Brenner-Grenze: Heftige Kirchen-Kritik an Regierung

Nachdem am Dienstag am Brenner auf österreichischer Seite die ersten Bauarbeiten für mögliche Grenzkontrollen begonnen haben, üben die heimischen Kirchen heftige Kritik am Kurs der Regierung.

Der Brenner werde so wieder zum „Symbol der Teilung“ Europas, warnte Erich Leitenberger, Pressesprecher des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) im Interview mit Radio Vatikan. Für die Vision eines neuen vereinten Europas, auf der seit Jahrzehnten der Fokus lag, sei das ein großer Rückschlag. Das sogenannte österreichische „Grenzmanagement“ am Brenner solle ähnlich jenem in Spielfeld sein und auch einen Zaun beinhalten.

Flüchtlinge „keine Feinde“

„Wir hoffen auf eine europäische Lösung und endlich mehr Solidarität gegenüber Italien und Griechenland“, so Leitenberger wörtlich. Flüchtlinge seien keine Feinde, sondern Menschen in Not auf der Suche nach Sicherheit. „Es ist unsere Pflicht, diesen Menschen zu helfen“, so der ÖRKÖ-Sprecher. Die Entscheidung der Regierung, eine neue Grenze am Brenner zu errichten, sei ein schwerer Fehler.

Erste Bauarbeiten für mögliche Grenzkontrollen am Brenner (Gries, Tirol)

APA/Zeitungsfoto.at

Erste Bauarbeiten für mögliche Grenzkontrollen am Brenner (Gries, Tirol)

Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich hatte unlängst in einer Erklärung eine humane Lösung des Flüchtlingsproblems eingefordert, was nur durch mehr Solidarität erreichbar sei. Sonderwege einzelner Staaten oder Staatengruppen führten hingegen in die Irre, warnte der ÖRKÖ. „Es geht nicht an, die EU-Mitgliedsländer im Süden, vor allem Griechenland und Italien, mit der Belastung allein zu lassen. Das Projekt Europa steht und fällt damit, dass die Probleme im Miteinander aller Betroffenen gelöst werden“, heißt es in der Erklärung.

Kritik auch von Italien

Kritik gibt es auch von der italienischen Seite. Für den Generaldirektor der Stiftung Migrantes der italienischen Bischofskonferenz, Giancarlo Perego, wäre "die Brenner-Schließung eine gravierende Wunde für die EU und die europäische Solidarität. „Das wäre eine weitere falsche Antwort auf das dramatische Problem der Flüchtlinge. Dieser Beschluss widerspricht der Botschaft, die der Papst mit seinem Besuch auf Lesbos am Samstag geben will“, so Perego.

Vor Papst-Besuch auf Lesbos

Papst Franziskus will am Samstag auf Lesbos gemeinsam mit dem Erzbischof von Athen, Hieronymos II., und dem Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, ein Flüchtlingslager besuchen.

Vonseiten der italienischen Politik hagelt es seit Dienstag massive Kritik an Österreich. So erklärte beispielsweise der italienische Premier Matteo Renzi: „Wir akzeptieren keine Stellungnahmen gegen die europäischen Spielregeln“. Italien sei wegen eines Zuwachses der Migrantenströme über das Mittelmeer nicht besorgt. Es bestünden keine Anzeichen, dass es zu einem unkontrollierten Flüchtlingsstrom in Richtung Österreich komme, wie es die Regierung in Wien befürchte, sagte Renzi.

Dem ÖRKÖ gehören derzeit 16 Kirchen an: „Volle Mitglieder“ sind Altkatholische Kirche, Anglikanische Kirche, Armenisch-apostolische Kirche, Bulgarisch-Orthodoxe Kirche, Evangelische Kirche A.B., Evangelische Kirche H.B., Evangelisch-methodistische Kirche, Griechisch-Orthodoxe Kirche, Koptisch-Orthodoxe Kirche, Römisch-Katholische Kirche, Rumänisch-Orthodoxe Kirche, Russisch-Orthodoxe Kirche, Serbisch-Orthodoxe Kirche und Syrisch-Orthodoxe Kirche. Die Äthiopisch-orthodoxe Kirche und der Bund der Baptistengemeinden sind „Mitglieder mit beratender Stimme“. Eine Reihe weiterer Institutionen beziehungsweise Organisationen besitzen Beobachterstatus.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu:

Links: