Papst holt syrische Flüchtlinge von Lesbos nach Rom

Bei seinem Besuch auf der griechischen Insel Lesbos hat Papst Franziskus am Samstag den dort festsitzenden Flüchtlingen Mut zugesprochen und stärkere internationale Anstrengungen zur Bewältigung der Krise gefordert. Auf dem Rückflug nahm er zwölf syrische Flüchtlinge mit in den Vatikan.

Das sei eine „Geste des Willkommens für Flüchtlinge“, erklärte der Kirchenstaat. Es handle sich um drei Familien aus Syrien, darunter sechs Kinder. Sie werden vorerst von der Gemeinde Sant’Egidio in Rom betreut.

„Ihr seid nicht allein, liebe Freunde, verliert die Hoffnung nicht!“, hatte der Papst, der mit dem ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I., und dem griechisch-orthodoxen Erzbischof Hieronymus das Registrierungslager Moria besuchte, die Flüchtlinge zuvor ermutigt.

Berührender Empfang im Flüchtlingslager

Das katholische Kirchenoberhaupt forderte die internationale Gemeinschaft auf, mit Menschlichkeit auf die Flüchtlingskrise zu reagieren. Besonders die Europäer müssten „mit Respekt für die Menschenwürde“ handeln, sagte der Papst, der in Moria mit Rufen wie „Freiheit“ und Schildern mit der Aufschrift „Hilfe“ empfangen wurde. Einige Flüchtlinge fielen vor ihm auf die Knie und brachen in Tränen aus.

„Mögen euch alle unsere Brüder und Schwestern auf diesem Kontinent wie der gute Samariter zu Hilfe kommen!“, sagte der Papst. Der „Geist der Brüderlichkeit, der Solidarität und des Respekts für die Menschenwürde“ habe die Geschichte des europäischen Kontinents geprägt, betonte er in einer indirekten Kritik an jenen EU-Staaten, die sich gegen eine Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU sträuben.

Flüchtlinge empfangen Papst Franziskus auf Lesbos

REUTERS/Filippo Monteforte/Pool

Flüchtlinge empfangen Papst Franziskus

Kritik an europäischen Zäunen

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras kritisierte bei einem kurzen Treffen mit Franziskus „gewisse europäische Partner, die im Namen des christlichen Europas Mauern errichtet haben“.

Bartholomäus I. sagte, die Welt werde „beurteilt werden nach der Weise, wie sie euch behandelt hat“. Wer die Flüchtlinge fürchte, habe „euch nicht in die Augen geschaut, eure Kinder nicht gesehen“.

Gemeinsame Erklärung der Kirchenoberhäupter

Die drei Kirchenoberhäupter unterzeichneten eine gemeinsame Erklärung, in der sie die Staatengemeinschaft auffordern, der „gewaltigen humanitären Krise“ mit Mut zu begegnen. Auch die „tieferen Gründe“ für die massenhafte Flucht müssten mit diplomatischen, politischen und karitativen Anstrengungen im Nahen Osten und in Europa angegangen werden, hieß es.

Franziskus gedachte im Hafen von Mytilini mit Hieronymus und Bartholomäus I. der ungezählten Flüchtlinge, die „skrupellosen Schurken“ zum Opfer gefallen seien. Auf der Überfahrt vom türkischen Festland ertranken dieses Jahr bereits 375 Flüchtlinge in der Ägäis. Allerdings ging die Zahl der Flüchtlinge sowie der Opfer deutlich zurück, seitdem am 20. März der Flüchtlingspakt mit der Türkei in Kraft trat.

Zustrom in Lesbos hält an

„Wir sind alle Migranten“, sagte Franziskus, der selbst ein Enkel nach Argentinien ausgewanderter Italiener ist. Flüchtlinge seien keine Nummern, sondern Menschen mit „Gesichtern, Namen und individuellen Geschichten“. Er verurteilte die Errichtung von Mauern, die nur zu Spaltung und Streit führe.

Im Lager Moria befinden sich derzeit rund 3.000 Flüchtlinge. Mehr als eine halbe Million Flüchtlinge reiste vergangenes Jahr über Lesbos nach Griechenland ein. Seit Beginn dieses Jahres trafen nach UNO-Angaben bereits knapp 90.000 Menschen auf der Ägäis-Insel ein, ein Drittel davon Kinder.

Die griechische Regierung teilte am Samstag mit, innerhalb von 24 Stunden seien 125 weitere Flüchtlinge eingetroffen. Die Vereinigung SOS Mediterrannee gab bekannt, dass 116 Flüchtlinge von einem Schlauchboot im Mittelmeer gerettet wurden.

religion.ORF.at/APA

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