Schönborn-Gruppe: Papst soll Ehelehre reformieren

Eine umfassende Erneuerung der katholischen Ehe-Theologie durch das kirchliche Lehramt hat die von Kardinal Christoph Schönborn geleitete deutsche Sprachgruppe bei der Familiensynode in Rom vorgeschlagen.

In dem am Mittwoch veröffentlichten Abschlussbericht der Gruppe heißt es wörtlich: „Wir empfehlen ein vertieftes Studium dieser Fragen mit dem Ziel einer lehramtlichen Neubewertung und einer größeren Kohärenz der dogmatischen, moraltheologischen und kirchenrechtlichen Aussagen zur Ehe mit der pastoralen Praxis.“

Zugeständnis an Wiederverheiratete

Für wiederverheiratete Geschiedene schlägt die Gruppe vor, dass künftig ein Priester im Gespräch mit dem jeweils Betroffenen klären soll, ob nach der Schließung einer weiteren Zivilehe „ein Zugang zu den Sakramenten möglich ist“.

Zur deutschen Sprachgruppe bei der aktuellen Versammlung der Weltbischofssynode in Rom zählen unter anderem - neben dem Wiener Erzbischof - die Kardinäle Walter Kasper, Reinhard Marx, Gerhard Ludwig Müller und Christoph Schönborn sowie der Vorarlberger Bischof Benno Elbs. Sie halten fest, dass ins Zulassungsgespräch für wiederverheiratete Geschiedene die Frage gehöre, wie es um den verlassenen Partner steht, und ob die neue Partnerschaft in der weiteren Familie oder in der Gemeinde Verletzungen oder Ärgernisse verursacht. Eine solche „ehrliche Besinnung“ könne „das Vertrauen in die Barmherzigkeit Gottes stärken, die niemandem verweigert wird, der sein Versagen und seine Not vor Gott bringt“.

Leid durch „unbarmherzige Haltungen“

Zu Beginn ihres Berichts legen die Kardinäle und Bischöfe der Gruppe ein Schuldbekenntnis ab und beklagen, dass die Seelsorge durch „harte und unbarmherzige Haltungen“ oft Leid über Menschen gebracht habe. Dazu zählten „insbesondere ledige Mütter und unehelich geborene Kinder, Menschen in vorehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften, homosexuell orientierte Menschen und Geschiedene und Wiederverheiratete“. Die Bischöfe bitten in ihrem Bericht die Betroffenen um Verzeihung.

Mit Blick auf „Gender-Theorien“ erklären die Bischöfe, die Unterscheidung zwischen biologischer Geschlechtlichkeit und soziologischer Geschlechterrolle sei zwar möglich, alle Theorien, die das Geschlecht des Menschen als nachträgliches Konstrukt ansehe, seien aber „als Ideologie“ abzulehnen.

Scharfe Kritik an „falschen Bildern“

Ferner kritisieren die deutschsprachigen Bischöfe mit ungewohnter Schärfe öffentliche Äußerungen einzelner Synodenväter zu Personen, Inhalt und Verlauf der Synode. Ohne einzelne Vorgänge beim Namen zu nenne, schreiben die Bischöfe weiter: „Die gebrauchten Bilder und Vergleiche sind nicht nur undifferenziert und falsch, sondern verletzend. Wir distanzieren uns entschieden.“

Beobachter vermuten, dass die Gruppe damit auf Polemiken einzelner Bischöfe reagierten, die von einem manipulierten Verlauf der Synode sprachen und insbesondere den deutschen Bischöfen kirchenspalterische Absichten unterstellt hatten. Im Lauf der Debatte hatte zudem Kurienkardinal Robert Sarah postmoderne Sexualtheorien mit Nationalsozialismus und Stalinismus verglichen - mehr dazu in Kardinal Sarah schockt mit Aussagen zu IS und Nazis.

religion.ORF.at/KAP

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