D: Sikh mit Turban darf nicht auf Helm verzichten

Anhänger der Sikh-Religion, die einen Turban tragen, dürfen beim Motorradfahren nicht auf einen Helm verzichten. Das entschied ein deutsches Gericht in einem Urteil, das am Dienstag veröffentlicht wurde.

Geklagt hatte ein Mann aus Konstanz, der 2005 der Religion der Sikhs beigetreten war. Weil ihm diese vorschreibe, immer einen Turban zu tragen, hatte er 2013 beantragt, keinen Helm nutzen zu müssen. Die Stadt Konstanz lehnte das jedoch ab.

Religionsfreiheit „nicht verletzt“

Das Verwaltungsgericht Freiburg gab der Stadt nun recht: Die Ablehnung des Antrags verletze nicht das Grundrecht auf Religionsfreiheit, urteilten die Richter bereits am 29. Oktober. Zwar sind Sikhs durch ihre Religion unter anderem dazu verpflichtet, sich nach dem Vorbild ihres historischen Gurus bis zum Lebensende die Haare nicht zu schneiden, sie zu bedecken und mit einem Turban zu schmücken. Das Tragen eines Helmes zwinge den Kläger aber weder zum Schneiden der Haare noch zu ihrer Entblößung in der Öffentlichkeit.

Sikhs in einer religiösen Zeremonie in Ahmedabad, Indien

Reuters/Amit Dave

Sikhs in einer religiösen Zeremonie in Ahmedabad, Indien

Zudem sei es fraglich, „ob noch Respekt für Schöpfer und Schöpfung mitschwinge, wo der schmückende Turban den schützenden Motorradhelm verdränge“, hieß es bei Gericht. Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats noch Berufung eingelegt werden. (Aktenzeichen 6 K 2929/14).

Sikhs sind Anhänger einer im 15. Jahrhundert in Nordindien entstandenen religiösen Reformbewegung. „Sikh“ bedeutet übersetzt „Schüler“. Die Religion wurde von dem Wanderprediger Guru Nanak (1469-1538) begründet. Er versuchte, mit der neuen Religion eine Verbindung zwischen Hinduismus und Islam zu schaffen. Nach Angaben des Website Oxfordsikhs.com, die vor allem praktische Informationen und Tipps für die Anhänger der Religion veröffentlicht, gibt es weltweit rund 27 Millionen Sikhs. Die meisten davon leben in Indien. Auch in Großbritannien, Kanada und den USA gibt es viele Anhänger. In Deutschland gibt es laut Oxfordsikhs.com 8.000 Sikhs, andere Websites schreiben von 15.000. In Österreich leben etwa 3.000 Sikhs.

Sikhs tragen als Ausdruck von Gleichberechtigung gemeinsame Nachnamen. Sikh-Frauen tragen den Nachnamen Kaur (Prinzessin) und Männer Singh (Löwe). Sie respektieren den Willen (hukam) der Schöpfung, der sich in den Naturgesetzen manifestiert. Beim Sikhismus gilt der Grundsatz der Toleranz gegenüber anderen Religionen sowie die Gleichberechtigung aller Menschen und Geschlechter. Gläubige Sikhs leben nach strengen Vorschriften: Nikotin und Alkohol sind verboten, ebenso Ehebruch und sexuelle Beziehungen vor der Ehe.

Zu den Kennzeichen eines Gläubigen gehören unter anderem das ungeschnittene Haar mit Turban (für Spiritualität), ein kleines Schwert (für Mut und Selbstaufopferung) und ein stählernes Armband (für die Einheit mit Gott).

religion.ORF.at/dpa

Mehr dazu:

Link: