Papst beginnt Armenien-Reise: Gruß an Erdogan

Zu Beginn seiner Armenien-Reise hat Papst Franziskus dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan und der Türkei seine „besten Wünsche“ übermittelt. Der Papst ist am Freitag zu einer dreitägigen Reise nach Armenien aufgebrochen.

Er bete dafür, dass „der Höchste allen in der Nation seine auserlesensten Segnungen verleiht“, heißt es in einem Telegramm, das der Papst am Freitag während des Flugs von Rom nach Jerewan an Erdogan versenden ließ. Anlass war der Eintritt in den türkischen Luftraum. Es ist Brauch, dass der Papst vor dem Eintritt in den Luftraum eines Landes einen Gruß an das jeweilige Staatsoberhaupt sendet.

Am Freitag, 9.05 Uhr, startete er von Rom-Fiumicino an Bord einer gecharteten Passagiermaschine der Alitalia zum Flug nach Jerewan. Die Ankunft ist für 12.40 Uhr vorgesehen. Im Mittelpunkt der 14. Auslandsreise des argentinischen Papstes stehen das Gedenken an die Massaker an den Armeniern vor 100 Jahren, die Ökumene mit der armenisch-orthodoxen Kirche sowie die Begegnung mit der katholischen Minderheit des Landes. Franziskus will nach eigenem Bekunden zu Frieden und Versöhnung in der konfliktreichen Kaukasus-Region aufrufen.

Papst Franziskus auf dem Flughafen

Reuters/Remo Casilli

Papst Franziskus hat Freitag Früh seine dreitägige Armenien-Reise begonnen

Heikle Wortwahl

Zum Programm des dreitägigen Aufenthaltes zählen ein Gebet an der Gedenkstätte Zizernakaberd in der Hauptstadt Jerewan, die den Opfern der Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich gewidmet ist, und ein Besuch im Kloster Chor Virap mit Blick auf den Berg Ararat in der Türkei. Mit Spannung wird erwartet, ob das katholische Kirchenoberhaupt erneut den Begriff „Völkermord“ in Zusammenhang mit den Massakern an den Armeniern vor 100 Jahren verwenden wird.

Franziskus hatte im April 2015 die Massaker als „ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts“ verurteilt. Die Türkei, Nachfolgestaat des Osmanischen Reichs, lehnt den Begriff Genozid bis heute ab und hatte daraufhin ihren Botschafter aus dem Vatikan abberufen. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan drohte ihm damals mit den Worten „Der geehrte Papst wird diese Art von Fehler höchstwahrscheinlich nicht wieder begehen“. Er wolle ihn davor „warnen.“ Nach armenischen Angaben starben bei den Massakern zwischen 1915 und 1917 rund 1,5 Millionen Armenier.

Sprecher: Begriff „Völkermord“ nicht zwingend

In der nach Überlieferungen ältesten christlichen Nation der Welt hoffen die Menschen auf deutliche Worte des Papstes zum Völkermord an den Armeniern. Die Kirche der Südkaukasusrepublik erwartet aber nicht zwingend, dass das katholische Kirchenoberhaupt erneut das Wort „Völkermord“ verwendet. „Wir kennen die Haltung des Papstes“, sagte der Sprecher der Armenischen Apostolischen Kirche, Wagram Melikjan.

„Allein, dass Franziskus die Genozid-Gedenkstätte besuchen wird, ist lebendiger Ausdruck seiner Haltung“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur am historischen Kirchensitz in Etschmiadsin bei der Hauptstadt Jerewan. „Die armenische Kirche und die Nation erwarten den Papst voller Dankbarkeit“, betonte Melikjan. Bauarbeiter bereiteten vielerorts Bühnen für den Papst-Besuch vor.

Im Dezember 2014 hatte Franziskus die Öffnung der Grenze zur Türkei zu seinem „Herzensanliegen“ erklärt. Am Sonntag fährt er im Zuge seiner Reise bis knapp an die stacheldrahtgesicherte Grenze, nämlich in das am Fuß des Ararat gelegene Chor-Virap-Kloster. Dort wird der Papst beten und den bereits in der Türkei gelegenen schneebedeckten Ararat-Bergkegel bewundern. Es ist jener Fünftausender, auf dem die Arche Noah glücklich gestrandet sein soll, der aber auch das historische Symbol der armenischen Nation ist.

Papst: „Bote des Friedens“

Er komme als „Bote des Friedens“, um „alle Bemühungen auf dem Weg des Friedens zu unterstützen“ und „Schritte auf dem Pfad der Versöhnung zu begleiten“, sagte er in einer am Mittwoch verbreiteten Videobotschaft an die Armenier - mehr dazu in Papst ruft Armenier in TV-Botschaft zu Versöhnung auf. Der Besuch von Franziskus ist erst der zweite eines Papstes überhaupt in Armenien, das als ältestes christliches Land der Welt gilt.

Der Überlieferung nach sollen zwei Apostel die christliche Lehre im ersten Jahrhundert in das Siedlungsgebiet der Armenier gebracht haben. Daher rührt der Namenszusatz „apostolisch“ dieser altorientalischen Glaubensgemeinschaft. Oberhaupt der armenischen Kirche ist der Katholikos, derzeit Karekin II., der auf Lebenszeit gewählt wird. Das Amt entspricht dem des Patriarchen in den orthodoxen Kirchen.

Kirche mit großer Diaspora

Mehr als 90 Prozent der rund 3 Millionen armenischen Staatsbürger bekennen sich zu ihrer Nationalkirche. „Die armenische Kirche sieht sich als Garant der nationalen Identität“, erklärt Melikjan. Im postsowjetischen Armenien arbeiten Kirche und Staat eng zusammen.

Durch die große armenische Diaspora hat sich der Glaube in zahlreiche Länder verbreitet. Vor allem in Russland, Frankreich und den USA leben viele ethnische Armenier. Weltweit wird die Zahl der armenischen Kirchenanhänger auf rund neun Millionen geschätzt, die sich auf 37 Diözesen verteilen.

Papst Franziskus will am Freitag unter anderem Staatspräsident Serzh Sarksyan sowie dem Oberhaupt der altorientalischen Armenisch-Apostolischen Kirche, Katholikos-Patriarch Karekin II. einen Besuch abstatten. Am Samstag steht die Genozid-Gedenkstätte in der Hauptstadt Jerewan, eine Messe und ein Friedensgebet auf dem Plan, zu dem Zehntausende Menschen erwartet werden. Im September besucht er auch das mit Armenien verfeindete Aserbaidschan.

religion.ORF.at/AFP/dpa/APA/KAP

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