Missbrauch: US-Justiz nimmt Kirche ins Visier

Die Strafverfolgungsbehörden der US-Bundesregierung haben erstmals eigene Ermittlungen zu Missbrauchsvorwürfen in der katholischen Kirche eingeleitet. Im Visier befinden sich laut US-Medienberichten dabei die Diözesen im Bundesstaat Pennsylvania.

Dort hatte ein lokales Geschworenengericht des Bundesstaates im August schockierende Details darüber veröffentlicht, wie sich die Kirche über sieben Jahrzehnte hinweg schützend vor mehr als 300 Kleriker gestellt hat, gegen die Missbrauchsvorwürfe erhoben wurden. Die betroffenen Diözesen, darunter etwa die Erzdiözese Philadelphia, bestätigten am Donnerstag (Ortszeit), von einem Bundesgeschworenengremium eine Vorladung erhalten zu haben und Dokumente vorlegen zu müssen.

Bisher hatten die US-Bundesstrafverfolgungsbehörden Untersuchungen zu Missbrauch in der Kirche weitgehend den lokalen Gerichtsbarkeiten überlassen. Das nun angeforderte Material sind Kirchenakten, die Beweise für strafbare Handlungen nach Bundesrecht enthalten könnten. Dazu gehören beispielsweise Missbrauchsfälle, zu denen es außerhalb von Pennsylvania gekommen sei oder der Austausch von Kinderpornografie.

„Atemberaubende Entwicklung“

„Das ist eine atemberaubende Entwicklung“, sagt der Fachanwalt für Missbrauch, Michael Dolce nach Angaben der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der Sprecher der Diözese Greensburg, Jerry Zufelt, wiederum sagte, man sei „nicht überrascht angesichts des fürchterlichen Fehlverhaltens“, das der Bericht des Geschworenengerichts festhalte. „Die Überlebenden, Gemeindemitglieder und die Öffentlichkeit wollen Beweise sehen, dass jede Diözese durchgreifende, entschlossene und wirkungsvolle Maßnahmen ergriffen hat, Kinder sicherer zu machen“, sagte Zufelt. Deshalb werde die Diözese voll kooperieren. Auch die anderen sieben Diözesen im Bundesstaat Pennsylvania zeigen sich kooperationswillig.

Ein Großteil der in dem Bericht Beschuldigten ist bereits verstorben. Da die Taten zudem oft viele Jahre zurückliegen, lassen sich nur noch wenige Einzelfälle rechtlich verfolgen. Im ersten Prozess gegen einen ehemaligen Priester aus Pennsylvania bekannte sich der Angeklagte in dieser Woche vor Gericht für schuldig, einen Buben mehrmals sexuell missbraucht zu haben. Der im Februar seines Priesteramts enthobene Mann muss sich auch für den versuchten Missbrauch an einem zweiten Minderjährigen verantworten. Dem Ex-Priester droht bei einer Verurteilung eine langjährige Haftstrafe.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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