Entsetzen nach Anschlag gegen Kopten in Ägypten

Die Karwoche ist für Christen in Ägypten blutig eingeleitet worden. Bei Terroranschlägen auf zwei Kirchen der koptischen Christen wurden am Palmsonntag in Kairo Dutzende Menschen getötet.

Zuerst sprengte sich laut Augenzeugen in der Früh ein Selbstmordattentäter während des Palmsonntagsgottesdienstes in der vollbesetzten St. Georgs-Kirche in der Stadt Tanta nördlich von Kairo in die Luft. Mindestens 27 Menschen wurden dabei in der größten christlichen Kirche der Region im Nildelta getötet.

Wenige Stunden später explodierte eine weitere Bombe außerhalb der St.-Markus-Kathedrale in der Hafenstadt Alexandria, dem Sitz des koptisch-orthodoxen Papst-Patriarchen Tawadros II. Dabei kamen laut aktuellen Angaben 18 Menschen ums Leben. Insgesamt wurden laut ersten Behördeninformationen bei beiden Anschlägen auch mehr als 100 weitere Menschen verletzt.

Koptenpapst Tawadros II.

APA/AP/Amr Nabil

Koptenpapst Tawadros II. entging möglicherweise einem weiteren Anschlag

Mögliches weiteres Attentat verhindert

In Alexandria stoppten Polizisten laut ersten Berichten den Selbstmordattentäter vor dem Gebäude, woraufhin dieser sich in die Luft sprengte. In der Kirche hatte der Tawadros II. zusammen mit Hunderten Gläubigen den Palmsonntagsgottesdienst gefeiert. Unklar war vorerst, ob er sich zum Zeitpunkt des Anschlags noch in der Kirche aufhielt oder sie bereits verlassen hatte.

Die islamistische Terrormiliz IS reklamierte die beiden Anschläge für sich. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi berief den nationalen Sicherheitsrat ein, der über „Konsequenzen“ aus den Angriffen beraten solle, berichtete das staatliche ägyptische Fernsehen. „Der Terrorismus trifft Ägypten erneut, dieses Mal am Palmsonntag“, teilte der Sprecher des Außenministeriums, Ahmed Abu Seid mit. Es sei eine weitere widerwärtige Tat gegen alle Ägypter.

Papst Franziskus will trotzdem nach Ägypten reisen

Weltweit löste der Terror Trauer und Bestürzung aus. Papst Franziskus, der in knapp drei Wochen Kairo besuchen will, bekundete Tawadros II. und dem ganzen ägyptischen Volk seine Anteilnahme. Er sei den Angehörigen der Opfer nahe und bete für eine Umkehr jener, die Terror, Gewalt und Tod säten, sagte der Papst beim Angelus-Gebet auf dem Petersplatz.

Trotz Sorgen in hohen Vatikan-Kreisen um die Sicherheit des Papstes nach den Anschlägen in Ägypten will Franziskus auf den für 28. und 29. April geplanten Besuch in Kairo nicht verzichten. Die Vorbereitungen für den zweitägigen Besuch schreiten nach Plan voran, bestätigte der Vatikan-Pressesprecher Greg Burke nach Angaben italienischer Medien.

Der Großscheich der renommierten islamischen Al-Azhar-Universität, Ahmed al-Tayyeb, den Franziskus bei seinem Besuch ebenso treffen will, sprach nach dem ersten Anschlag von einem „verabscheuungswürdigen Terrorakt, der auf das Leben Unschuldiger zielte“. Er und Franziskus wollen bei ihrer Begegnung in Kairo dem interreligiösen Dialog zwischen Christen und Muslimen neue Impulse geben.

Österreich bestürzt

In Österreich verurteilten noch am Sonntag mehrere Spitzenpolitiker den Terror. „Wir trauern um die Opfer, unser Mitgefühl ist bei ihren Angehörigen“, teilte Bundespräsident Alexander Van der Bellen via Twitter mit. Bundeskanzler Christian Kern drückte seine Anteilnahme und Betroffenheit über den „feigen Anschlag“ aus. Der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Landessuperintendent Thomas Hennefeld, hat in einem Schreiben an den für Österreich zuständigen koptischen Bischof Gabriel sein Beileid zum Ausdruck gebracht. Ebenso wie der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker.

Vizekanzler Reinhold Mittlerlehner betonte ebenfalls über den Kurznachrichtendienst, er sei in Gedanken bei den Opfern und ihren Familien. „Müssen Terror bekämpfen und Christenverfolgung verhindern!“, schrieb Mittlerlehner weiter. Auch Außenminister Sebastian Kurz mahnte, man müsse alles tun, „um entschieden gegen Verfolgung von religiösen Minderheiten und vor allem auch gegen Christenverfolgung vorzugehen“.

Kopten: Christliche Minderheit

Es ist der zweite Anschlagstag gegen Ägyptens koptische Minderheit binnen sechs Monaten. Im Dezember wurden bei einer Explosion in der Peter-und-Paul-Kirche neben der koptischen Markus-Kathedrale in Kairo 29 Menschen getötet und 47 verletzt. In Ägypten stellen sunnitische Muslime die Bevölkerungsmehrheit. Der Anteil koptischer Christen, deren Ursprünge auf die frühesten Zeiten des Christentums zurückgehen, wird auf etwa zehn Prozent geschätzt.

In einem Kondolenzschreiben bringt der Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, Gottfried Locher, sein Mitgefühl mit den Opfern der Anschläge vom Palmsonntag zum Ausdruck.

50 Millionen Christen erklären Solidarität

Im Namen von 50 Millionen europäischen Christinnen und Christen versicherte Gottfried Locher, der Präsident der GEKE (Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa) dem koptischen Patriarchen von Alexandrien und Papst des Stuhls des heiligen Markus, Tawadros II., seine Verbundenheit im Gebet. Die Anschläge seien von Menschen verübt worden, die ihre eigene Religion missbrauchten und Gläubige töteten, um den Staat zu schwächen und Minderheiten zu vertreiben. Zwischen friedlich miteinander lebende Muslime und Christen solle ein Keil getrieben werden: „Lassen Sie dies nicht zu. Sicherheit und Frieden brauchen verlässliche Partner.“

religion.ORF.at/KAP

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