Priestermord: Christen und Muslime trauern gemeinsam

Katholiken und Muslime haben am Sonntag bei einem Trauergottesdienst im französischen Rouen des ermordeten Priesters Jacques Hamel gedacht. Auch in Italien gab es gemeinsames Gedenken.

Unter den rund 2.000 Teilnehmern in der Kathedrale von Rouen waren mehr als hundert Muslime. Der muslimische Kultusrat hatte die Muslime dazu aufgerufen, ihre Solidarität und ihr Mitgefühl mit den Christen zu zeigen. Der 85-jährige Geistliche Hamel war am Dienstag beim Überfall zweier Islamisten auf seine Kirche im normannischen Saint-Etienne-du-Rouvray brutal mit einem Messer ermordet worden. Die Angreifer wurden kurz darauf von der Polizei erschossen. Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) beanspruchte die Tat für sich.

Messe für den ermordeten Priester Jacques Hamel in Rouen, Frankreich

APA/AFP/Charly Triballeau

Messe für den ermordeten Priester Jacques Hamel in Rouen, Frankreich

Der Erzbischof von Rouen, Dominique Lebrun, dankte den Muslimen für ihre Teilnahme an dem Gottesdienst. Die Ermordung eines einfachen Priesters sei grauenhaft und gegen jede Gerechtigkeit. Aber, so Lebrun wörtlich: „Wie wir aus ihrem Mund gehört haben - und wir halten das für ehrlich -, ist das nicht der Islam.“ Am Schluss umarmte der Erzbischof die Repräsentanten der Muslime sowie die drei Ordensschwestern, die zum Zeitpunkt des Überfalls mit Hamel die Messe feierten.

Imam: Mehr Brüderlichkeit wichtig

Der Imam von Saint-Etienne-du-Rouvray, Mohammed Karabila, rief in der „Welt“ (Samstag-Ausgabe) zu mehr Solidarität zwischen den Religionsgruppen auf. Die Terroristen wollten die Gesellschaft spalten; wer sie besiegen wolle, könne darauf nur mit „noch mehr Brüderlichkeit“ antworten.

Der ermordete Priester Jacques Hamel sei „ein freundlicher Mann, bescheiden, sehr menschlich“ gewesen, würdigte ihn Karabila. Beide hätten in einem Komitee zusammengearbeitet, das nach dem Attentat auf die Redaktion des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ im Januar 2015 gegründet wurde. Gemeinsam habe man einer „Instrumentalisierung der Religion“ begegnen wollen, so dem Imam. „Dabei haben wir uns definitiv niemals vorgestellt, es könne einen Angriff auf eine Kirche geben, am wenigsten hier bei uns.“

Der Priestermord sei „eine barbarische Tat“. Seine Gemeinde habe mit den Tätern „nicht das Geringste zu tun“, betonte Karabila. „Die Terroristen sind keine Muslime, und man darf sie nicht mit uns verwechseln.“ Französische Medien berichteten am Wochenende, örtliche Imame hätten den beiden Attentätern sogar ein islamisches Begräbnis verweigern wollen.

Italien: 15.000 Muslime in Sonntagsmessen

Auch in Italien beteiligten sich über 15.000 Muslime an Solidaritätsbekundungen, bei denen landesweit katholische Bischofs-und Pfarrkirchen besucht wurden. Ziel der Aktion war es, persönlich das Beileid über die Bluttat in Frankreich auszusprechen, erklärte der Vorsitzende der „Gemeinde der Arabischen Welt in Italien“, Fuad Audi, laut der Zeitung „La Repubblica“ (Onlineausgabe).

Das sei zugleich ein „konkretes Zeichen tiefen Respekts vor der Heiligkeit christlicher Riten, Amtsträger und Kultorte“, hieß es bereits vorab. In Rom, Mailand, Genua, Palermo und einem Dutzend weiterer Städten wurden derartige Besuche organisiert - mehr dazu in I: Christen und Muslime beteten für ermordeten Priester.

Solidaritätsbesuche durch Muslime

Auch die eigenständig organisierte Union islamischer Gemeinden in Italien beteiligte sich. Deren Vorsitzender, Imam Izzedine Elzir aus Florenz, sagte laut dem bischöflichen italienischen Pressedienst SIR, man habe bereits im Lauf der Woche Solidaritätsbesuche bei katholischen Gemeinden absolviert und habe dies am Sonntag in Norditalien, der Toskana und Sizilien fortsetzen wollen. Auch in den Moscheen seien muslimische Gläubige aufgerufen worden, ihre „hart getroffenen christlichen Brüder und Schwestern zu unterstützen“, so Elzir.

Der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz Kardinal Angelo Bagnasco äußerte sich in einer Stellungnahme „sehr froh und sehr dankbar“ über die Geste. Eine solche Verurteilung der Gewalt „ohne Wenn und Aber“ sei von Muslimen in Italien bislang nicht immer so einhellig zu vernehmen gewesen, erklärte der Genueser Erzbischof vom Weltjugendtag in Krakau aus.

Bestattung am Dienstag

Der ermordete Priester Jacques Hamel wird am Dienstag in Rouen bestattet. Die Beerdigungsfeier findet nach Angaben des Erzbistums Rouen in der Kathedrale Notre-Dame statt. Anschließend werde Hamel im engsten Familienkreis beigesetzt, hieß es. Am Samstagabend fand in der Kirche Saint-Therese in Saint-Etienne-du-Rouvray eine Gebetswache für den ermordeten Priester statt. Die Kirche Saint-Etienne, in der es zu der Geiselnahme gekommen war, soll in wenigen Wochen wieder geöffnet werden.

religion.ORF.at/KAP

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