Olympia-Seelsorger: Vor Gott zählen alle gleich

„Vor Gott zählt ein Olympiasieger genau so viel wie der Letzte“, hat der österreichische Olympia-Seelsorger P. Johannes Paul Chavanne im Kathpress-Interview am Freitag betont.

Er zog dabei persönlich eine sehr positive Bilanz der Olympischen Spiele. Ihm sei von Sportlern, Betreuern und Funktionären sehr viel Sympathie, Offenheit und Herzlichkeit entgegengebracht worden. Viele hätten das Gespräch mit ihm gesucht. P. Chavanne feierte im Multi-Faith-Center im Olympischen Dorf täglich Gottesdienste mit hoher Beteiligung von Olympia-Teilnehmern aus aller Welt. Er habe viele Gespräche führen und sogar das Bußsakrament spenden können, so der Olympiapfarrer. Ein Höhepunkt sei auch die Firmung der beiden österreichischen Schwimmer Jördis Steinegger und Felix Auböck gewesen.

Freude über Bronze-Medaille

Neben den Gottesdiensten hat P. Chavanne regelmäßig die Unterkünfte der heimischen Sportler im Olympischen Dorf besucht und sich auch eine Reihe von Wettkämpfen angesehen. Auch im Österreich-Haus des Österreichischen Olympischen Komitees war der Geistliche, der stets in der offiziellen Olympia-Bekleidung der Österreicher inklusive Priesterkragen auftrat, mehrmals zu Gast.

Oft sei er auch scherzhalber darauf angesprochen worden, ob er nicht ein bisschen nachhelfen könne, damit Österreich endlich auch ein Medaille gewinnt, berichtete P. Chavanne. Aber es sei freilich nicht Aufgabe des Olympiapfarrers, die Position eines Landes im Medailienranking zu verbessern, so der Ordensmann schmunzelnd. Er versuche den Sportlern auch immer den Gedanken mitzugeben, „dass Gott jeden Menschen annimmt, ganz gleich, wie erfolgreich er ist“ Trotzdem habe er sich natürlich sehr über die Bronze-Medaille der Segler Tanja Frank und Thomas Zajac gefreut.

Fairness auch bei „Paralympics“ erwartet

Keine Freude hatte der Priester und Ordensmann mit dem teilweise sehr unsportlichen Verhalten der brasilianischen Zuschauer, die ausländische Sportler oftmals gnadenlos ausgepfiffen hatten. Ein solches „Fehlverhalten“ habe bei Olympischen Spielen nichts verloren. Das müsse man klar und deutlich aussprechen. Gerade bei den Spielen, die ja besonders auch eine völkerverbindenden Charakter haben, müsse ein fairer Wettkampf oberstes Gebot sein.

Pater Johannes Paul Chavanne ist in Rio zum zweiten Mal nach den Winterspielen 2014 der Olympia-Seelsorger des österreichischen Teams. Er wird nicht mit der österreichischen Olympia-Mannschaft nach Hause zurückkehren, sondern gleich in Rio bleiben, wo von 7. bis 18. September die Paralympischen Spiele für Körperbehinderte anstehen. Auch bei den „Paralympics“ ist der Ordensmann wieder als Seelsorger im Einsatz. In der Zeit zwischen den beiden Events will er verschiedene Kirchen-Projekte in Brasilien besuchen sowie Land und Leute kennenlernen.

Deutscher Seelsorger: Kritik an sozialer Situation

Verhaltener fällt indes die Bilanz des deutschen Olympia-Seelsorgers Rolf Faymonville aus. Trotz der guten Stimmung bleibe aus seiner Sicht eines klar: „Rio braucht etwas anderes und vor allem mehr als Olympia“, sagte der Diakon am Donnerstag im Interview der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Es sei Aufgabe der ganzen Welt, einen Beitrag zu einer positiven Entwicklung zu leisten. „Was die sozialen Fragen angeht, so konnte man hier - wie selten zuvor bei Olympia - die großen Kontraste zwischen Arm und Reich sehen“, so der Seelsorger. An einem Morgen habe man zum Beispiel eine Favela besucht, abends einen Botschafterempfang. „Dieser eklatante Kontrast hat viele Athleten sehr berührt.“

religion.ORF.at/KAP/KNA

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