Frauenbeauftragte: Kopftuch ist für Mündige

In der Debatte über das von Musliminnen getragene Kopftuch hat sich Carla Amina Baghajati, Frauenbeauftragte der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), zu Wort gemeldet. „Das islamische Kopftuch ist ein Thema für die religiös mündige Frau.“

Das schrieb Baghajati in einer Presseaussendung vom Donnerstag. Zuvor hatte ein Bericht der ZIB2 vom Mittwoch über das Kopftuch für kleinere Kinder im Volksschulalter für Aufmerksamkeit gesorgt - mehr dazu in Diskussion über Kopftuch für Kinder.

Carla Amina Baghajati

APA/Georg Hochmuth

IGGÖ-Frauenbeauftragte Carla Amina Baghajati

Das Erwachsenwerden werde von den beiden Faktoren körperlicher und geistiger Reife gleichermaßen bestimmt. „Somit ist von einem individuell sehr unterschiedlich verlaufenden Prozess zu sprechen, bei dem es auch auf die Selbsteinschätzung der jungen Menschen ankommt. Schließlich geht es um die Übernahme eigener Verantwortung und ein selbstbestimmtes Leben“, so Baghajati.

„Von bewusstem eigenen Willen nicht auszugehen“

Oft würden Kinder zu Hause an den religiösen Übungen der Eltern teilnehmen wollen: „Sie stellen sich beim Gebet dazu oder interessieren sich für das Koranlesen, gehen mit zum Freitagsgebet – oder setzen ein Kopftuch auf. Werden im Volksschulalter abgehaltene religiöse Übungen wie das Gebet oder Koranlesen eindeutig positiv beurteilt und darf dabei schon von einem ‚religiösen Verdienst‘ gesprochen werden, so ist dies im Falle des Kopftuchtragens anders“, so die Frauenbeauftragte.

„Vor allem wenn in einem so zarten Alter, dass von einem bewussten eigenen Willen das Kopftuch zu tragen nicht ausgegangen werden kann, damit begonnen wird, steht im Raum, dass hier andere Personen über den Kopf des Kindes hinweg eine Entscheidung getroffen haben.“ Das Argument: „Sie sollen sich gewöhnen“ wäre laut Baghajati sofort mit dem islamischen Prinzip zu entkräften, dass man die Religion nicht erschweren dürfe, sondern die Religion ganz im Gegenteil „eine Erleichterung“, also eine Hilfestellung im Alltag darstellen solle.

Von Religion her nicht vorgeschrieben

„Es wäre also nicht nachzuvollziehen, warum Mädchen zu etwas angehalten werden sollen, was für sie von der Religion her nicht vorgeschrieben ist.“ Aus entwicklungspädagogischer Perspektive wäre diesem noch vieles hinzuzufügen. Zu bedenken sei auch „ein gesellschaftliches Klima, in dem kopftuchtragende Frauen manchmal mit Misstrauen und mitunter sogar Diskriminierung konfrontiert sind. Kinder sollten nicht einer solchen Situation ausgeliefert werden, in der sie noch nicht selbstbewusst und eigenständig Position beziehen können“, so Baghajati.

Berücksichtigt werden solle auch, wie sehr die moderne Pädagogik zu Recht darauf baue, die Persönlichkeit des Kindes anzuerkennen und damit Ausdrücke eigener Entfaltung zu respektieren. „Falls nun ein Mädchen, vor allem wenn es bereits die dritte oder vierte Klasse erreicht hat, ein Kopftuch trägt, sich bei ihr aber bereits eindeutig eine starke eigene Persönlichkeit ausgeprägt hat, so stellt dies einen anderen als den zuvor geschilderten Fall dar.“

Gegen Zwang in dieser Frage

Zu bedenken sei schließlich, dass Kinder sich gerne spielerisch mit Bekleidung beschäftigen. Bei derartigen Selbstversuchen mit dem Kopftuch sollten keine Erwartungshaltungen aufgebaut werden. „So wie wir uns entschieden allgemein gegen Zwang in dieser Frage aussprechen, muss dies für jede Altersgruppe gelten – auch gegen sanften Druck“ wie die Frauenbeauftragte der IGGÖ schrieb.

In der Frage werde „mit sehr viel pädagogischem Feingefühl“ vorzugehen sein und „in Anerkennung jeweils sehr individueller Umstände“. Bisher sei es im Rahmen der Schulpartnerschaft und im Dialog gelungen, vereinzelt auftretenden Gesprächsbedarf aufzugreifen und Lösungen zu finden. „Dieser Weg des Dialogs erscheint uns als einzig zielführend. Als Islamische Glaubensgemeinschaft fördern wir daher auch den innermuslimischen Diskurs, um notwendige Reflexionsprozesse zu bestärken. Das Kindeswohl steht dabei im Mittelpunkt.“

religion.ORF.at

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