Vor 100 Jahren wurde Erzbischof Oscar Romero geboren

Oscar Romero (1917-1980), der „Bischof der Armen“ von El Salvador, wurde vor hundert Jahren geboren - seine Botschaft ist in Lateinamerika und darüber hinaus noch sehr lebendig. In seiner Heimat wird er schon seit langem wie ein Heiliger verehrt.

Zu Romeros 100. Geburtstag kommenden Dienstag hoffen seine Landsleute mehr denn je, dass Rom bald tatsächlich Grünes Licht für seine Heiligsprechung gibt, wie die katholische Nachrichtenagentur KNA am Donnerstag berichtete. Romero starb am 24. März 1980, erschossen am Altar auf Befehl der politisch Mächtigen. Seine Ermordung war ein Fanal im heraufziehenden Bürgerkrieg zwischen Sicherheitskräften, rechten Todesschwadronen und linken Guerillagruppen. Bis 1992 kamen rund 75.000 Menschen ums Leben.

Eine Frau hält ein Plakat mit einem Foto von Oscar Romero hoch

Reuters/Jose Cabezas

In El Salvador wird Romero wie ein Heiliger verehrt

Romero wusste um die Gefahr, denn er predigte noch unmittelbar vor seinem Tod: „Wer sich davor hütet, die Gefahren des Lebens auf sich zu nehmen, so wie es die Geschichte von uns verlangt, der wird sein Leben verlieren. Wer sich hingegen aus Liebe zu Christus in den Dienst der anderen stellt, der wird wie das Samenkorn, das stirbt, aber in Wirklichkeit lebt.“

Seligsprechung zog sich hin

Hunderttausende Pilger sowie Staatsspitzen aus ganz Lateinamerika kamen im Mai 2015 zu seiner Seligsprechung nach San Salvador. Doch warum hat sich der Prozess so lange hingezogen? Zehn Jahre gingen ins Land, bis er in San Salvador auf lokaler Ebene eröffnet wurde. 1997 kam er dann in Rom bei der zuständigen Heiligsprechungskongregation an. Doch erst nach 17 Jahren Wartezeit, in der Hunderte Zeugen gehört, zahlreiche Predigten Romeros rekonstruiert und Aktenberge gesichtet wurden, war es 2015 so weit.

Der österreichische Steyler Missionar Christian Tauchner arbeitete über zwei Jahrzehnte in Lateinamerika. Er sieht einen Grund für die Verzögerung in den parteipolitischen Nachwehen der damaligen Zeit. Andererseits sei in San Salvador der Prozess vom zweiten Nachfolger Romeros, Erzbischof Fernando Saenz Lacalle (84) vom Opus Dei, gebremst worden.

Zwei Kirchen, zwei Ausrichtungen

Durch ihn sei es zu der „absurden Situation“ gekommen, schildert Tauchner, dass in der Kathedrale „der Bischof eine trockene, formell richtige Liturgie feierte, ohne von Romero zu reden oder sich auf sein geistliches Erbe zu beziehen“; und in der Unterkirche der Kathedrale hätten die Basisgemeinden jeden Sonntag am Grab Romeros gefeiert: „in Wirklichkeit zwei Kirchen mit gegensätzlichen Ausrichtungen“, so Tauchner, der Direktor des Steyler Missionswissenschaftlichen Instituts in Sankt Augustin bei Bonn ist.

Derzeit allerdings weht der Wind in der Kirche franziskanisch-romerianisch. Der langjährige Weihbischof in San Salvador, Gregorio Rosa Chavez (74), der seit 1982 unter drei Erzbischöfen diente, macht viele Ähnlichkeiten zwischen Romero und Papst Franziskus aus. „Romero ist die Ikone des Hirten, wie Papst Franziskus sie im Sinn hat“, sagt er.

„Ikone“ für arme Kirche

„Die Ikone der Kirche, wie Franziskus sie sich vorstellt: eine arme Kirche für die Armen.“ Wie Papst Franziskus verkünde Romero das Evangelium zuerst durch sein Zeugnis, dann durch seinen Lebensstil „und erst an dritter Stelle durch sein Wort“.

Statue von Oscar Romero in San Salvador

APA/AFP/Yuri Cortez

Oscar-Romero-Statue in San Salvador

Franziskus wiederum schätzt den Romero-affinen Weihbischof so sehr, dass er ihn kürzlich in den Kardinalsstand erhob - auch das eine sehr ungewöhnliche Konstellation. Ein genauerer Blick auf die Vorgeschichte zeigt freilich, dass die Papst-Wahl von 2013 vermutlich nicht der allein entscheidende Punkt für das nun leuchtende Grüne Licht war. Schon Benedikt XVI. (2005-2013) hatte 2007 während seiner Brasilien-Reise erklärt, dass Romero aus seiner Sicht die Seligsprechung verdiene.

Motiv von Ermordung nicht sicher

Doch das von Fachleuten im Vatikan über viele Jahre immer wieder kolportierte Argument, man könne leider nicht sicher sagen, ob der Mörder und seine Hintermänner Romero aus „Hass gegen den Glauben“ oder doch eher wegen seiner politischen Parteinahmen gegen die Regierung töteten, war nicht leicht auszuräumen.

Die Zeit zur Neubesinnung auf das Erbe von Oscar Romero ist zu seinem 100. Geburtstag günstig, ohne dass die Wunden zwischen den einst verfeindeten Lagern wieder aufgerissen werden müssen. Die einstige Guerilla-Bewegung FMLN ist heute eine etablierte politische Partei, und die mutmaßlichen militärischen und politischen Hintermänner der Ermordung sind tot oder im hohen Greisenalter.

Heiligsprechung vielleicht 2018

Die Heiligsprechung des 1980 ermordeten salvadorianischen Erzbischofs ist vielleicht schon 2018 möglich. Das glaubt zumindest Kurienerzbischof Vincenzo Paglia, Postulator des Heiligsprechungsverfahrens. Wenn die auf Ortsebene in San Salvador abgeschlossene Überprüfung eines Heilungswunders auch im Vatikan reibungslos verlaufe, könne man für das kommende Jahr hoffen, betonte Paglia am Wochenende gegenüber „Radio Vatikan“.

„Ich glaube, wir sind an einem guten Punkt“, so Paglia. Das Heilungswunder betreffe eine schwangere Frau, die samt ihrem Kind nach Fürbitte an Romero auf medizinisch unerklärliche Weise gerettet worden sei.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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