auf entsprechende Fragen von Reportern hinzu. Es sei „normal“, dass Franziskus auf einer derartigen Reise „ein wenig müde“ sei. Er schlafe aber „glücklicherweise sehr gut“.

Papst Hüftprobleme

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Papst Franziskus lehnt trotz Hüftschmerzen Unterstützung ab

Der Papst bewegt sich häufig recht langsam und bekam beim Treppensteigen manchmal diskrete Hilfe von Priestern aus seiner Entourage - was Franziskus nicht übermäßig zu schätzen schien.

Franziskus beendet USA-Reise mit großer Messe

Zum Abschluss seiner neuntägigen Reise nach Kuba und in die USA feiert Papst Franziskus am Sonntag eine große Messe in Philadelphia. Mit dem Gottesdienst endet zugleich das katholische Welttreffen der Familien.

Die Veranstalter rechnen mit einer Million Teilnehmer. Am Abend fliegt Franziskus zurück nach Rom. Die Schlussmesse beginnt um 22.00 Uhr österreichischer Zeit.

Gottesdienst im Museumsviertel

Der Gottesdienst findet auf dem Benjamin Franklin Parkway statt, einer rund 1,5 Kilometer langen Verkehrsachse im Museumsviertel Philadelphias. Die von Grünanlagen gesäumte Parademeile war unter anderem Veranstaltungsort des Live-8-Konzerts 2005 für Schuldenerlass und Armutsbekämpfung.

Das Weltfamilientreffen, an dem neben Einzelpersonen auch katholische Verbände und Experten teilnahmen, gilt als Stimmungsbarometer für die in einer Woche beginnende Weltbischofssynode zu Familienfragen im Vatikan, etwa mit Blick auf den innerkirchlichen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen oder Homosexuellen.

religion.ORF.at/KAP/dpa

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